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Lebensmittelsicherheit als globale Herausforderung

Was bedeutet ­Authentizität?

Die Authentizität, d.h. die Echtheit oder Originalität von Lebensmitteln, ist
von maßgeblicher Bedeutung für die komplexe und globale Beschaffungskette der lebensmittelverarbeitenden und -herstellenden Industrie sowie für
die Verbrauchersicherheit.

Lebensmittelverfälschungen, im englischen Sprach­­gebrauch als Food Fraud oder Food ­Fakery bezeichnet, waren schon vor mehr als hundert ­Jahren ein Thema. So wurde damals ­bei­spiels­weise Mehl mit Gips oder anderen, ­teilweise sogar gesundheitsschädlichen Pulvern vermischt, Honig mit Stärkesirup und Butter mit Kunstbutter (Margarine) versetzt. Auch in der heu­tigen Zeit sind profitgetriebene Verfäl­schungen aktueller denn je, wie der Melamin­skandal, der kürzlich publik ­gewordene „Pferdefleisch­skandal“ oder die Ver­arbeitung von nicht mehr zum Verzehr zugelassenem Fleisch („Gammelfleisch“) schmerzlich gezeigt haben. In den genannten Fällen handelt es sich in jedem Fall um Betrug, vielfach wird eine Gesundheitsgefährdung billigend in Kauf genommen. Die in diesem Zusammen­hang gemachten Erfahrungen zeigen, dass die Verbraucher hochsensibel auf Lebensmittelskandale reagieren und ggf. ein Produkt oder eine Produktgruppe im Extremfall völlig meiden und dadurch nicht nur die betroffenen Unternehmen, sondern ganze Branchen in ihrer Existenz bedroht werden können. Für Unternehmen der Ernährungsindustrie ist der Schutz vor unbeabsichtigter ­Verwicklung in Lebensmittelskandale eine essenzielle Voraussetzung, um Leistungs- und Wett­bewerbsfähigkeit zu erhalten.

Zum Schutz des Verbrauchers schreibt der europäische Gesetzgeber vor, dass die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und Rohstoffen über alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen sichergestellt werden muss. Häufig basiert diese Qualitätskontrolle auf der Basis von Frachtpapieren, doch die angeführten Skandale verdeutlichen, dass diese alleine keine Garantie für die Echtheit des Inhalts gewähren können, denn durch absichtliche Um- bzw. Falschetikettierung von Billig- zu Premiumprodukten können diese gut gemeinten Anstrengungen zur Rückverfolgbarkeit leicht unterlaufen werden. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Rohstoffe aus Anbauländern außerhalb der Europäischen Union eingekauft werden müssen oder aufgrund ökonomischer Überlegungen nicht aus dem euro­päischen Wirtschaftsraum bezogen werden. Zu den weltweit am häufigsten gefälschten Rohstoffen zählen Olivenöl, Fisch, Bio-Lebensmittel oder auch Rohstoffe wie Gewürze, Tee, Kakao, Kaffee oder Nüsse. Der weltweite Umsatz mit ge- oder verfälschten Rohstoffen und Lebensmitteln liegt im zweistelligen Milliardenbereich. Diese Zahl unterstreicht, dass der bisher verfolgte Ansatz in der Qualitätskontrolle nicht ausreichend ist. Zudem werden importierte Rohstoffe teilweise unter nicht EU-konformen Produktionsbedingungen hergestellt und unterliegen daher in bestimmten Fällen besonderen Einfuhrvorschriften nach Europa. Eine Möglichkeit, diese Vorschriften zu umgehen, besteht in der Umetikettierung des Herkunftslands.

Folglich sind im Vergleich zu früher die Heraus­forderungen heutzutage weitaus diffiziler und bestehen aufgrund der globalen Stoffkreisläufe u.?a. in der Bestimmung der Art des Rohstoffes (z.B. Sorte), im Nachweis der exakten geografischen Herkunft (z.B. zur Verifizierung regional geschützter Lebensmittel) sowie in der Unterscheidung spezieller Produktionsweisen (bio­dynamisch und nachhaltig vs. konventionellen Anbau).

Um in diesen Fällen der Lebensmittelindus­trie Sicherheit zu geben, bedarf es verlässlicher analytischer Strategien und Lösungen, die eine eindeutige Charakterisierung von Rohstoffen ermöglichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch der „moderne Fälscher“ in vielen Fällen wissenschaftlich gebildet und in der Lage ist, die Methoden der unternehmerischen Qualitätskontrolle oder auch der amtlichen Überwachung zu verstehen. Dementsprechend können Produktfälschungen so angepasst und verfeinert werden, dass eine Überführung immer schwieriger wird.

Generell kann die Echtheit oder Originalität von Rohstoffen anhand einer ausreichenden Anzahl valider und stabiler Biomarker, besonders im Hinblick auf Wechselwirkungen mit der Umgebung, bestimmt werden.

Drei elementare Grundvoraussetzungen lassen sich hierfür zusammen­fassen:

// Jedes Individuum (Mikroorganismus, Tier, Pflanze), also jeder ­Rohstoff, ist anhand seiner endogenen Ausstattung beschreibbar. ­Endogene Vorgänge werden auf der Grundlage der DNA (Genom) codiert und in Proteine umgeschrieben (Proteom), die wiederum an der Bildung und am Abbau von Stoffwechselprodukten ­(Metabolom) beteiligt sind.

// Die genannten Expressionsebenen einschließlich des Isotopen­musters und des Nachweises von seltenen Erden, die charakteristisch für bestimmte geografische Lagen sind, können durch exogene ­natürliche (Sonneneinstrahlung, Zusammensetzung des Bodens etc.) oder anthropogene Faktoren (Pflanzenschutzmittel, Düngung etc.) auf unterschiedlichen Zeitskalen beeinflusst werden. Der Grad der exogenen Beeinflussung eines Rohstoffes hängt dabei von der Umgebung und von der Exposition ab, d.h. der Dauer der Einwirkung.

// Das Profil, bestehend aus unterschiedlichen Elementen, Isotopen und Molekülen, das vergleichbar mit der Einzigartigkeit eines menschlichen Fingerabdrucks ist, definiert eindeutig sowohl die Art des Rohstoffes und seinen Ursprung/Herkunft (Sorte, Provenienz, Umwelt, Klima, Bodenbeschaffenheit) als auch die Art des Anbaus (biologisch/konventionell).

Die erforderlichen Einzeltechnologien (Genomics, Proteomics, Metabo­lomics, Isotopolomics) werden in der Lebensmittelanalytik bereits eingesetzt, allerdings sind die Ergebnisse oftmals nur wenig eindeutig und teilweise schwer interpretierbar. Nur durch die gemeinsame Anwendung sowie die anschließende Korrelation der unterschiedlichen Blickwinkel wird ein systemweiter Überblick eines biologischen Systems und dessen Reaktionen auf innere und äußere Einflüsse erhalten, welche zur Bestimmung der Authentizität von Lebensmitteln und Rohstoffen verwendet werden können.

Zur Differenzierung unterschiedlicher Probenpopulationen bietet es sich zunächst an, ein Non-Target-Screening für die einzelnen Komponentengruppen durchzuführen. Dieser hypothesenfreie Ansatz ermöglicht die Identifizierung von Markersubstanzen, indem die erhaltenen, vergleichsweise großen Datenmengen mittels multivariater Datenanalyse auf die Analyten mit der größten Varianz reduziert werden, die zur Unterscheidung der Probenpopulation beitragen. Durch die Anwendung von ultra-hochauflösenden apparativen Methoden wird dabei die Qualität der ­Daten maximiert und damit die Wahrscheinlichkeit gesteigert, Divergenzen zwischen einzelnen Probenpopulationen herauszuarbeiten. Die auf diese Weise identifizierten Biomarker können dann durch Targeted-Analysen absolut quantitativ bestimmt werden.

Bild: © panthermedia.net / angelsimon

L&M 6 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2014.
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