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Qualitativ hochwertiges Trinkwasser – eine Herausforderung in der Zukunft

Schadstoffe im Wasser

Dass wir in Deutschland eine hohe Wasserqualität sowohl für Trink­wasser als auch für viele Oberflächengewässer aufweisen können, steht außer Frage. Wasser als ­Lebensgrundlage ist jedoch zu­nehmend Schadstoffen und Krankheitserregern sowie dem klimatischen und ­demografischen Wandel ausgesetzt. So genannte anthropogene ­Spurenstoffe ­werden seit einigen Jahren in Kläranlagenabläufen und Fließ­gewässern im Spurenbereich nachgewiesen.

Dabei handelt es sich u.a. um Arzneimittel, Hormone, Sonnenschutzmittel, Waschmittel­inhaltsstoffe, Tenside oder auch Flammschutzmittel aus unterschiedlichsten Bedarfsgegenständen. Durch die klassischen Verfahren der Abwasserreinigung und Trinkwasseraufbereitung werden sie in den gefundenen Konzentrationen nur mit aufwändigen Zusatzmaßnahmen entfernt. Eine ähnliche Situation besteht bei Krankheitserregern. In den letzten beiden Jahrzehnten wurden bislang wenig verbreitete Krankheitserreger („emerging pathogens“) in der Umwelt und im Trinkwasser entdeckt. Sie führten zu Krankheitsausbrüchen oder sporadischen Infektionen mit erheblicher epidemiologischer Bedeutung und waren mit den klassischen Strategien der Trinkwasser­hygiene kaum zu kontrollieren. Auch das Muster des Auftretens bekannter Krankheitserreger (z.B. Cryptosporidien, Giardia, Noroviren) verändert sich sowohl durch den Wandel des Klimas als auch der demografischen Verhältnisse. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Welche Maßnahmen müssen getroffen werden, um die Wasserqualität auch in Zukunft sicherstellen zu können? Hier setzt die BMBF-Fördermaßnahme „Risikomanage­ment von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf – RiSKWa“ an. Die insgesamt zwölf Verbundprojekte verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, um auf zukünftige Risikofaktoren im Themenfeld „Wasser und Gesundheit“ reagieren zu können. Trotz der unterschiedlichen thematischen Ausrichtung haben die zwölf Verbundprojekte eines gemeinsam: Sie wollen das Risiko, das von Spurenstoffen und Krankheitserregern ausgeht, bewerten und mithilfe von neuen Technologien in Verbindung mit innovativen Managementansätzen eliminieren.

Nachweis in Gewässern

Ein wichtiger Aspekt in RiSKWa ist die Identifizierung, Klassifizierung und Risikoanalyse von gewässerrelevanten Spurenstoffen und Krankheitserregern. Bestehende Konzepte und Datensätze wie beispielsweise das GOW-Konzept (Gesundheitlicher Orientierungswert) sowie die REACH-Daten liefern einen ersten Ansatz. Aufgrund der Vielfalt der Stoffe befassen sich mehrere Projekte mit dem Nachweis von Spurenstoffen mithilfe der Non-Target-Analytik. Doch wie sind diese Stoffe und deren Meta­boliten hinsichtlich ihrer Umweltrelevanz zu bewerten? Über das Abbauverhalten von beispielsweise Humanpharmaka bzw. der Bildung von Metaboliten ist derzeit noch wenig bekannt. Das Verbundprojekt RISK-IDENT befasst sich mit der Entwicklung und Anwendung einer Systematik, um bisher unbekannte, gewässerrelevante anthropogene Spurenstoffe und Abbauprodukte zu identifizieren. Für diese evaluierten Stoffe soll eine Datenbank entwickelt werden, mit deren Hilfe die ermittelten Werte gesichert und jedem Labor zugänglich gemacht werden können.

Trinkwasserqualität und -versorgung

Ein zentraler Aspekt in RiSKWa ist die Vorsorge für die Erhaltung einer sehr guten Trinkwasserqualität. Damit das Trinkwasser auch künftig unbedenklich aus der Leitung konsumiert werden kann, werden in den Verbundprojekten PRiMaT, RiMaTH und Tox-Box neben der Überprüfung von technischen Verfahren auch bestehende Trinkwasserinstallationen beprobt und auf mikro­bielle Belastungen hin untersucht. Das Verbundprojekt PRiMaT befasst sich mit der ganzheitlichen, prozessorientierten Risikobetrachtung von Spurenstoffen und Krankheitserregern aus Sicht der Trinkwasserversorgung. Neben der Beschreibung von Quellen und Ausbreitungsszenarien von Spurenstoffen und Krankheitserregern in Wassereinzugsgebieten werden bestehende technische und organisatorische Maßnahmen zur Risikominderung überprüft und optimiert. Dies schließt eine enge Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wasserversorgung, Industrie und Forschung mit ein. Eine grundsätzliche Regelung der ­Bewertung von neuen Schadstoffen ist zwingend notwendig. Auf europäischer Ebene werden derzeit durch Neuregelungen im Umweltbereich (Europäische Wasserrahmenrichtlinie und Tochterrichtlinien) und im Stoffrecht (REACH) erste Schritte ini­tiiert. Ab wann ein Stoff als toxisch eingestuft werden kann und wie mit Stoffen umgegangen werden soll, die nicht identifiziert werden können, wird in dem Verbundprojekt Tox-Box untersucht. Als Grundlage für diese Risikobewertung dient der gesundheitliche Orientierungswert (GOW). Zur Vorbeugung von Hygienemängeln in Trinkwasserhausinstallationen vor allem durch Legionellen ist eine regelmäßige Überprüfung gesetzlich verankert. Um die Hygienesituation in Trinkwasserhausinstallationen besser und schneller bewerten zu können, werden in dem Verbundprojekt RiMaTH verschiedene Untersuchungstechniken miteinander verknüpft und weiterentwickelt. Ein technisches Ziel ist die ­Evaluierung und Implementierung von mini­aturisierten (chipbasierten) molekularbiologischen Methoden sowie der Einsatz der Raman-Spektroskopie. Bei der Ergebnis­verwertung spielen die Kommunikation mit zuständigen Gesundheitsbehörden sowie Bildungsangebote für die Anwendung von molekularen Schnellmethoden eine wesentliche Rolle.

Urbane Räume als Eintragsquellen

Doch welche Eintragsquellen können identifiziert werden? Von zentraler Bedeutung sind das Vorkommen und der Transport von Spurenstoffen und Krankheitserregern in urbanen Räumen. Mit diesem Themenschwerpunkt befassen sich die Verbundprojekte ASKURIS, ANTI-Resist und SAUBER+. Am Beispiel der Stadt Dresden werden in dem Verbundprojekt ANTI-Resist die Einträge von Antibiotika und die Bildung von Antibiotikaresistenzen von der Ein­nahme bis zum Klärwerk untersucht. Das Ziel ist es, geeignete Strategien zur Minderung des Eintrags und der möglichen Resis­tenzbildungen zu konzipieren sowie Monitoring- und Frühwarnsysteme zu entwickeln. In den kommenden Jahren ist z.B. in Berlin mit einem geringeren Abfluss sowie einer verminderten Grundwasserneubildung durch Temperaturerhöhung und Wasserknappheit infolge des Klimawandels zu rechnen. Eine mögliche Konzentrations­zunahme an Pharmaka im Abwasser wird durch den demografischen Wandel verstärkt. Um dem entgegenzuwirken und die derzeitig hohe Qualität des Berliner Wassers zu sichern, werden in dem Verbundprojekt ASKURIS die Leistungsfähigkeit der technischen und natürlichen Barrieren geprüft und weitere technische Maßnahmen hinsichtlich ihrer ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit bewertet. Ein besonderer Aspekt dieses Themenschwerpunktes ist die Untersuchung von Abwässern aus Einrichtungen des Gesundheitswesens (u.a. Krankenhäuser, Pflegeheime etc.). Welche pharmazeutischen Wirkstoffe und Krankheitserreger aus unter­schiedlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens in die aquatische Umwelt eingeleitet werden, wird in dem Verbundprojekt SAUBER+ verifiziert. Um diese gezielt aus dem Wasserkreislauf zu entfernen, werden die Behandlung der Abwasserströme mit verschiedenen Technologien überprüft und geeignete Betriebsstrategien entwickelt.

Diffuse Einträge in die Umwelt

Spurenstoffe gelangen häufig über den Abwasserpfad in die aquatische Umwelt, doch wie gelangen anthropogene Spurenstoffe und Krankheitserreger auf diffusem Weg in den Wasserkreislauf? In dem Verbundprojekt RiskAGuA werden das Ausmaß der Ausbringung und die Persistenz von Veterinärpharmaka, pathogenen Mikro­organismen sowie deren Resistenzen bestimmt. Diese gelangen durch feste und wässrige Abfälle aus der Viehmast in den Boden und letztlich in Grund- und Ober­flächenwässer. Neben den natürlichen werden auch künstliche Bar­rieren wie Biogas-, weitergehende Abwasser- und Abfallanlagen untersucht. Dabei stellt sich die Frage, ob durch diese eine weit­gehende Rückhaltung möglich ist. Weiterhin wird deren Umweltverhalten im Boden, Grund- und Oberflächenwasser bestimmt. Am Beispiel der Gallusquelle auf der Schwäbischen Alb soll im Verbundprojekt AGRO ein Werkzeug zum prozess­basierten Risikomanagement von Spurenstoffen und Krankheitserregern für einen Karstgrundwasserleiter im Einzugsgebietsmaßstab erarbeitet werden. Neben Süßstoffen werden auch einzugsgebietsrelevante Pestizide und Pharmaka gemessen. In Zusammenarbeit mit Apotheken, Landwirten und Landesämtern vor Ort wurde eine erste Substanzauswahl zusammengestellt. Die mikrobielle Belastung der Gallusquelle wird mithilfe von Microbial Source Tracking (MST) bestimmt.

Belastungen aus Kläranlagen

Neben diffusen Quellen sind punktuelle Einträge, überwiegend aus Kläranlagenabläufen, für Belastungen in Oberflächengewässern und Wassereinzugsgebieten verantwortlich. Um die Einträge zu minimieren und eine hohe Gewässergüte zu erreichen, sollen die verschiedenen Reinigungsstufen bzw. deren Abfolge in Abwasserbehandlungsanlagen optimiert und erweitert werden. Vor diesem Hintergrund wird im Verbund­projekt TransRisk eine Risikocharakterisierung durchgeführt, die eine umweltchemische, (öko)toxikologische und mikrobielle Bewertung unterschiedlicher Abwasserbehandlungsverfahren umfasst. Ein Schwerpunkt liegt besonders auf der Charakterisierung der Transformationsprodukte, die durch oxidativen Abbau aus Spurenstoffen hervorgehen. Ziel ist es, ein handlungsorientiertes Risikomanagementkonzept für die Beispielregion Donauried zu erarbeiten. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Verbundprojekt SchussenAktivplus. Neben Wasser- und Sedimentproben werden auch Fische und Kleinstlebewesen entlang der Schussen im Bodenseeeinzugsgebiet untersucht. Die Aufrüstung der Kläranlagen und Regenwasserentlastung zeigen bereits erste Erfolge. An den Kläranlagen Eriskirch und Langwiese sowie beim Retentionsboden­filter Tettnang wurde eine hohe Rückhalte­effizienz von E.coli und intestinalen Enterokokken von bis zu drei Zehnerpotenzen gemessen. Der hygienische Anspruch an Gewässer ist nicht nur für die Trinkwasserversorgung wichtig, sondern auch für die Nutzung von Gewässern als Naherholungsgebiet und zum Baden. Welchen hohen Stellenwert die Qualität des Bade- und Trinkwassers für die Bevölkerung in Deutschland besitzt, zeigen bereits erste soziale Studien im ­Rahmen des Verbundprojektes Sichere Ruhr. Das seit Jahren ausgesprochene Badeverbot an der Ruhr hindert die Anwohner nicht daran, sich darüber hinwegzusetzen. Um eine Minderung des mikrobiellen Eintrags an Kläranlagenabläufen gewährleistet zu können, werden hierzu Untersuchungen u.a. an der Kläranlage Essen-Süd durchgeführt. Die Ergebnisse werden zeigen, ob das Baden, wenn auch nur temporär, in der Ruhr in Zukunft möglich sein wird.

Foto: © didierc - Fotolia.com

Stichwörter:
Trink­wasser, Oberflächengewässer, Gewässern, RiSKWa, Trinkwasserqualität

L&M 6 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2013.
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