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L&M-3-2008 > Saharastaub

Saharastaub

Quelle des Lebens für Mikroben im Meer

Für einige Mikroben des Meeres, die in Bereichen leben, in denen es sehr wenig Nährstoffe gibt, ist jedes Staubteilchen das vom Himmel fällt von Nutzen. Mineralhaltiger Staub, der aus Dürregebieten stammt, kann vom Wind über tausende Kilometer weit von seinem Ursprungsgebiet entfernt getragen und auf der Oberfläche des Ozeans abgelagert werden. Die mineralhaltigen Staubpartikel, welche aus der Sahara stammen, sind besonders reich an Eisen.

Diese Partikel können unterwegs eine beträchtliche Menge an Stickstoff adsorbieren, so viel, dass der Eintrag von Stickstoff durch atmosphärische Ablagerungen auch eine wichtige Quelle dieses wichtigen limitierenden Nährstoffes für die Oberfläche des Ozeans ist (siehe „Science“-Studie, 2008). Deren aerosoler Transport stellt einen der wichtigsten Mechanismen für Eiseneinträge in Oberflächenwasser von weit entfernten ozeanischen Gebieten dar (Abb. 1).
Eisen, obwohl auf der Erde reichlich verfügbar, ist in Meerwasser nur in geringer Konzentration vorhanden, woraus eine geringe biologische Verfügbarkeit für die mikrobielle Gemeinschaft resultiert. In allen lebenden Organismen ist Eisen ein essenzieller Mikronährstoff, notwendig als Kofaktor in vielen Enzymen, beteiligt in Stoffwechselvorgängen wie Photosynthese, Atmung und Stickstofffixierung. Ein Schwerpunkt unserer Forschungen während der vergangenen Jahre war und ist die Untersuchung des Einflusses von Staub, welcher die marine mikrobielle Gemeinschaft mit essenziellen Mikronährstoffen beliefert. In früheren Untersuchungen beschäftigten wir uns hauptsächlich mit dem Effekt der Eisenlimitierung auf das Wachstum der Kieselalgen (Diatomeen). Mit dem Wechsel nach 11-jähriger Forschungstätigkeit in den USA an das Leibnitz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel und den damit verbundenen besseren Arbeitsbedingungen änderte sich der Schwerpunkt unserer Forschung hin zu Untersuchungen an marinen Diazotrophen –(stickstofffixierenden) Cyano bakterien. Marine Diazotrophe sind Mikroben, die Luftstickstoff fixieren können. Diese Organismen sind besonders gut an oligotrophe Regionenange passt, in denen das Angebot an gelöstem Stickstoff (meist Ammonium und Nitrat) sehr gering ist.

Obwohl die studierten Klassen von Organismen unterschiedlich sind (Bakterien vs. Diatomeen), blieb die Fragestellung ähnlich, fokussiert auf die Rolle von Eisen als ein essentieller Nährstoff für das Wachstum von marinen diazotrophen Bakterien. Unsere Vorgehensweise ist eine Kombination von Laborexperimenten und Feldversuchen. In den Laborexperimenten konzentrieren wir uns hauptsächlich auf das filamentöse heterocystenlose Cyanobakterium Trichodesmium erythraeum, eine der weltweit bedeutendsten marinen Diazotrophen. Dieses Cyanobakteriumhat eine optimale Wachstums temperatur von 28 °C, kann aber auch bei Temperaturen von 24 bis32 °C wachsen und bildet oft große Oberflächen- Blüten unter ruhigen Bedingungen im offenen Ozean subtropischer und tropischer Gewässer. Die Feldforschung hingegenkonzentriert sich auf die Diversität und Verteilung von marinen Diazotrophen. Durch den Einsatz von degenerierten Primern zur Amplifizierung von nifH-Genenaus natürlichen diazotrophen Gesellschaften, hat die Doktorandin Rebecca Langlois bereits deren Verteilung für einen großen Bereich des Nordatlantiks charakterisiert.

Das nifH-Gen, welches die Eisen-Untereinheit (Dinitrogenase Reduktase) des Nitrogenase Enzyms kodiert, enthält sowohl hoch konservierte als auch variable Regionen. Es eignet sich deshalb gut als Markergen fürphylogenetische Analysen. Wir fanden heraus, dass einige der höchst abundanten einzelligen diazotrophen Cyanobakterien nicht in Kulturen gehalten werden konnten(Langlois et al. 2005) und als Konsequenz daraus, außerin ihren natürlichen oligotrophen (nährstoffarmen) Standorten im offenen Ozean, nicht so leicht zu untersuchen waren.

Ausgehend davon, dass der tropische Nordatlantik eine der Meeresregionen der Welt ist, welche die höchsten Ablagerungen an Staub erhält (Abb. 1), würde man annehmen, dass die Menge an Eisen, welche die mikrobiellen Gemeinschaften erhalten, ausreichend ist, um deren Wachstumsraten zu sättigen. Während einer Forschungsfahrt auf FS Meteor konnten wir zeigen, dass für marine Diazotrophen dies nicht immer der Fall ist. Experimente mit Nährstoffzugaben wurden durchgeführt um die Auswirkung von anorganischem Stickstoff (NH4 zusammen mit NO3), Phosphor, und Eisen auf die natürlichen mikrobiellen Gemeinschaften zu überprüfen durch Anwendung einer komplett faktoriellen Konstruktion mit13 Kombinationen. Die Vorgehensweise, die wir bei dieser und bei nachfolgenden Forschungsreisen wählten, war nicht neu. Sie wurde schon früher erfolgreich angewandt um bevorzugte Nährstoffquellen von natürlichen Phytoplankton-Gemeinschaften ausfindig zu machen. Neu jedoch ist die Größenordnung des experimentellen Aufwands. Die Resultate der unterschiedlichen Nährstoffzugaben in Bioassay-Experimenten zeigten, dass Stick
stofffixierungsraten von marinen Diazotrophen durch Eisen und Phosphor co-limitiert sind und durch Staubdeutlich stimuliert werden.

Durch unsere Studien konnten wir bestätigen, dass die Primärproduktion über den ganzen tropischen und subtropischen Nordatlantik Stickstoff-limitiert ist. Durch die phylogenetischen Informationen, die wir während mehrerer Forschungsfahrten auf der Meteor gewannen, konnten wir spezifische TaqManSonden* für die 7 dominierenden Gruppen von Diazotrophen, die im Nordatlantik entdeckt wurden, entwickeln und nutzten Real-Time qPCR (quantitative Polymerase Kettenreaktion), um eine quantitative Abschätzung über die nifH-Abundanz für jede der getesteten Phylotypen zu erlangen. Wir fanden heraus, dass es eine positive Korrelation zwischen Staubablagerungen und der Abundanz an Diazotrophen gibt. Diese positive Assoziation mit Saharastaub-Ablagerungen ist besonders wichtig für Trichodesmium. In Laborversuchen hat sich gezeigt, dass Staubpartikeleinfach im Knäuel der Filamente von Trichodesmium Kolonien eingefangen werden (siehe Centerfoldbild). Zurzeit wissen wir nicht genau, ob Trichodesmiumnicht noch mehr als nur gelöstes Eisen aus dem Staub gewinnt.

Abbildung: Cyanobakterien (Trichodesmium) zusammen mit Partikeln von beigegebenem Saharastaub im Laborexperiment © Julie LaRoche

Obwohl es einen deutlichen saisonalen Zyklus für das Aufkommen von Sandstürmen aus der Sahara gibt (Abb. 2), mit wenigem und hohem Vorkommen im Juli beziehungsweise Januar, war es bisher nicht möglich die Reaktionszeit auf Staubeinträge abzuschätzen, geschweige denn die Auswirkung von Jahreszeiten. Bisher wurden alle Feldversuche auf Forschungsfahrtendurchgeführt, die nicht spezifisch auf diese neuen Fragen ausgerichtet waren. Als Teil des EU-Projektes TENATSO,hat das IFM-GEOMAR, in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Kap Verde, die Grundlage für ein Meeresobservatorium (ocean time series sites, OTS) vor der Insel Sao Vincente geschaffen. Die Islandia,eine kleines, hochseetüchtiges Schiff, das saniert wurde um die Probennahme an der OTS zu ermöglichen, gestattet uns nun, mehr detailliertere Experimente über die Rolle des Staubes auf die mikrobielle Gemeinschaft im Allgemeinen und im Besonderen auf die der diazotrophischen Gesellschaften durchzuführen. Desweiteren wurde ein atmosphärisches Observatorium auf derselben Insel geschaffen, bei gleichwertigem Beitrag von britischen und deutschen Partnern. Schaut man sich eine Karte zu Staubablagerungen über den Ozeanen der Welt an und dazu die strategische Position der Station auf Kap Verde im Vergleich zu der fernen Hawaii Station im Pazifik(Hawaii Ocean Time-series Study, HOTS) und der Station in der Nähe der Bermudas (Bermuda Atlantic Timeseries Study, BATS), kann man die Relevanz der Kap Verde Station auf die Erforschung der Wirkungsweise von Staub auf die mikrobiellen Gemeinschaften erkennen. Die Möglichkeit unsere Resultate mit denen von zwei der besten OTS zu vergleichen und ihnen gegenüberzustellen ist in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung.

Als Teil des BMBF finanzierten Projekts SOPRAN haben Dr. Philipp Raab und ich bereits wissenschaftliche Geräte für einen zukünftigen groß angelegten Feldversuch im Sommer diesen Jahres in Mindelo auf Sao Vicente installiert. Für Juli haben wir vor, einen Monat am Meeresobservatorium auf den Kapverdischen Inseln zu verbringen, um Biossay- Experimente mit Nährstoffzugaben und vielfältige andere Messungen durchzuführen, in der Hoffnung mehr über die Rolle des Saharastaubes auf das Wachstum der Diazotrophen während der Saison mit niedrigen Staubablagerungen zu erfahren. Ähnliche Studien sind für die Saison mit hohen Staubablagerungen im Januar geplant.

jlaroche@ifm-geomar.de

* TaqMan Sonden sind einzelsträngige Oligonukleotide, die
inmitten eines Amplicons binden können und mit einem
Fluorophor und einem Quencher in einem Abstand von 3 bis
etwa 30 Basen versehen sind. Im Zuge der Amplifikation
wird diese Sonde durch eine mit der Taq Polymerase assoziierte
doppelstrangspezifische Nukleaseaktivität hydrolysiert,
so daß die Minderung der Fluoreszenz durch die
räumliche Trennung vom Quencher aufgehoben wird – das
Fluoreszenzsignal steigt.

Foto: © Prof. Dr. Julie LaRoche

L&M 3 / 2008

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 3 / 2008.
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