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L&M-8-2012 > Instrumentelle und wirkungsbezogene Analytik beim oxidativen Abbau von Spurenstoffen

Instrumentelle und wirkungsbezogene Analytik beim oxidativen Abbau von Spurenstoffen

Das Vorkommen von Spurenstoffen, Metaboliten und Transformationsprodukten im Wasserkreislauf stellt an die instrumentelle Analytik immer höhere Anforderungen im Hinblick auf Auflösung und Nachweisstärke. Die wirkungsbezogene Analytik spielt in der Wasseranalytik bisher noch eine untergeordnete Rolle. Zur Bewertung von unbekannten Proben oder Inhaltsstoffen ist diese eine ideale Ergänzung zur instrumentellen Bestimmung. Der Nachweis von östrogen aktiven Wirkstoffen ist mit der Bioanalytik sogar wesentlich empfindlicher als mit der massenspektrometrischen Detektion.

Steigende Konzentrationen von Spurenschadstoffen in Kläranlagenabläufen stellen immer höhere Anforderungen an die Abwasserreinigung. Konventionelle Kläranlagen nach dem Stand der Technik entfernen diese Stoffe nur in geringem Umfang bzw. gar nicht aus dem Abwasser. Durch den Einsatz erweiterter Oxidationsverfahren (Ozonung, UV-Oxidation etc.) kann eine Elimination dieser Stoffe erreicht werden. Die Entfernung von hormonell aktiven Substanzen, Arzneimittelwirkstoffen, Inhaltsstoffen aus Haushalts- oder Kosmetikprodukten sowie von Industriechemikalien aus dem Abwasser geht einher mit der Reduzierung des chemischen Sauerstoffbedarfes (CSB) und der gelösten organischen Kohlenstoffverbindungen (DOC). Wichtige Fragen zur Entstehung toxikologisch relevanter Transformationsprodukte (TP) sind jedoch bis heute nicht geklärt. Zur Bewertung von Oxidationsprodukten sind kostengünstige und sensitive Detektionsmethoden essenziell. Trotz der Verfügbarkeit immer leistungsstärkerer GC-MS- und LC-MS-Geräte ist die instrumentelle Analytik derzeit noch nicht in der Lage, die von der Europäischen Union vorgeschlagene Umweltqualitätsnorm von 0,035 ng/l für das synthetische Hormon 17-?-Ethinylestradiol [1] zu quantifizieren. Nach Anreicherung ist mit In-Vitro-Assays die Messung der östrogenen Akti vität als Summenparameter möglich. Als Bezugspunkt wird hier eine 17-BETA-Estradiol-Equivalentkonzentration (EEQ) gewählt. Eine Aussage über einzelne Substanzen kann die biologische Analytik allerdings nicht treffen. Vor diesem Hintergrund ergänzen sich die instrumentelle und wirkungsbezogene Analytik als komplementäre Methoden ideal.

Bestimmung von endokrinen Effekten

In Abbildung 1 ist das Prinzip des auf der transgenen Hefe Arxula adeninivorans basierenden In-Vitro-Assays A-YES®_aqua 1.0 (new_diagnostics GmbH, Freising) dargestellt. Die summarische Bestimmung der östrogenen Aktivität basiert auf der Bindung von östrogen wirksamen Substanzen an dem entsprechenden humanen Rezeptor, der in das Genom der Hefezellen integriert wurde. Die Bindung östrogenwirksamer Substanzen an den Rezeptor induziert die Expression des Reporterenzyms Phytase, welches in das Medium abgegeben wird (Abb. 1a). Die Phytase wird dann durch eine Enzym-Substrat-Reaktion fotometrisch nachgewiesen (Abb. 1b +1c). Hier konnte gezeigt werden, dass das für Mineralwässer validierte Testsystem auch für die Untersuchung von Kläranlagenabläufen geeignet ist. Die erreichten Nachweisgrenzen lagen ohne Aufkonzentrierung zwischen 13 und 19 ng/l EEQ. Nach Anreicherung an einer Oasis HLB Festphase (Waters, Eschborn) konnte eine Bestimmungsgrenze von 0,02 ng/l erreicht werden [2]. Damit ist die Methode geeignet, um Einhaltung oder Überschreitungen der vorgeschlagenen Umweltqualitätsnorm in Kläranlagenabläufen und Oberflächengewässern zu bestimmen.

Online-SPE-LC-MS/MSBestimmung von Fluorquinolonen

Im Rahmen der hier vorgestellten Projekte wurden Untersuchungen zur chemischen und toxikologischen Bewertung oxidativer Abwasserbehandlungsverfahren durchgeführt. Neben östrogenen Effekten sind im Hinblick auf die Trinkwasseraufbereitung vor allem Zytotoxizität, Genotoxizität und mutagene Eigenschaften von unbekannten Substanzen im Wasserkreislauf besonders besorgniserregend.
Als Beispiel beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen nur auf die Fluorquinolone Ciprofloxacin und Ofloxacin, die in Kläranlagenabläufen in Konzentrationen zwischen 30 und 200 ng/l vorkommen. Die Untersuchungen zur Toxizität von Fluorquinolonen vor und nach der oxidativen Behandlung sind von großem Interesse, da zuvor bereits toxische Effekte für Ciprofloxacin nachgewiesen werden konnten [3, 4]. Zur schnellen und sensitiven Analytik von Ciprofloxacin und Ofloxacin wurde eine online- SPE-HPLC-MS/MS-Methode entwickelt. Nach der Anreicherung von 10 ml der Wasserprobe auf einer HySphere C18HD SPEKartusche (Spark Holland) erfolgt die Elution im „HPD Focussing Modus“ mit 200 ?l Acetonitril:Wasser (40:60) innerhalb einer Minute in den HPLC-Fluss von 300 ?l/min 5 % Acetonitril in Wasser mit 0,1 % Ameisensäure. Nach einer Minute startet bei einem Fluss von 500 ?l/min der Lösungsmittelgradient. Zur Erzielung möglichst schneller Analysenzeiten und einer hohen Empfindlichkeit wurde auf eine Basislinientrennung der beiden Fluorchinolone verzichtet und nach 2,5 Minuten das System bereits wieder reequilibriert. Anhand der in Abbildung 2 dargestellten 4 MRM-Übergänge wird deutlich, dass die massenspektrometrische Trennung zur Quantifizierung und Verifizierung des Ergebnisses sehr gut möglich ist. Diese Methode erlaubt es, ohne weitere Aufbereitungsschritte, die Startkonzentration, Elimination und Reaktionskinetik bei der oxidativen Abwasserbehandlung zu bestimmen. Bei einem Acetonitrilanteil von 25 % und einem langsameren Acetonitril-Wasser-Gradienten ist bei einer Gesamtanalysenzeit von etwa 10 Minuten auch eine Basislinientrennung möglich. Allerdings kommt es durch die schwächere Elution von der SPEKartusche zur Peakverbreiterung, wodurch die Empfindlichkeit reduziert wird (Daten nicht gezeigt).

Untersuchung und Bewertung von Transformationsprodukten

Die Ozonung mit 10 mg O3/l erzielte sowohl im Reinstwasser als auch im Kläranlagenablauf einen Substanzabbau von mindestens 80 % für Ciprofloxacin und 88 % für Ofloxacin. Mittels UV-Oxidation mit H2O2- Zugabe konnte ein kompletter Substanzabbau in Kläranlagenabläufen erreicht werden. In weiterführenden Untersuchungen mittels Q Trap und TOF-MS konnten insgesamt 22 Transformationsprodukte von Ciprofloxacin und 15 Transformationsprodukte von Ofloxacin nachgewiesen werden [5]. Die wirkungsbezogene Analytik wurde um die antibakterielle Aktivität mittels Hemmhoftest anhand der Bakterienstämme Pseudomonas fluorescens und Bacillus coagulans erweitert. Abbildung 3 zeigt den Abbau von Ofloxacin sowie die simultane Abnahme der antibakteriellen Aktivität. Die Ausbildung der Hemmhöfe um die aufgetragene Probe ist bei den beiden Proben vor Behandlung (Foto unten links und rechts) gut erkennbar. Im Matrixblank, bei den Kontrollproben und in den Proben nach 30 Minuten oxidativer Behandlung konnten keine hemmenden Effekte mit den beiden Bakterienstämmen beobachtet werden.

Fazit

Die Ergebnisse aus instrumenteller und wirkungsbezogener Analytik belegen, dass der Substanzabbau mit dem Verlust der antibakteriellen Wirkung einhergeht. Zusammen mit den Ergebnissen zur Zytotoxizität, Genotoxizität und Mutagenität kann indirekt darauf geschlossen werden, dass die gebildeten Transformationsprodukte in dotierten und undotierten realen Abwässern keine toxikologische Relevanz haben.
Durch Kombination der instrumentellen und wirkungsbezogenen Analytik konnte die Arbeitshypothese bestätigt werden, dass die untersuchten Verfahrensvarianten (O3, UV und UV/H2O2) zum Abbau von Spurenstoffen in realen Kläranlagenabläufen sicher angewendet werden können [5]. Da die Abwasserzusammensetzung an unterschiedlichen Kläranlagen nicht identisch ist, sollten vor der Installation einer großtechnischen Ozonung orientierende Untersuchungen zur Ozonzerung und Bildung potenziell relevanter Transformationsprodukte mittels instrumenteller und wirkungsbezogener Analytik durchgeführt werden.
Dies ist z. B. bei bromidhaltigen Wässern von großer Bedeutung, da hieraus Bromat gebildet werden kann.

Um die Abbildungen dieses Artikels zu sehen, bitte das Magazin als PDF downloaden (oben rechts).

Literatur

[1] Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2000/60/EG und 2008/105/EG in Bezug auf prioritäre Stoffe im Bereich der Wasserpolitik, COM(2011) 876 vom 31.01.2012.
[2] Türk, J., et al., Abschlussbericht zum IGF-Forschungsvorhaben Nr. 16145 BG „Energieeffiziente Eliminierung von persistenten Pharmazeutika aus Abwässern mittels eines schadstoffabhängig gesteuerten Oxidationsverfahrens (EPASGO)“, http://www.veu.de/files/abschlussbericht_igf_epasgo_16145_bg.pdf, 2012.
[3] Hartmann, A. et al. (1999) Arch. Environ. Contam. Toxicol. 36, 115-119.
[4] Sanchez, G. et al. (2005) Photochem. Photobiol, 81, 819- 822.
[5] Türk, J., et al., Abschlussbericht zum IGF-Forschungsvorhaben Nr. 15862 N. “Untersuchungen zur Bewertung und Vermeidung von toxischen Oxidationsnebenprodukten bei der oxidativen Abwasserbehandlung“, http://www.veu.de/files/abschlussbericht_15862.pdf, 2011.

L&M 8 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 8 / 2012.
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