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Wertvolle Ressourcen

Eine besondere Art der Investition in die Zukunft

Biobanking, das Archivieren von biologischen Proben (Serum, Gewebeproben, DNA) und der dazugehörigen strukturierten Daten basiert in Österreich auf einer alten Tradition, deren Potenziale im Laufe der Zeit immer besser genutzt werden können. Bereits 1813 wurde in Österreich unter Maria Theresia ein Hofdekret zur Anlegung einer pathologischen Sammlung erlassen [1].

Im Jahre 2007 wurde die Biobank Graz unter der Leitung von Dr. Karine Sargsyan institutionell in die Forschungsinfrastruktur der Medizinischen Universität Graz eingebunden. Diese baute auf bereits bestehenden Sammlungen wie der des Institutes der Pathologie und der Klinischen Abteilung für Onkologie der Medizinischen Universität Graz auf. Heute stellt die Biobank Graz mit über 5 Millionen Proben die größte Biobank Europas dar [2]. Jene Proben entstammen von Residuen routinemäßiger diagnostischer oder therapeutischer Eingriffe wie zum Beispiel Restblut einer routinemäßigen Blutabnahme, das für keine weiteren Laboruntersuchungen benötigt wird. Bei den betreffenden Proben handelt es sich um kryokonservierte Gewebeproben, paraffingelagerte Proben, aber auch um Körperflüssigkeiten wie Serum, die bei minus 80 °C gekühlt archiviert werden. Um solche Proben gemeinschaftlich mit anderen Biobanken nutzen zu können, sind Standardisierungsprozesse hinsichtlich Probenentnahme und Lagerung nötig [3]. Aber auch die Datenverwaltung und der Datenschutz stellen für sich bereits Herausforderungen dar. Erst das Sammeln und Zusammenschließen von medizinischen Proben und Daten ermöglichte es auch, zum Beispiel seltene Erkrankungen oder genetische Assoziationsstudien, die eine hohe Anzahl an Probanden erfordern, um zu signifikanten Ergebnissen zu gelangen, mit ausreichender Kohortengröße zu untersuchen. Die Biobank Graz verfolgt zurzeit eine kombinierte Sammelstrategie – zum einen das Sammeln von pathologischen Routineproben aus der steirischen Bevölkerung in der natürlichen Häufigkeit von diversen Erkrankungen und zum anderen eine krankheitsspezifische Sammelstrategie, basierend auf fünf Forschungsschwerpunkten der Medizinischen Universität Graz [4]. Es sei auch erwähnt, dass es sich bei der Biobank Graz um eine Non-Profit-Institution handelt, die dem Wohle der Allgemeinheit zugutekommen soll. Prof. Dr. Berthold Huppertz, Direktor der Biobank Graz, versuchte im Rahmen einer Informationsveranstaltung den Nutzen von Biobanking mit folgenden Worten einfach zu erklären: „Vom Spenden einer Probe an die Biobank hat der Spender selbst selten einen Vorteil, ähnlich einer Blutspende, die dem Donator selbst selten helfen wird. Aber jemand anderem könnte damit in unbestimmter Zukunft das Leben gerettet werden.“ Das Spenden von Proben an die Biobank Graz stellt natürlich einen ebenso freiwilligen Akt dar wie eine Blutspende. Die Spender werden zuvor auch mit einem ausführlichen Arzt-Probanden-Gespräch und einem von der Ethikkommission positiv bewerteten Informed Consent informiert und aufgeklärt. Und die rege Teilnahme spiegelt auch die Akzeptanz und Befürwortung in der Bevölkerung wider. Um der wachsenden Probenanzahl bei international standardisierter Qualität sowie der steigenden Probennachfrage nachkommen zu können, sind Automatisierungsprozesse unausweichlich.

Gute Automatisierungstechniken sparen Zeit, Energie und Personalkosten und erhöhen die Prozesssicherheit

Die auf verschiedene Bereiche ausgeweitete Automatisierung wächst mit den Anforderungen an die Biobank Graz. Eine der letzten derartigen Umsetzungen beinhaltete die Semiautomatisierung des Lagersystems für paraffineingebettete Gewebeproben. Hierzu wurde von YLOG unter Mitarbeit der TU Graz und Biobank Graz ein halb automatisches Lager entwickelt, das nicht nur energie-, platz- und Personalkosten sparend ist, sondern gewissermaßen auch intelligent [5]. Dazu sind die kleinen effizienten Transportwagen, die zwischen den engen Regalen herumdüsen, mit schnell ladenden Kondensatoren und der Kenntnis von „Verkehrsregeln“ ausgestattet. So lassen sich auch große Men gen an Proben schnell und ordnungsgemäß ein- und auslagern (Abb. 1). Die Proben selbst werden dazu unter anderem mit einem 2D-Barcode versehen.
Der nächste größere Automatisierungsschritt umfasst das Handling mit flüssigen Proben. Dazu wird zurzeit in Kooperation mit der Firma Hamilton ein Pipettierroboter, der 24 Stunden am Tag einsatzbereit ist und aliquotierte Proben auch sofort einfrieren und mit einem Labor sowie Biobank Graz IT kommunizieren kann, integriert. Auf diesen Weg kann Tag und Nacht die gleiche Prozesssicherheit bei der Verarbeitung, Aufbereitung und Lagerung von Flüssigproben wie Blut gewährleistet werden. Ebenso werden dabei Zeit- sowie Lösungsmittelverbrauch und damit Kosten gesenkt. Durch Standardisierung und Automatisierung der Laborabläufe verringern sich Unterschiede in Resultaten, die sonst durch unterschiedliches Handling einzelner Laboranten und Laborantinnen entstehen [6].
Für das Jahr 2012 ist auch noch ein automatisiertes minus 80° C-Lagersystem angedacht. Diesbezüglich wurde auch schon Vorarbeit geleistet wie das Austesten adäquater Probenaufbewahrungsbehälter, deren aufgedruckter 2D-Barcode temperatur-, lösungsmittel- und chemikalienbeständig sein muss. Aber die Behälter selbst müssen eben auch bei niedrigsten Temperaturen dicht, beständig und belastbar sein [7]. Zusätzlich sind auch Automatisierungen im Bereich der Probenlagerung mit Flüssigstickstoff geplant.

Weitere zukünftige Entwicklungsschritte

Es reicht nicht einfach nur, ein großes Proben- und Datenangebot für die Forschung zu lagern und zu speichern. Diese wertvollen Ressourcen können dem allgemeinen gesundheitlichen Wohl nur dann dienlich sein, wenn sie für die qualitativ hochwertige Forschung gut zugänglich sind. Um die Kommunikation zwischen Forschern und Biobank Graz global zu verbessern, wurde das „Service & Communication Center (SCC)“ eingerichtet. Dabei handelt es sich um ein lokales und zentrales Informations- und Vermittlungsservice für probenspezifische Forschungsanfragen. Der Vorteil für den Kunden besteht darin, dass die Forschungsprojekte von der Projektidee bis zur Umsetzung begleitet werden. Zusätzlich dazu dient das SCC in Zukunft auch dem Knowhow-Transfer durch Consulting und Training von zukünftigen Biobankern. Da an der Biobank Graz nicht nur die Anzahl der Proben und unterstützten Projekte von Jahr zu Jahr steigt, sondern auch die fachliche Kompetenz, ist für 2014 ein Umzug in das derzeit im Bau befindliche Zentrum für Wissens- und Technologietransfer geplant [8][9]. An dieser Stelle sei auch zu erwähnen, dass die Biobank Graz nicht nur wertvolle Ressourcen für die medizinische Forschung akquiriert und bereitstellt, sondern sich auch selbst aktiv in die Forschung integriert. Dieses wissenschaftliche Engagement reicht von ethischen Studien, die unter anderem den Brückenschlag zwischen Bevölkerung und medizinischer Forschung verbessern sollen bis hin zu Asservierungstechniken. Die Biobank Graz agiert weiterhin als Basis für die Erforschung diverser Stoffwechsel-Biomarker im Rahmen des K-Projekts (COMET Programm), das sich mit weit verbreiteten Erkrankungen wie Diabetes mellitus, koronare Herzkrankheit und Infarkt, Lebererkrankungen und vielen mehr auseinandersetzt. Das zuletzt genannte Projekt umfasst 15 industrielle und 5 wissenschaftliche Partner [2].

Internationale Sichtbarkeit

2009 wurde bereits ein internationales Sekretariat für das Globale Netzwerk Biologischer Ressourcen-Center unter der Leitung von Prof. Zatloukal in Graz eröffnet. Das dazugehörige „Biobanking and Biomolecular Research Infrastructure“- Projekt (BBMRI) hat bereits 280 beteiligte Institutionen und wird als die erfolgreichste Forschungsinfrastruktur im siebten Rahmenprogramm der EU genannt. Dies entspricht auch den Zielen der Biobank Graz, sich in ein internationales Biobankennetzwerk zu integrieren und seine Implementierung so gut als möglich zu unterstützen. Diesem Vorhaben wird zudem auch Vorschub geleistet, indem die Biobank Graz ihr Knowhow in Form von „Coaching for Biobanking“ auch über Kooperationen mit anderen Biobanken aus Südosteuropa teilt.

Foto: © Dr. Tanja Macheiner

L&M 5 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 5 / 2012.
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