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L&M-4-2011 > Bilder ins „unendlich“ Kleine

Bilder ins „unendlich“ Kleine

Seit jeher interessieren sich die Menschen dafür, wie die Welt außerhalb unserer Wahrnehmungsgrenzen aussieht. Das gilt zum einen für das unfassbar Große, das Universum, den Himmel, die Sterne, zum anderen für das unfassbar Kleine, die Struktur und den Aufbau von allem, was uns in einem Maßstab umgibt, der über die sinnliche Wahrnehmung unserer Augen hinausgeht, der Geschmack und Geruch nicht zugänglich ist.

Die griechischen Naturphilosophen haben sich wohl damit schon vor 2500 Jahren beschäftigt. Demokritos gilt allgemein als Vordenker einer Vorstellung über die Materie, die unserer heutigen Erkenntnis sehr nahekommt. Wie sein Lehrer Leukipp und in Abweichung von dessen Lehrer Parmenides postulierte er, dass die gesamte Natur aus kleinsten, unteilbaren Einheiten, den Atomen, zusammengesetzt sei. Er wäre wohl nie auf die Idee gekommen, seine Postulate durch ein Experiment zu überprüfen, unabhängig davon, dass er ein solches mit dem ihm zur Verfügung stehenden Instrumentarium nicht hätte durchführen können. Der Einblick ins mikroskopisch Kleine (jedoch weit oberhalb der atomaren Auflösung) wurde erst zweitausend Jahre später (um 1600) durch die Erfindung des Mikroskops durch den niederländischen Brillenmacher Hans Janssen und dessen Sohn Zacharias möglich. Galileo Galilei entwickelte kurz darauf ein zusammengesetztes Mikroskop, das aus einer konvexen und einer konkaven Linse bestand. Johannes Kepler konstruierte gleichzeitig (1609) ein Fernrohr, das zwei Sammellinsen enthält: das astronomische Fernrohr. So wurden mit dem gleichen Prinzip – der Kombination aus zwei Linsen – Einblicke in das unvorstellbar Kleine und das unvorstellbar Große ermöglicht. Die Leistungsfähigkeit der Lichtmikroskope und der Probenvorbereitung wurde in den folgenden Jahrhunderten ständig verbessert. Seit dem 17. Jahrhundert führt das Lichtmikroskop – wie kaum ein anderes Instrument – zu wissenschaftlichen Erkenntnissen. Jedoch, Licht breitet sich als Welle aus und wird gebeugt. Deshalb kann ein Lichtmikroskop nur Details auflösen, die mindestens eine halbe Wellenlänge (200 Nanometer) voneinander entfernt sind. Dieses 1873 von Ernst Abbe entdeckte Gesetz galt bis vor kurzem als unüberwindbar. Um feinere Strukturen untersuchen zu können, musste entweder die Wellenlänge der verwendeten elektromagnetischen Strahlung verkleinert werden (in Richtung Ultraviolett- oder Röntgenstrahlung) oder ganz andere Abbildungsstrategien mussten gewählt werden: Die Elektronen- sowie die Rastersondenmikroskopie mit ihrer höheren Auflösung haben maßgeblich zum Fortschritt des 20. Jahrhunderts beigetragen.

Doch zurück zum Lichtmikroskop

Stefan Hell hat als Erster 1993 einen Weg gefunden, die Abbe’sche Grenze im Fluoreszenzmikroskop, dem wichtigsten Mikroskop der biomedizinischen Forschung, zu überwinden (labor&more berichtete darüber in der Ausgabe 5/07): Er entwickelte sozusagen im Alleingang das STED-Mikroskop – STED steht für stimulated emission depletion. Damit wird der physikalische Effekt beschrieben, der der Funktionsweise des Verfahrens zu Grunde liegt. Mithilfe der STED-Mikroskopie können heute schon Proteinverteilungen bis zu 10-mal schärfer als bisher dargestellt werden. Dies führte bereits jetzt zu wichtigen neuen Erkenntnissen.

Das Herzstück jeder Digitalkamera

Die Entwicklung fotografischer Verfahrer und schließlich die der digitalen Bilderfas sung mittels CCD-Sensoren – Herzstück jeder Digitalkamera – durch G. Smith und W. Boyle 1969 (Nobelpreis für Physik 2009, siehe labor&more 5/09) hat maßgeblich die lichtmikroskopische Technik, wie sie heute im Einsatz ist, beeinflusst. Das Gesetz von Abbe galt bis vor kurzem als unumstößliche Barriere im Bestreben, Instrumente mit immer größerer Auflösung zu entwickeln. Um diese Barriere zu verkleinern, mussten Geräte entwickelt werde,
die anstatt mit sichtbarem Licht mit elektromagnetischen Wellen viel kleinerer Wellenlänge arbeiten. Über die Röntgenmikroskopie kamen die Forscher schließlich zur Elektronenmikroskopie. Die Entwicklungen in dieser Richtung sind heute noch nicht abgeschlossen (siehe Kasten). Elektronen mit einer Energie von 100 keV haben als Materiewelle eine Wellenlänge von 0,0037 nm. Damit können heute technisch Auflösungen von unter 1 nm erreicht werden, ein Wert, der 100-mal größer ist als der, der vom Abbe-Gesetz als Grenze postuliert wurde, aber drei Größenordnungen besser als der von modernen Lichtmikroskopen. Die Abbildung von Objekten aus dem Mikro- und Nanokosmos kann aber auch über einen ganz anderen Weg realisiert werden: In der akustischen Mikroskopie werden Ultraschallwellen mit sehr hoher Frequenz verwendet. Damit lässt sich eine Auflösung erreichen, die der von Lichtmikroskopen entspricht, die Tiefenauflösung ist jedoch deutlich besser. Dies kommt etwa der mikroskopischen Untersuchung von Halbleiterelementen zugute. Nicht nur Wellen können für mikroskopische Untersuchungen eingesetzt werden. Bei der Rasterkraftmikroskopie wird eine extrem dünne Spitze, die auf einem Federarm befestigt ist, in systematischer Weise (Abrasterung) über eine zu untersuchende Oberfläche geführt und die Kraft registriert, die auf diese wirkt. Das Bild der Oberfläche entsteht dann durch digitale Umsetzung in einem Computer. Die Rastertechnologie wird auch in vielen anderen Verfahren eingesetzt. Beispiele sind die Rasterelektronenmikroskopie (REM), die Rastertunnelmikroskopie (RTM) und schließlich die Ionenmikroskopie (SIM: Scanning Ion Microoscopy). In die letztgenannte Kategorie sind die Untersuchungen des nachfolgenden Beitrags aus der Gießener Forschergruppe um Professor Jürgen Janek einzuordnen – allerdings mit einer revolutionären Besonderheit: Die ionisierten Teilchen, die durch die Ionenanregung ortsaufgelöst (Rasterscanning) aus der Oberfläche herausgelöst werden, werden dann massenspektrometrisch untersucht. Dadurch gelingen Einblicke in die molekulare Zusammensetzung der abgescannten Objekte.

Bildquelle: Wikipedia

L&M 4 / 2011

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 4 / 2011.
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