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Nanopartikel in Lebensmitteln

Nanopartikel in Lebensmitteln

Nanomaterialien

In den vergangen Jahren sind immer mehr Verordnungen in Kraft getreten, ­die speziell den Umgang mit Nanomaterialien (NM) regulieren (Abb.1).Beispiels­weise ist es nach der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) nötig, Lebensmittelzutaten, die in Form von „technisch hergestellten Nano­materialien“ vorhanden sind, im Zutatenverzeichnis eindeutig aufzuführen.Um korrekte Kennzeichnungen durchzuführen bzw. diese zu überprüfen und zu beurteilen, braucht es eine klare Definition und valide analytische Methoden.

Als grundlegende Orientierung dient die breit gefasste Definition für ein NM aus der Empfehlung 2011/696/EU. Die Empfehlung 2011/696/EU bzw. die Begriffsbestimmungen in speziellen Verordnungen enthalten messbare Aspekte. Als ein Kriterium wird die Größe der Partikel bzw. die Partikelgrößenverteilung aufgeführt. Ein Material gilt als NM, wenn 50?% der Partikel in der Anzahlgrößenverteilung im Bereich von 1?–?100?nm liegen.

Es gibt noch eine Reihe von Herausforderungen bei der Analytik und Beurteilung von NM, die u.a. aus den messbaren Aspekten der Definition resultieren. Die verschiedenen Messtechniken, die potenziell geeignet sind, Größen­bestimmungen im Bereich von 1?–?100?nm durchzuführen, sind bekannt, zeigen jedoch je nach Fragestellung Stärken und Schwächen und müssen weiterentwickelt bzw. dem Zweck ­angepasst werden. Die Ergebnisse müssen es ermöglichen, die folgenden Fragen zu beantworten:

I Ist ein Material ein NM?

II Enthält ein Produkt ein NM?

Qualitativ: Welche Nanopartikel sind in der Probe? Hier ist eine eventuelle ­Unterscheidung gegenüber natürlichen ­Partikeln nötig und die Zusammensetzung des Materials soll untersucht werden.

Quantitativ: Wie viele Partikel sind in der Probe? Erforderlich sind eine Einteilung in Größenfraktionen und eine Unterscheidung von Primärpartikeln sowie Agglomeraten und Aggregaten.

Anforderungen an die Methoden für die Analytik von Nanomaterialien

Eine potenzielle Fehlerquelle liegt bereits in der Probennahme. Derzeit ist kaum Literatur vorhanden, die sich gezielt mit der Probennahme von NM beschäftigt und prüft, ob die üblichen Verfahren zu repräsentativen Laborproben führen. Zusätzlich gibt es wenig Wissen über das Verhalten der NM z.B. in industriellen Batches oder in komplexen Matrices wie Lebensmitteln.

Im Labor ist es in der Regel notwendig, die Methoden für das jeweilige Material anzu­passen; z.B. zeigen Materialien verschiedener Hersteller durch Zusätze oder modifizierte Ober­flächen deutlich unterschiedliches Verhalten bei gleicher Deklaration nach dem „Basis“-Partikel. Dies führt dazu, dass probenindividuelle ­Lösungen im Labor nötig sind und in einem ­hohen Arbeitsaufwand pro Probe resultieren. Erschwerend kommt hinzu, dass z.B. Lebensmittel viele natürliche Strukturen im Nano­maßstab (globuläre Proteine, Kohlenhydrate) enthalten, die vor der Messung (insbesondere bei unspezifischer Detektion) abgetrennt werden müssen. Daraus ergeben sich zusätzliche Anforderungen an die Aufarbeitung. Wichtig ist es z.B., die Partikelverteilung nicht zu verändern. Ist es gelungen, die Materialien aus der Matrix zu extrahieren, ist es für Methoden wie die ­dynamische Lichtstreuung (DLS) oder Feldflussfraktionierung (FFF) notwendig, zur Messung Dispersionen herzustellen. Diese müssen zumindest für die Zeit der Messung stabil sein. Mit zu bedenken ist, dass zugesetzte Stabilisatoren oder Ultraschallbehandlungen die Ergebnisse stark beeinflussen können.

Normungen und allgemein definierte und ­akzeptierte Leistungsanforderungen sind in diesem Bereich noch nicht etabliert. Weiterhin besteht ein Mangel an Standard- und Referenzmaterialien, die mehrere Größenbereiche betrachten, was In-Haus-Validierungen erschwert. Für die Bestimmung von Silbernanopartikeln in Fleisch ist derzeit eine validierte Methode publiziert [1]. Grundsätzlich müssen die Ergebnisse für drei Parameter mit Bezug auf die jeweilige Matrix und das NM valide sein: Identifizierung des Materials, Größe und Größenverteilung [2]. Für weitere Informationen zu den Anforderungen sei auf die publizierten Reports des Joint Research Centers verwiesen [3, 4].

Routineanalysen, wie man sie von etablierten Verfahren gewohnt ist, sind aufgrund der beschriebenen Herausforderungen noch nicht möglich. Wie oben erwähnt müssen die Methoden an die jeweiligen Fragestellungen (Matrix und Analyt) angepasst werden. Auch die Interpretation der Ergebnisse für eine Beurteilung ist schwierig.

Die Single-Particle-ICP-MS (SP-ICPMS) ist ­eine schnell durchzuführende Methode und besitzt daher das Potenzial für den Routine­einsatz. Bei der SP-ICPMS wird abweichend zur üblichen ICP-MS-Messung zeitaufgelöst mit sehr kurzen Dwell-Zeiten gemessen. Bei einer ­passenden Verdünnung der Probe können so einzelne ­Signal-Events detektiert werden, die einzelnen Nanopartikeln entsprechen. Unter der Annahme eines Kugelmodels und bei bekannter Dichte der Partikel können anzahlbasierte Verteilungen ­berechnet werden. Die Vorteile der Methode ­bestehen darin, dass sie sehr spezifisch und ­matrixtolerant ist sowie innerhalb kurzer Messzeit (ca. 1?min.) viele Partikel zählen kann. Als „zählende Methode“ sind keine Konvertierungen für eine Beurteilung der Anzahlgrößenverteilung im Sinne der Definition nötig. Durch Interferenzen gibt es allerdings messtechnische Einschränkungen im Größenmessbereich. Als Screeningverfahren, um anschließend ggf. aufwendigere Methoden (Beispiele im Folgenden) einzusetzen, ist die SP-ICP-MS bestens geeignet. Zur Bestätigung von Ergebnissen und vollständigen Charakterisierungen der NM sind die elektronenmikroskopischen Methoden wie die Transmissionselektronenmikroskopie zu nennen. Bei diesen bildgebenden Verfahren ist es möglich, auch Nanoobjekte wie Agglomerate zu erkennen und diese von Primärpartikeln zu unterscheiden. Die Tauglichkeit für Routine­analysen wird z.B. durch automatische Bildanalysen und günstigere Geräte vorangetrieben.


Abb.1 Die Empfehlung 2011/696/EU und ihre Modifizierung für spezifische Verordnungen

Die asymmetrische Feldflussfraktionierung (auch A4F) trennt die Partikel in einem parabolischem Fluss in einem Trennkanal nach ihrer Größe auf. Zur Erzeugung einer Trennkraft dient ein an den Kanal angelegter Querfluss. Hierdurch entsteht ein senkrechtes Kraftfeld, dem die ­Diffusion der Partikel entgegenwirkt. Kleinere Partikel gelangen so eher in Kanal­bereiche mit schnelleren Strömungsprofilen und werden zuerst detektiert. Durch die zerstörungsfreie Trennung können bei der Verwendung verschiedener Onlinedetektoren wichtige Charakterisierungsparameter aufgenommen werden. Die Größenverteilung kann durch ­geeignete Größenkalibrierung über die Elutions­zeit oder mittels Lichtstreudetektoren (MALS oder DLS) bestimmt werden. Massenspektroskopische Detektoren (ICP-MS) geben weitere Informationen über die Zusammensetzung ­anorganischer NM und bringen Sensitivität ­sowie Spezifität. Auch quantitative Bestimmungen sind möglich. Der beschriebene Multidetektorenaufbau ermöglicht also eine Identifizierung der Partikel sowie die Ermittlung der Partikelgrößen bzw. Partikelgrößenverteilung. Bei den Beurteilungen der Ergebnisse ist jedoch zu beachten, dass massen- oder intensitäten­basierte Größenverteilungen erhalten werden. Die Umrechnung auf Anzahlverteilungen ist aktuell noch fehlerbehaftet.

Literatur
[1] Peters, R. et al. (2014) Anal. Bioanal. Chem. 406, 3875?–?3885
[2] Linsinger, T. et al. (2013) Food Chemistry 138, 1959–1966
[3] Linsinger, T. P. J. et al. (2012) Luxembourg: Publications Office
[4] Rauscher, H. et al. (2014) Luxembourg: Publications Offic

Foto: © istockphoto.com| FomaA, voyager624

L&M 6 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2015.
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