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Chemolumineszenz

1669 wurde von dem Hamburger Apotheker und Alchemisten Heinrich Henning Brand –
ohne dass er das natürlich wissen konnte – die weiße Modifikation des Phosphors entdeckt. Er hatte den zum Trocknen eingedampften Harn im Dunkeln geglüht und dabei beobachtet, wie seine gläserne Apparatur durch die entstandenen Phosphordämpfe aufleuchtete.
Nicht wissen konnte er, dass er mit seinem „Phosphorus mirabilis“ (phosphoros;
griechisch: Licht tragend) zum ersten Mal auch das Phänomen der Chemilumiszenz im
Reagenzglas gesehen hatte.
Carl Wilhelm Scheele, der eine ganze Reihe von Elementen entdeckte, fand dann 1774, dass man weißen Phosphor aus Knochenasche durch Reduktion mit Magnesium herstellen kann. Fein verteilt wird Phosphor durch Luftsauerstoff oxidiert, wobei blauweißes Licht entsteht. Lange Zeit war der Phosphor die einzige Substanz, mit der man das magische Leuchten von Glühwürmchen und anderer Organismen im Reagenzglas nachahmen konnte. Die Biolumineszenz galt daher als das weitaus ältere Phämonen. Die erste belegte Beobachtung über das Leuchten von Glühwürmchen ist fast 3.500 Jahre alt und stammt aus China. Erst um 1900 wurden entsprechende chemische Reaktionen gefunden.

Lumineszenz

Unter dem Begriff Lumineszenz ist die Emission von Licht im sichtbaren, UV- und IR-Spektralbereich von Gasen, Flüssigkeiten oder Festkörpern zusammengefasst. Sie ist immer mit dem Übergang eines Elektrons von einem ener-getisch höheren in einen unbesetzten, energetisch tieferen Zustand verbunden (HOMO-LUMO-Übergänge). Die verschiedenen Lumineszenz-Prozesse werden nach der Art ihrer Energiezufuhr eingeteilt (siehe Centerfold-Beitrag). Glühemissionen (z.B. rot glühendes Eisen) werden nicht zu den Lumineszenzvorgängen gerechnet.

Chemolumineszenz (auch Chemilumineszenz)

Chemilumineszenz (CL) und die analoge Biolumineszenz bei Organismen beobachtet man, wenn bei einer chemischen Reaktion ein Molekül in den angeregten Zustand übergeht und danach die Anregungsenergie als Lichtquant abgibt. Die CL ist kein exotisches Phänomen, denn von einer großen Zahl organischer Materialien werden bereits bei Raumtemperatur als Folge von Oxidationsvorgängen in geringer Menge Photonen emittiert. Die Wellenlängen liegen dabei zwischen 400 und 700 nm, können aber auch vom UV- bis in den IR-Bereich reichen. Bei der Mehrzahl der CL erzeugenden Prozesse handelt es sich um Redoxreaktionen, z.B. die Autooxidation oder die Verbrennungsvorgänge in Motoren. Nahezu jede Flamme zeigt CL; sie rührt her von kurzlebigen Zwischenprodukten (z.B. OH*, CH* oder C2*), sie sind für das Leuchten im ultravioletten und sichtbaren Spektralbereich verantwortlich.
Eine Emission von Licht im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums erfordert Anregungsenergien zwischen 160–320 kJ/Mol. Diese Energie muss in einem einzigen Reaktionsschritt in kurzer Zeit und in einem kleinen Reaktionsvolumen freigesetzt werden, sodass keine Löschung durch Sekundärreaktionen erfolgen kann. Im Reaktionsmilieu können auch fluoreszenzfähige Teilchen als Energieakzeptoren vorhanden sein, welche die Anregungsenergie aufnehmen und dann Fluoreszenz zeigen:

X* + F > X + F* > F + hn

Luminol

Luminol (1) ist die wohl am meisten und am besten untersuchte Substanz und schon seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Aber erst als der deutsche Chemiker H. O. Albrecht herausgefunden hatte, dass die Substanz bei Zugabe von Wasserstoffperoxid und einem Katalysator (Cu, Fe) ein blaugrünes Leuchten erzeugt, begann man sich für sie zu interessieren. Die wichtigste Entdeckung stammt von dem Forensiker Walter Specht (1937), der zeigte, dass auch das im Blut gebundene Eisen genügt, um bei (1) die CL-Reaktion auszulösen. Selbst nach Jahren lassen sich so noch Spuren von Blut aufspüren, und deswegen ist die Reaktion Bestandteil kriminalistischer Spurenanalytik.
Die Reaktion ist auch heute noch nicht in allen Einzelheiten geklärt, man nimmt aber an, dass (1) in alkalischem Medium zunächst zum Diazochinon oxidiert wird (Abb. 1). Mit H2O2 entsteht hieraus das hochreaktive, kurzlebige Dioxirancarbeniat-System, das in das o-Phthalat im angeregten Zustand übergeht.
Beim Lucigenin (2), einem CL-aktiven Acridinderivat, verläuft die Reaktion mit H2O2 über ein reaktives Dioxetan, aus dem das N-Methylacridon im elektronisch angeregten Zustand entsteht (Abb. 1). Dieses gibt seine Energie als grünblaue CL ab.
Im Vergleich zu Biolumineszenzsystemen mit einer Quantenausbeute von nahezu 1 Einstein/Mol (1 Photon/Molekül) oder der Bakterienluminsszenz mit einer Ausbeute von 0,3 Einstein/Mol liefert Luminol unter optimalen Bedingungen lediglich Quantenausbeuten von ~0,05 Einstein/Mol. Erst in jüngster Zeit wurden chemische Sys-teme mit Quantenausbeuten entdeckt, die denen des Bakterienleuchtens entsprechen. Dazu gehören der Oxalsäure-bis-2, 4, 6-trichlorphenlester (3) und der Oxalsäure-bis-2, 4-dinitrophenylester (4). Die Substanzen lassen sich leicht aus Oxalsäuredichlorid und den entsprechenden Phenolen herstellen und sind auch käuflich erhältlich. Die Oxidation mit H2O2 liefert als energiereiche Zwischenstufe wahrscheinlich ein hochgespanntes Oxalsäureperoxilacton und daraus elektronisch angeregtes CO2, das seine Energie auf zugesetzte Farbstoffe überträgt (Abb. 2). Sie sind dann für die CL verantwortlich. Da der Farbstoff bei der Reaktion nicht verbraucht wird, genügen schon geringe Konzentrationen für ein eindrucksvolles Leuchten.

Luciferin

Häufig ist bei diesen Reaktionen die Generierung eines hochgespannten Vierrings der zentrale Reaktionsschritt. Hieraus entwickelt sich dann ein Teilchen im angeregten elektronischen Zustand, das entweder selbst CL zeigt oder seine Energie auf ein Fluoreszenz-fähiges Molekül überträgt. Auch bei den Luciferinen werden solche energiereiche, kurzlebige Teilchen erzeugt. Das Luciferin (5) des Glühwürmchens (Lampyris noctiluca) wird enzymatisch durch Luciferase phosphoryliert. Durch Oxidation mit Sauerstoff entsteht daraus ein Peroxid, aus dem unter Abspaltung von AMP ein Dioxetanon entsteht. Dieses zerfällt in CO2 und eine Carbonylverbindung im angeregten Zustand. Sie emittiert beim Übergang in den Grundzustand gelbgrünes Licht. Da die Emission von Licht äquivalenten Mengen ATP entspricht, verfügt man damit über eine effektive und empfindliche Methode zu seiner quantitativen Bestimmung.

Literatur
Photochemie; D. Wöhrle, M. Tausch, W.- D. Stohrer, Wiley-VCH 1998.
Webadresse: International Society for Bioluminescence and Chemiluminescence: www.isbc.unibo.it/

Bild: Dr. Gerhard Schilling und Verleger Matthes munkeln im Dunkeln …

Stichwörter:
Lumineszenz, Chemolumineszenz, Chemilumineszenz, Luciferin, Luminol,

L&M 4 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 4 / 2009.
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