Gesundheit & Prävention
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Wie sich Tumoren einer erfolgreichen Arzneimittelbehandlung entziehen
Wie sich Tumoren einer erfolgreichen Arzneimittelbehandlung entziehenKrebszellen auf der Überholspur?Die Diagnose Krebs ruft in der Regel bei den betroffenen Patienten tiefe Bestürzung und große Ängste hervor. Und dies ist häufig nur zu berechtigt, bedenkt man die Konsequenzen einer solchen Nachricht. Typischerweise werden diese Patienten einer langwierigen und mit gravierenden Nebenwirkungen behafteten zytostatischen Therapie unterzogen. Deren Erfolg ist allerdings bei Weitem nicht garantiert.
Die Tumorzelle verfügt über ein großes Repertoire an Mechanismen, die sie vor den schädigenden Einflüssen von Zytostatika schützt. Die meisten Arzneistoffe, die zur Bekämpfung einer Tumorerkrankung eingesetzt werden, müssen in die Tumorzelle aufgenommen werden. Dort interagieren sie mit Zielstrukturen, die für die Tumorzelle überlebenswichtig sind. Ein Mechanismus der Zytostatika-Resistenz besteht darin, die aktive Konzentration des Zytostatikums in der Zelle zu verringern. Dies kann durch eine Reduktion spezifischer Aufnahmetransporter, durch eine enzymatische Inaktivierung oder eine verminderte Bioaktivierung des Zytostatikums sowie durch eine gesteigerte Aktivität von Auswärtstransportern geschehen. Des Weiteren können qualitative und quantitative Veränderungen der Zielstruktur zu Resistenzentwicklungen führen. Eine vermehrte Bildung des Zielmoleküls kann ebenso eine Wirkminderung verursachen wie eine Veränderung der Struktur des Aktiver Auswärtstransport von Arzneistoffen
Die Familie der ABC-Transporter kodiert für etwa 50 humane, strukturell verwandte Transmembranproteine. Die wichtigste Gemeinsamkeit der ABC-Transporter liegt in der hoch konservierten ATP-Bindungsdomäne, die für die aktive Transportfunktion unerlässlich ist und der Proteinfamilie ihren Namen „ATP-binding-cassette (ABC)-Transporter“ gegeben hat. Die Transportproteine werden aufgrund struktureller Ähnlichkeiten in die sieben Unterfamilien ABCA bis ABCG eingeteilt. Eine tumorbiologisch interessante Untergruppe stellt die der „Multidrug resistance associated proteins“ (MRPs) der ABCC-Familie angehörenden MRP4 (ABCC4), MRP5 (ABCC5) und MRP8 (ABCC11) dar. Diese Transporter bestehen aus zwei ATP-Bindungsdomänen, die jeweils einer die Membran sechsfach durchlaufenden Transmembrandomäne folgen (Abb. 2A). Sie setzen sich von anderen Vertretern der Transportproteine dadurch ab, dass sie Resistenzen gegen die Zytostatika-Klasse der Antimetaboliten erzeugen [1,2]. Therapieregime, die Antimetaboliten wie 5-Fluoruracil oder Cytarabin enthalten, stellen für einige Tumorarten wie das Pankreaskarzinom oder akute Leukämien eine wesentliche Therapieoption dar. 5-Fluoruracil ist eine wichtige Stütze bei der Therapie des Pankreaskarzinoms. In Überexpressionsmodellen von Pankreaskarzinomzelllinien kann gezeigt werden, dass der bioaktivierte Metabolit 5-Fluordesoxyuridin- monophosphat durch das Transportprotein MRP5 transportiert wird. Dies hat zur Folge, dass sich diese Substanz weniger stark im Inneren von Zellen anreichern kann, die MRP5 besitzen (Abb. 2B) und somit eine geringere zelltoxische Wirkung erzielt wird [3]. In Pankreaskarzinomgewebe findet man das Transportprotein MRP5 in Tumorzellen vor (Abb. 2C), jedoch variiert die Menge dieses Proteins von einem Patienten zum anderen sehr stark. Es ist daher anzunehmen, dass Patienten, deren Tumorzellen geringe Mengen an MRP5 an ihrer Oberfläche tragen, besser auf eine Therapie mit 5-Fluoruracil ansprechen. Wir haben Pankreasgewebe einer kleinen Gruppe von Patienten mit Pankreaskarzinom im Hinblick auf die Anwesenheit von MRP5 in Tumorzellen untersucht, diese Gruppe in solche mit hoher und niedriger Menge an MRP5 unterteilt und beide Untergruppen hinsichtlich ihres Ansprechens auf die Therapie über die Zeit gegenübergestellt. Störungen in der Leitung von Wachstumssignalen Das Wachstum von Tumorzellen wird häufig durch eine Fehlregulation von Wachstumssignalen bestimmt. Eine in diesem Zusammenhang wichtige Gruppe ist die Familie der epidermalen Wachstumsfaktorrezeptoren (ErbB-Rezeptoren). Sie besteht aus vier Mitgliedern, die sich durch das gemeinsame Vorliegen einer intrazellulären Tyrosinkinaseaktivität auszeichnen. Diese wird durch Bindung eines Liganden und Dimerisierung von Rezeptormolekülen ausgelöst. In der Folge werden weitere intrazelluläre Domänen der Rezeptoren transphosphoryliert, was zu einer Rekrutierung verschiedener Adaptorproteine und einer damit verbundenen Initiierung von Signalwegen führt. Letztlich vermitteln die so angestoßenen Signalwege die für die Tumorzelle charakteristischen Wachstumseigenschaften (Abb. 3A). Strategien zur Blockade dieser Signalaktivierung wurden durch die Entwicklung selektiver, gegen die Ligandenbindungsdomäne der Rezeptoren gerichtete Antikörper sowie durch Hemmstoffe der Rezeptor-Tyrosinkinaseaktivität therapeutisch realisiert [5]. Der relativ guten Verträglichkeit dieser Arzneistoffe standen aber schon von Beginn an rasch eintretende Resistenzentwicklungen gegenüber. Das Signalmolekül Akt scheint dabei eine zentrale Rolle zu spielen, da eine durch genetische Mutationen oder durch den Verlust negativ regulatorischer Proteine wie PTEN verursachte Überaktivierung zu einer Wirkminderung von Antikörper und Tyrosinkinasehemmstoff führte (Abb. 3B) [6,7]. Ein weiterer Mechanismus der Resistenzentwicklung ist die Rekrutierung anderer Rezeptoren der Familie zur Bildung so genannter Heterodimere. Untersuchungen an einem Tiermodell, in dem Resistenzen gegen den gegen ErbB2 gerichteten Antikörper Trastuzumab in ErbB2- überexprimierenden Brusttumorzellen erzeugt wurden, zeigten, dass die Rekrutierung und Aktivierung von ErbB1/EGFR in ErbB2/EGFR-Heterodimeren die Hemmung der Signalwege durch den Antikörper vollständig überwinden konnten (Abb. 3C) [8]. Screening-Verfahren zur Identifizierung von Resistenzmechanismen Es ist in der Regel nur schwer möglich vorherzusagen, wie viele und welche Mechanismen eine Tumorzelle aktiviert, um sich den zelltoxischen Einflüssen eines Arzneistoffs zu entziehen. Zudem kennen wir bisher nur einen Ausschnitt aller möglichen Mechanismen der Resistenzentstehung, sodass Verfahren notwendig sind, die Resistenzmechanismen frühzeitig und zellbiologisch möglichst umfassend identifizieren. Die Entwicklung hoch sensitiver proteomanalytischer Methoden erlaubt inzwischen solche Untersuchungen an Tumorgewebe, Zelllinien und Proteinkomplexen (Abb. 4). So konnten etwa in einem Mausmodell inkomplexe Proteinmuster gefunden werden, die gegen zielgerichtete Arzneistoffe therapieresistente von -sensitiven Tumoren unterscheiden [9]. Ähnlich lassen sich Veränderungen im Proteom als Antwort auf die Behandlung von Zelllinien mit zytotoxischen Arzneistoffen bestimmen [10]. Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich derzeit mit einer Methode, Wachstumsfaktorrezeptoren mit deren assoziierten Adaptorproteinkomplexen mittels spezifischer Antikörper, die an magnetische Partikel gebunden sind, zu isolieren. Durch die Charakterisierung des Adaptorproteinmusters sollen im Sinne eines systembiologischen Ansatzes Kenntnisse über den Aktivierungsstatus von Signalwegen unter bestimmten biologischen Bedingungen wie etwa einer Resistenzentwicklung erhalten werden. Fazit
Die möglichen zellulären Mechanismen, die zu Resistenzentwicklung von Tumorzellen beitragen, sind sehr vielfältig und hängen sowohl von der Tumorart als auch von den eingesetzten Arzneistoffen ab. Daher Abb. 1: Schematische Darstellung möglicher zellulärer Resistenzmechanismen. Etliche Zytostatika gelangen erst über einen aktiven Transport in die Tumorzelle (1). Die Höhe der intrazellulären Konzentration wird neben der Aktivität des Einwärtstransporters durch den Grad des Abbaus (2) oder des Auswärtstransports (3) bestimmt. Eine Wirkminderung des Zytostatikums kann zudem durch Überexpression (4) oder Mutation der Zielstruktur (5) oder durch die Bildung einer alternativen Struktur (6) verursacht werden. Gelangt das Zytostatikum an seine Zielstruktur, kommt es zur Auslösung von Apoptose. Dies kann schließlich durch die Aktivierung apoptosehemmender Signale durch die Tumorzelle verhindert werden (7). Abb. 2: Einfluss von Transportproteinen auf die Therapie von Tumorerkrankungen.
A Angenommene Topologie ausgewählter ABCC-Transportproteine. Die Transporter bestehen aus je zwei transmembranären Domänen (TMD) und nukleotidbindenden Domänen (NBD). NH2 – aminoterminales, COOH – carboxyterminales Ende des Proteins, CHO – Glykosylierungsstelle.
Abb. 3: Signalaktivierung durch Rezeptor-Tyrosinkinasen der ErbB-Familie und Mechanismen der Resistenz gegen ErbB-Rezeptor-Tyrosinkinasen gerichtete Arzneistoffe. Abb. 4: Proteomanalytische Methoden zur Identifizierung von Mechanismen der Resistenzentwicklung in Tiermodellen, Zelllinien und subzellulären Strukturen.
Literatur |
L&M 2 / 2011Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download Der Autor:Weitere Artikel online lesenNewsSchnell und einfach die passende Trennsäule findenMit dem HPLC-Säulenkonfigurator unter www.analytics-shop.com können Sie stets die passende Säule für jedes Trennproblem finden. Dank innovativer Filtermöglichkeiten können Sie in Sekundenschnelle nach gewünschtem Durchmesser, Länge, Porengröße, Säulenbezeichnung u.v.m. selektieren. So erhalten Sie aus über 70.000 verschiedenen HPLC-Säulen das passende Ergebnis für Ihre Anwendung und können zwischen allen gängigen Herstellern wie Agilent, Waters, ThermoScientific, Merck, Sigma-Aldrich, Chiral, Macherey-Nagel u.v.a. wählen. Ergänzend stehen Ihnen die HPLC-Experten von Altmann Analytik beratend zur Seite – testen Sie jetzt den kostenlosen HPLC-Säulenkonfigurator!© Text und Bild: Altmann Analytik ZEISS stellt neue Stereomikroskope vorAufnahme, Dokumentation und Teilen von Ergebnissen mit ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508ZEISS stellt zwei neue kompakte Greenough-Stereomikroskope für Ausbildung, Laborroutine und industrielle Inspektion vor: ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508. Anwender sehen ihre Proben farbig, dreidimensional, kontrastreich sowie frei von Verzerrungen oder Farbsäumen. © Text und Bild: Carl Zeiss Microscopy GmbH |