Nachweis von Gluten in Lebensmitteln
Garantiert glutenfrei
In den letzten zehn Jahren stieg die Nachfrage nach glutenfreien Lebensmitteln stark an. Dabei erhöhte sich der Anteil an Konsumenten, die Schwierigkeiten bei der Verdauung von Gluten haben, um etwa 10%. Obwohl die Empfindlichkeit gegenüber Gluten bei diesen Personen unterschiedlich stark ausgeprägt ist, zeigt sich, dass eine glutenfreie Ernährung generell zu einer Verbesserung der Situation führt. Doch was ist eigentlich Gluten? Warum kann es toxisch sein? Und wie kann man es in Lebensmitteln nachweisen?
Zöliakie
Seit Jahrhunderten zählen Getreideprodukte zu den Grundsäulen der menschlichen Ernährung, jedoch bereitet Gluten – ein Proteingemisch aus Prolaminen und Glutelinen, das in Weizen, Gerste, Roggen, Hafer und in den daraus gezüchteten Kreuzungen vorkommt – heute immer mehr Menschen gesundheitliche Probleme. Etwa 1% der Weltbevölkerung leidet an Zöliakie – eine immunologisch vermittelte Enteropathie, die durch die Aufnahme von Gluten verursacht wird. Die Symptome beschränken sich nicht nur auf den gastrointestinalen Trakt, sondern können auch Gereiztheit, Depressionen und Angstzustände auslösen. Diese Anzeichen sind jedoch kein zuverlässiger Indikator. Für eine fundierte Diagnose ist die Durchführung einer Biopsie an der Schleimhaut im Dünndarm notwendig. Bei der genetisch bedingten Autoimmunerkrankung werden durch das Enzym Gewebtransglutaminase Glutenpeptide, überwiegend Prolamine, durch Deamidierung so modifiziert, dass es zur Bildung eines T-Zell- Epitops kommt. Durch die Stimulation des Immunsystems kommt es in weiterer Folge zu einer Entzündung und Verstümmelung der Darmzotten im Dünndarmgewebe. Da diese Darmzotten Nährstoffe absorbieren, führt die Zerstörung zu einer Mangelernährung, die langfristig Probleme mit sich bringen kann. Die stärkste Reaktion richtet sich gegen ein 33 Aminosäure langes 2- Gliadin-Fragment, das gegenüber dem Abbau durch Verdauungsenzyme resistent ist und einen der hauptverantwortlichen Auslöser für Glutenimmuntoxizität darstellt. Homologen des so genannten 33mer wurden auch in für Zöliakiepatienten toxischen Getreidesorten gefunden, jedoch nicht in nichttoxischem Getreide. Bis dato ist die einzig effektive Behandlung eine lebenslange, glutenfreie Diät. Problematisch hierbei ist „verstecktes“ Gluten, das man als Proteinbeigabe in harmlos erscheinenden Produkten findet. Zudem kann es während der Wertschöpfungskette zu einer Kreuzkontamination kommen. Aufgrund der von Person zu Person unterschiedlichen Ausprägung ist es sehr schwer, genaue Toleranzwerte zu bestimmen. Nach wissenschaftlichen Studien sollten dem Körper nicht mehr als 50 mg Gluten pro Tag zugeführt werden. Der von der Codex Alimentarius Kommission 2008 veröffentlichte CODEX-Standard wurde 2009 in die europäische Gesetzgebung aufgenommen und definiert einen Grenzwert von 20 mg/ kg für „glutenfreie“ und 100 mg/kg für „glutenarme“ Nahrungsmittel.
Analyse von Gluten
Zur Einhaltung der bestehenden Vorschriften gibt es spezifische Untersuchungsmethoden, die sowohl qualitative als auch quantitative Ergebnisse liefern. Dabei sollte ein analytisches Nachweisverfahren – wenn möglich – in der Lage sein, Epitope, die bei Zöliakie eine Rolle spielen, nachzuweisen.
Die Tatsache, dass Gluten eine komplexe Mischung aus Proteinen ist, stellt eine große Herausforderung bei der korrekten Quantifizierung dar und macht es sehr schwierig, geeignetes Referenzmaterial zu finden. Der Prolamin Working Group (PWG) gelang es, durch Extrahieren von Gliadinen aus einer Auswahl der gängigsten Weizensorten ein Referenzmaterial herzustellen, das anfangs vom IRMM (Institute for Reference Material and Measurements) akzeptiert, jedoch dann später widerrufen wurde. Das PWG Gliadin wird trotzdem noch oft bei der Kalibrierung von Testverfahren eingesetzt. Enzyme Linked Immunosorbent Assay (ELISA)-Verfahren sind neben Lateral Flow Assays und PCR die gebräuchlichsten Nachweismethoden von Gluten in Nahrungsmitteln. Aufgrund der unterschiedlichen Spezifität der verwendeten Antikörper, verschiedener Extraktionsmethoden sowie des Einsatzes unterschiedlicher Materialien in der Kalibrierung kommen unterschiedliche Testsysteme nicht immer zum selben Ergebnis. Der monoklonale Skerritt- Antikörper erkennt HMW (High Molecular Weight)-Glutenin und die hitzeresistente Unterfraktion der -Gliadine. Da die Quantifizierung auf der Menge der -Gliadine basiert und diese sich je nach Getreidesorte unterscheidet, kann dies zu stark voneinander abweichenden Resultaten führen. Außerdem reagiert der Skerritt-Antikörper nur sehr schwach auf Hordein. Der von Mendez (Spanien) entwickelte monoklonale R5- Antikörper ist gegen Secalin (Roggen) gerichtet und zeigt auch eine starke Reaktion auf Gliadin (Weizen).
Ein neuer Ansatz zielt auf immunotoxische Peptide, die eine Rolle bei der Pathogenese von Zöliakie spielen. Dies führte zur Entwicklung des G12-Antikörpers, der bei AgraQuant® Gluten G12 ELISA und AgraStrip® Gluten G12 Lateral Flow Test verwendet wird.
Die nächste Generation der Glutenanalyse
Basierend auf einem 2002 erschienenen Artikel in Science wurde der G12-Antikörper entwickelt. Er erkennt die Hexapeptidsequenz QPQLPY des 33-mer des Gliadinproteins (Weizen) sowie ähnliche Peptide, die in Gerste, Roggen und Hafer vorkommen. Im Gegensatz dazu wurde der R5- Antikörper zuerst gegen Secalin gerichtet und danach das damit reagierende Epitop als QQPFP Pentapeptid identifiziert. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Antikörpern besteht darin, dass der G12-Antikörper direkt auf das toxische Fragment, das die Autoimmunreaktion bei Zöliakiepatienten auslöst, abzielt und nicht nur auf eine Peptidsequenz, die nichts mit klinischen Ergebnissen zu tun hat. Validierungsstudien zeigten, dass der G12-Antikörper keine Reaktion mit Soja, Mais und Reis aufweist. Der G12-Antikörper könnte neue Argumente in die Diskussion darüber bringen, ob Hafer für Zöliakiepatienten eine sichere Alternative ist oder nicht. Bestimmte Haferarten, die keine Kreuzkontaminationen mit anderen glutenhaltigen Getreidesorten aufwiesen, zeigten im Zuge der Validierung des AgraQuant ® Gluten G12 ELISA-Tests und AgraStrip® Gluten G12 Lateral Flow-Tests positive Reaktionen. Vor Kurzem vergab der spanische Zöliakieverband den 6. nationalen Preis für die Erforschung von Zöliakie an eine Gruppe von Wissenschaftlern, die den G12-Antikörper dazu nutzte, Haferarten mit geringen Mengen an Gluten zu identifizieren.
Fazit
Die Gesundheit von Zöliakiepatienten hängt von der korrekten Kennzeichnung glutenfreier Nahrungsmittel ab. Es werden kontinuierlich neue Verfahren zum Nachweis von Gluten entwickelt, um die Sicherheit von Lebensmitteln zu garantieren. Die Resultate eines immunchemischen Testsystems, das den G12-Antikörper einsetzt, kommen dem Ideal eines Tests für die Lebensmittelsicherheit sehr nahe, da sie einen wichtigen Zusammenhang zwischen Zöliakie und dem Nachweis immuntoxischer Peptide herstellen.
Literatur:
Structural Basis for Gluten Intolerance in Celiac Sprue. Shan L., Molbergv Ø., Parrot I., Hausch F., Filiz F., Gray G.M., Sollid L.M., Khosla C., Science. 2002 Sep 27;297(5590): 2275 – 9. Toward the Assessment of Food Toxicity for Celiac Patients: Characterization of Monoclonal Antibodies to a Main Immunogenic Gluten Peptide. Morón B., Bethune M.T., Comino I., Manyani H., Ferragud M., López, M.C., Cebolla A., Khosla C., Sousa C., PLoS ONE. 2008 May 28; 3(5):e2294. Sensitive detection of cereal fractions that are toxic to celiac disease patients by using monoclonal antibodies to a main immunogenic wheat peptide. Morón B., Cebolla A., Manyani H., Alvarez-Maqueda M., Megías M., Del Carmen Thomas M., López M.C., Sousa C., Am J Clin Nutr. 2008 Feb; 87(2):405–14. The Molecular Basis for Oat Intolerance in Patients with Celiac Disease. Arentz-Hansen H., Fleckenstein B., Molberg Ø., Scott H., Koning F., Jung G., Roepstorff P., Lundin K.E.A., Sollid L.M., PLoS Medicine, 2004 – medicine.plosjournals.org
Foto: © Frau Elisabeth Halbmayr-Jech
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L&M 1 / 2013
Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 1 / 2013.
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