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Regelmäßiger Kaffeekonsum schützt das Erbmaterial vor Strangbrüchen

Regelmäßiger Kaffeekonsum schützt das Erbmaterial vor Strangbrüchen

Kaffee und DNA- Integrität

Kaffee zählt zu den populärsten und am häufigsten konsumierten Getränken weltweit. In Deutschland werden jährlich mehr als 160?l Kaffee konsumiert [1]. Neben dem angenehmen Aroma und Geschmack des Kaffees spielt dabei auch die anregende Wirkung durch das im Kaffee enthaltene Koffein eine bedeutende Rolle. Kaffee ist eine komplexe Mischung aus über 1.000 verschiedenen Substanzen, von denen einige eine biologische Aktivität besitzen: Unter anderem wurden antioxidative, antikarzinogene und antimutagene Eigenschaften beobachtet. Kaffee enthält neben Kohlenhydraten, Lipiden, Proteinen und freien Aminosäuren sekundäre Pflanzenstoffe wie Alkaloide (vor allem Koffein und Trigonellin), Phenolcarbonsäuren (z.B. Chlorogensäuren), Röstprodukte sowie Diterpene (Cafestol, Kahweol), Vitamin B3 (Niacin) und Mineralstoffe [2].

Neuere epidemiologische Studien deuten auf ein gesundheitsförderndes Potenzial des Kaffees hin. So wird ein moderater Kaffeekonsum mit einem verminderten Risiko für chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Parkinson’sche Krankheit, kardiovaskuläre Erkrankungen oder bestimmte Krebsarten in Verbindung gebracht [3, 4]. Gerade die Entstehung von Krebs wird überwiegend mit der Einwirkung einer Vielzahl exogener Kanzerogene ­assoziiert, denen der Mensch in seinem natürlichen Umfeld ausgesetzt ist. Aber auch die im Körper entstehenden reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) und andere Stoffwechselprodukte können das Erbgut schädigen. Die Einwirkung dieser Faktoren führt zu Veränderung der Erbsubs­tanz (DNA) einer Zelle. Um Folgeschäden durch die Veränderung der DNA zu reduzieren, besitzen Zellen bestimmte Schutzmechanismen, z.B. zahlreiche Reparatursysteme für DNA-Schädigung [5]. Kommt es zur Überlastung dieser Systeme, steigt das Risiko an Mutationen und damit letztlich an maligner Zelltransformation. Einige Krankheiten (Krebs, chronische Entzündungsprozesse, möglicherweise auch neurodegenerative Erkrankungen) sind mit DNA-Schädigung und fehlerhafter DNA-Reparatur assoziiert. Die Integrität der DNA hat somit große Bedeutung für die menschliche Gesundheit. Verschiedene experimentelle Untersuchungen haben gezeigt, dass die Aufnahme von protektiv wirksamen Substanzen aus Kaffeegetränken hierzu beitragen kann [6].

Untersuchung der DNA-Strangbrüche

Eine DNA-protektive Wirkung durch Kaffeekonsum ist seit einigen Jahren bekannt. Schon vor Jahren wurde berichtet, dass Kaffeekonsum mit verringerter DNA-Schädigung korreliert, wobei die Strangbruchrate der DNA in peripheren weißen Blutkörperchen mittels Comet-Assay bestimmt wurde [7, 8]. Durch Behandlung der DNA mit läsionspezifischen Reparaturenzymen wie Formamidopyrimidin-DNA-Glykosylase (FPG) und Endonuklease III kann bei dieser Methode zwischen DNA-Brüchen als Folge oxidativer Schädigung und anderen, z. B. durch aktivierte Kanzerogene oder durch Wasserstoffperoxid induzierte Schäden, differenziert werden. Beide Typen an DNA-Schäden wurden durch Kaffeekonsum (600 bzw. 1000?ml/Tag über jeweils 5 Tage) reduziert [7, 8]. Zwei weitere Studien zeigten ähnliche Ergebnisse [9, 10]. Unsere Gruppe hat die Methode des Comet Assays so optimiert, dass es möglich ist, sowohl die Basisschädigung als auch induzierte (z.B. durch Oxidation) DNA Strangbrüche direkt im Vollblut (ohne vorherige Isolierung der Lymphozyten) zu erfassen. Basis- oder Hintergrund-DNA-Strangbrüche können z.B. als Folge unvollständiger oder nicht reparierter DNA-­Läsionen auftreten, die durch exogene (z.B. aus Nahrung und Umwelt stammende) oder endogene (z.B. aus dem physiologischen Stoffwechsel gebildete) genotoxische Agentien entstehen können. Ergebnisse aus Interventionsstudien ergaben, dass ein vierwöchiger Kaffeekonsum sowohl die gesamten als auch die Basis- oder Hintergrund-DNA-Schäden reduzierte [11, 12, 13]. In der ersten Studie (insg. 12 Wochen) war nach vierwöchigem Kaffeekonsum (750ml/Tag) bei den 33 männlichen Probanden eine deutliche Abnahme sowohl der gesamten als auch Basis-DNA-Strangbrüche in peripheren weißen Blutzellen zu beobachten [11]. In einer zweiten, 20-wöchigen Folgestudie mit 84 männlichen und weiblichen Probanden wurden nach dem Konsum von zwei unterschiedlichen Kaffee­getränken (jeweils 750ml/Tag) ebenfalls sowohl gesamte als auch Basis-DNA-Strangbrüche ­signifikant reduziert [12]. Abschließend wurde eine weitere randomisierte und kontrollierte Studie mit 84 gesunden männlichen Probanden (Alter: 19–50, Body Mass Index, BMI: 19–32) durchgeführt [13]. Nach vierwöchiger Kaffeekarenz („Wash-out-Phase“) wurden von einer Gruppe von 42 Probanden über einen Zeitraum von vier Wochen dreimal täglich 250ml (insg. 750ml Kaffeegetränk) eines antioxidantienreichen Studienkaffees (Kaffeegruppe) getrunken. Eine Parallelgruppe (n=42) erhielt nach einer ebenfalls vier Wochen dauernden Wash-out-Phase statt Kaffee dreimal täglich 250?ml Wasser (Kontrollgruppe). Am Ende jeder Phase wurden Blutentnahmen zur Bestimmung der spontanen DNA-Strangbrüche in peripheren weißen Blutzellen (Comet Assay, Abb.1) durchgeführt. In der Kontrollgruppe wurde ein ­Anstieg der Basis-DNA-Strangbrüche nach vier­wöchigem Wasserkonsum beobachtet. Im Gegensatz dazu zeigte vierwöchiger Kaffee­konsum in der Kaffeegruppe eine Abnahme der Strangbrüche um nahezu ein Drittel des Wertes der Kontrollgruppe (Abb.2).


Abb.1 Detektion der DNA-Strangbrüche mittels Comet Assay


Abb.1 Basis-DNA-Strangbrüche in peripheren weißen Blutzellen der 84 Probanden (Kontrollgruppe n=42, Kaffeegruppe n=42). Ergebnisse sind dargestellt als Tail-Intensity in Prozent (TI-%) und zeigen Mittelwerte und Standardabweichung.

Inhaltsstoffe im Kaffee aktivieren protektive Enzyme

Die nach Kaffeekonsum beobachtete Reduktion der DNA-Strangbrüche wird in erster Linie mit der erhöhten Aufnahme von Kaffeeinhaltstoffen mit chemopräventiven Eigenschaften begründet. Diskutiert werden neben Chlorogensäuren (quantitativ dominierende phenolische Verbindungen im Kaffee) und Röstprodukten (Mela­noidinen), die ebenfalls ausgeprägte antioxidative Wirkungen in vitro und in vivo besitzen, auch Inhaltsstoffe wie Trigonellin und sein ­Röstprodukt N-Methylpyridinium (NMP). Diese Stoffe können direkt protektiv (antioxidativ) wirken oder können indirekt über den Transkriptionsfaktor Nrf2 eine gesteigerte zelluläre Abwehr durch Aktivierung der Expression des sog. Antioxidant-Responsive-Elements (ARE) in der DNA auslösen. Dies führt zu vermehrter ­Bildung ARE-abhängiger Enzyme wie z.B. Katalase, Glutathionperoxidase, Superoxiddismutase, Glutathion-S-Transferase, NAD(P)H Chinon-Oxidoreduktase 1, ?-Glutamylcysteinligase, sowie erhöhter Bereitstellung von zellulären Antioxidantien (z.B. Glutathion) [14, 11]. Einen Einfluss auf die Zellproliferation, Inflammation und Apoptose konnte ebenfalls nachgewiesen werden [4].

Zusammenfassung

Die Gesamtergebnisse der Studien zeigen, dass regelmäßiger moderater Kaffeekonsum mit ­einer Verminderung von DNA-Schäden kor­reliert. Dies steht im Einklang mit experimentellen und epidemiologischen Beobachtungen, in denen Kaffeekonsum mit gesundheitsfördernden Eigenschaften assoziiert ist. Auf Grund der ­komplexen Matrix und Vielzahl der Inhaltsstoffe des Kaffees und seiner Wechselwirkungen im menschlichen Körper ist es im Einzelnen schwer zu erfassen, welche Inhaltstoffe dabei für die beobachteten Wirkungen maßgeblich verantwortlich sind.

Literatur
[1] Deutscher Kaffeeverband e.V., 2014
[2] Richling, E. & Habermeyer, M. (2014) Chemie in unserer Zeit, 48, 12–20
[3] Floegel et al. (2012) Am. J. Clin. Nutr., 95, 901–8
[4] Bøhn et al. (2014) Mol. Nutr. Food Res., 58, 915–930
[5] Schärer, O. D. (2003) Angew. Chem. Int. Ed., 42,
2946–2974
[6] Tunnicliffe, J. M. & Shearer, J. (2008) Appl. Physiol. Nutr. Metab., 33, 1290–1300
[7] Steinkellner et al. (2005) Mutat. Res., 591, 264–75
[8] Bichler et al. (2007) Food Chem. Toxicol., 45, 1428–1436
[9] Misik et al. (2011) Mutat. Res., 692, 42–48
[10] Hoelzl et al. (2010) Mol. Nutr. Food Res., 54, 1722–1733
[11] Bakuradze et al. (2011) Mol. Nutr. Food Res., 55,
793–797
[12] Bakuradze et al. (2014) Food Res. Int., 63, 420–427
[13] Bakuradze et al. (2015) Eur. J. Nutr., 54,149–156
[14] Volz et al. (2012) J. Agric. Food Chem., 60, 9631–9641

Foto: © PantherMedia| leonello calvetti, Henrik5000

L&M 6 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2015.
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