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L&M-5-2008 > Lichttherapie

Lichttherapie

Psychophysiologische Lichtwirkungen

Möglicherweise haben Sie schon selbst am eigenen Leib gespürt was es heißt, unter chronischem Lichtmangel zu leiden. Sie fühlen sich müde, Ihr Körpergewicht steigt und Ihre Stimmung ist getrübt. 10 % aller Menschen der westlichen Welt erleben diesen Zustand im Herbst. Fachleute sprechen dann von einer saisonal abhängigen Verstimmung und sehen die Ursache im Lichtmangel.

In den modernen klinischen Alltag hat die Behandlung mit Licht schon vor über 25 Jahren Einzug gehalten. So werden gegenwärtig Menschen, die unter Herbst- und Winterdepressionen, Schlafstörungen, (Alzheimer-) Demenz, Ess-Brechsucht oder unter dem prämenstruellen Syndrom leiden, erfolgreich mit Licht allein oder in Kombination mit einem Medikament behandelt. Ebenso wird Lichttherapie im außerklinischen Kontext mit bedeutenden Erfolgen zur Reduktion von Jet-Lag-Symptomen nach Langstreckenflügen oder zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit bei Nachtschichtarbeit eingesetzt. Licht dient dem Sehen. Licht übt aber ebenso eine starke Wirkung auf die menschliche Gesundheit aus. Spezifische Lichtintensitäten und Lichtfarben fördern sowohl akut als auch längerfristig die kognitive Leistungsfähigkeit, beeinflussen das soziale Verhalten und die emotionale Gestimmtheit und stimulieren den menschlichen Hormonhaushalt und basale Körperfunktionen wie den Herzschlag, den Blutdruck und die Körpertemperatur. Die Forschungsabteilung des Lichtplanungsbüros Bartenbach führt seit nunmehr über 30 Jahren Studien zum Thema Einfluss des Lichtes auf den Menschen durch. Die Erkenntnisse dieser Studien werden in den Lichtplanungen umgesetzt, in Publikationen und Vorträgen der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt oder den Studenten der Lichtakademie Bartenbach gelehrt. Gegenwärtig arbeitet das Bartenbach Lichtlabor intensiv an den drei folgenden Forschungsthemen: Abendlicht für den arbeitenden Menschen Raumlicht als Medizin Die Interaktion von Licht und Materialoberflächen Jedem Menschen „leuchtet“ ein, dass helles Licht am Abend die Wachheit und Arbeitsfähigkeit steigert. Helles Licht macht den menschlichen Körper glauben, dass es Tag ist. Nun starten gerade in den Nachtstunden lebensnotwendige Regenerationsprozesse im Körper. Eine Störung mit hellem Licht unterbricht, verlangsamt und verzögert diese Prozesse und beeinträchtigt nach aktuellen Studien maßgeblich die Gesundheit. Zur Entschärfung dieser Problematik entwickelte das Bartenbach Lichtlabor eine Nachtbeleuchtung, welche trotz nächtlicher Aktivität physiologische Regenerationsprozesse bestmöglich unbeeinträchtigt lässt. Gegenwärtig arbeitet das Bartenbach Lichtlabor des Weiteren an der Entwicklung von Raumbeleuchtungen mit lichttherapeutischer Wirksamkeit. So soll zukünftig Menschen, die unter chronischem Lichtmangel leiden, mit einer speziellen Innenraumbeleuchtung geholfen werden. Momentan laufen zu dieser Thematik vier klinische Studien, die die Wirkungen einer derartigen Beleuchtung auf Menschen mit chronischen Rückenschmerzen (jeder siebte Arbeitsunfähigkeitstag wird durch Rückenschmerzen verursacht), älteren Menschen mit leichten kognitiven Einschränkungen (15 % aller Menschen über 65 Jahren leiden darunter), Frauen im Wochenbett (ca. 50 % aller Wöchnerinnen leiden unter Wochenbettdepressionen) und Frauen mit einer künstlich induzierten depressiven Verstimmung (ca. 10 % aller Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens einmal an einer behandlungswürdigen Depression) im Detail untersuchen.

Neben klinischen Studien zu den Wirkungen von Licht zählen auch wahrnehmungspsychologische Untersuchungen von Licht- und Raumstimmungen auf den Menschen gegenwärtig zu den Forschungsschwerpunkten. Zurzeit wird weltweit auf einzigartige Weise die Interaktion von Licht und Materialoberflächen untersucht. So werden in einer bereits seit 2 Jahren laufenden Studie die kognitiven, visuellen, physiologischen und emotionalen Wirkungen von farbigen Raumbegrenzungsflächen mit psychophysiologischen Messmethoden quantifiziert. Ein kleiner Ausschnitt dieser Untersuchung befasst sich dabei mit einer äußerst interessanten Fragestellung: Welche Auswirkungen haben Räume, die physikalisch dasselbe Licht ins Auge der Probanden bringen, sich jedoch optisch absolut unterscheiden? Hinter dieser Fragestellung verbirgt sich ein wesentlicher Grundgedanke der Lichtplanungsphilosophie des Bartenbach Lichtlabors, nämlich dass der Mensch Licht nicht sieht, sondern sichtbar macht. Ziel dieser Forschungsarbeit ist es, wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für die Beleuchtung und die Wahl von Raumoberflächen in Abhängigkeit vom Raumnutzungstyp geben zu können. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Licht ausschließlich dem Sehen dient. Licht lässt leben. So wird dem modernen Menschen auf vielfältige Weise nahegelegt, aktiv Maßnahmen zur Erhaltung seiner Gesundheit zu ergreifen. Konsequenterweise nehmen unzählige Menschen jährlich an Vorsorgeuntersuchungen teil, ernähren sich gesund oder betreiben Sport. Dass eine ausreichende Lichtexposition dazu ebenfalls einen maßgeblichen Beitrag leisten kann, gelangt erst nach und nach ins Bewusstsein der Menschen.

Foto: © Markus Canazei

L&M 5 / 2008

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 5 / 2008.
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