Bio&Biotech
>
Paradigmenwechsel
ParadigmenwechselNachweis von klassischen EHEC und der neu auftretenden, aggregativen EHEC (aEHEC) Variante O104:H4Mit dem im Mai 2011 in Deutschland aufgetretenen Ausbruch an blutigen Durchfallerkrankungen und HUS sind enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) schlagartig in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Der in Deutschland beobachtete Ausbruch war, bezogen auf die Rate der HUS-Erkrankungen, der schwerste EHEC-Ausbruch weltweit. EHEC sind seit 1982 bekannt, das natürliche Reservoir dieser Erreger sind Wiederkäuer. Infektionen des Menschen gehen hauptsächlich von Lebensmitteln aus, die mit Spuren von Tierkot verunreinigt sind. Der neuartige aggregative EHEC O104:H4- Stamm weicht in vielen Eigenschaften von den bisher bekannten EHEC-Stämmen ab. Er ist virulenter als klassische EHEC und Erwachsene sind von Infektionen viel schwerer betroffen als bei anderen EHECTypen. Beim Erregerreservoir läutet EHEC O104:H4 ein Paradigmenwechsel ein. Das Reservoir des neuartigen aggregativen EHEC sind nicht Tiere, sondern der Mensch selbst. Dies hat vielfältige Auswirkungen auf die Prävention und die Surveillance von EHEC-Infektionen und ist eine große Herausforderung für das öffentliche Gesundheitswesen. Entdeckung von EHEC als neuartige Krankheitserreger beim Menschen EHEC als Erreger von hämorrhagischer Colitis (HC) und dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) als lebensbedrohliche Erkrankungen beim Menschen traten erstmals 1982 in das öffentliche Bewusstsein. Eine Häufung von blutigen Durchfallerkrankungen nach Verzehr von Fast Food Hamburgern in den USA wurde mit O157:H7, einem bis dato seltenen Serotyp von E. coli, in Zusammenhang gebracht [1]. Die schweren hämorrhagischen Krankheitsbilder, die bei den Patienten auftraten, wurden auf die von den Bakterien gebildeten Zytotoxine, die Shigatoxine (Stx), oder Verotoxine (VT) bezeichnet werden, zurückgeführt. Aus diesem Grund wurde für die neuartigen Erreger der Begriff enterohämorrhagische E. coli (EHEC) eingeführt. Sind alle Shigatoxin bildenden E. coli (STEC) auch EHEC? Seit der ersten Beschreibung des weltweit am häufigsten beobachteten EHEC-Serotyps O157:H7 wurden hunderte weiterer Serotypen in Zusammenhang mit der Produktion von Shiga Toxinen gebracht. Nicht alle Stx produzierenden E. coli (STEC) verursachen Erkrankungen bei Menschen und nur wenige stehen im gehäuften Zusammenhang mit HC und HUS. Es handelt sich um fünf Serotypen (O26:H11, O103:H2, O111:H8, O145:H28, und O157:H7), deren Vertreter weltweit am häufigsten bei HC- und HUS-Fällen isoliert werden. Diese „gang of five“ genannten Stämme repräsentieren gemeinsam mit wenigen anderen (O118:H16, O121:H19) die Gruppe der klassischen EHEC [2]. Aus hunderten weiterer STEC-Serotypen wurden einige Dutzend als Verursacher von unkompliziertem Durchfall beim Menschen identifiziert, für andere STEC besteht bisher kein nachgewiesener Zusammenhang zu humanen Erkrankungen. Wiederkäuer als natürliches Reservoir von STEC und EHEC Nachdem der Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Fleischprodukten und EHEC- Infektionen erwiesen war, erfolgten Untersuchungen zum tierischen Reservoir der STEC/EHEC. Landwirtschaftliche Nutztiere (Rinder, Schafe und Ziegen) und Wildtiere (Rotwild) erwiesen sich als Hauptquelle des Eintrags von STEC/EHEC in Lebensmittel und in die Umwelt. STEC/EHEC werden von den Tieren mit dem Kot ausgeschieden und können so in Fleisch- und Milchprodukte (Schlachten, Melken), in Feldfrüchte und Obst (Düngung, Boden, Bewässerung) und in die Umwelt (Wasser, Boden) geraten. Die Kontamination von Nahrungsmitteln und Umwelt sowie die direkte Übertragung der STEC/EHEC von Tieren und infizierten Patienten erklärt die Bandbreite von möglichen Infektionsquellen für den Menschen. Untersuchungen am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin zeigten, dass bis zu 10 % beprobter Fleischprodukte mit STEC kontaminiert sein können. EHEC traten jedoch in weniger als 5 % aller STEC-positiven Proben auf. Shigatoxine und weitere Virulenzfaktoren bei STEC und EHEC Die von STEC und EHEC gebildeten Shiga Toxine werden in zwei auptgruppen, Stx1 und Stx2, unterteilt. Stx1 und Stx2 zeigen keine immunologische Kreuzreaktivität. Die enzymatische Wirkung (N-Glykosidasen) der Shiga Toxine beruht auf Hemmung der Proteinbiosynthese bei Säugerzellen, was zu deren Absterben und in Folge zu Nieren- und Hirnschäden führt. Aktuell sind drei Untergruppen von Stx1 (Stx1a, Stx1c und Stx1d) und sieben von Stx2 (Stx2a, Stx2b, Stx2c, Stx2d, Stx2e, Stx2f und Stx2g) bekannt. Diese zeigen charakteristische Sequenzunterschiede, die mit PCR-Verfahren identifiziert werden können. Die Toxinvarianten Stx2a, Stx2c und Stx2d stehen in signifikanten Zusammenhang mit HC und HUS beim Menschen. Um die Gruppe der STEC hinsichtlich ihrer Virulenz für den Menschen beurteilen zu können, wurde das Instrument der molekularen Risikobewertung entwickelt. Hierdurch konnten verschiedene genetische Eigenschaften der STEC mit der Schwere und Häufigkeit von Erkrankungen in Zusammenhang gebracht werden. Herkunft und Eigenschaften von aggregativen EHEC O104:H4 als neu auftretender Erreger von HC und HUS beim Menschen
Der massive Ausbruch von Infektionen mit dem neu auftretenden aEHEC E. coli Nachweis von STEC, klassischen EHEC und aEHEC-Stämmen Aufgrund der phänotypischen Unterschiede zwischen STEC, klassischen EHEC- und aEHEC- Stämmen ist die Bildung von Stx bzw. der Nachweis der Stx-Gene das einzige Merkmal, mit dem alle Vertreter dieser drei Gruppen eindeutig identifiziert werden können. Hierfür wurden zytologische (Verozelltoxizitätstest), serologische (Stx-Immunoassay, Kolonie-Immunoblot) und genetische (PCR, DNA-Sequenzierung, Kolonie-Hybridisierung) Verfahren entwickelt. Im Laborfachhandel sind diagnostische Kits zum Nachweis von Stx bzw. der stx-Gene erhältlich (Abb. 2), die aber nicht alle auf ihre Sensitivität und Spezifität evaluiert worden sind. Während der Stx-Nachweis in der Regel keine Probleme an die Diagnostik stellt, birgt die Anreicherung dieser Keime aus Probenmaterial Hürden, die überwunden werden müssen. Die unterschiedliche Belastung von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln sowie von klinischen und Umweltproben mit einer bakteriellen Begleitflora und die Möglichkeit einer Vorschädigung der in den Proben vorhandenen STEC/EHEC/aEHEC durch physikalisch-chemischen Stress erfordert spezielle Anreicherungsverfahren, die an die jeweilige Matrix angepasst sein müssen. Bei Patienten, bei denen bereits ein HUS aufgetreten ist, sind die Erreger oft schon nicht mehr nachweisbar. Verfahren zur Isolierung von STEC, EHEC und aEHEC O104:H4 aus Untersuchungsmaterial Die Isolierung von STEC und EHEC aus Probenmaterial kann durch eine geringe Zahl vorliegender Erreger und durch große Mengen der bakteriellen Begleitflora erheblich erschwert werden. Als generelle Methode für die Isolierung der Erreger bietet sich die Kolonie-Hybridisierung oder der Kolonie Immunoblot (Laborfachandel) an. Die Durchführung dieser Tests ist jedoch zeit-, kosten- und arbeitsaufwändig, um große Probenzahlen damit zu untersuchen. Eine schnellere und kostengünstigere Alternative zur Identifizierung von EHEC und aEHEC stellen chromogene Medien dar, die deren spezifische Erkennung erlauben. Die bei vielen klassischen EHEC und bei aEHEC O104:H4 vorliegende Resistenz gegen Tellurid ermöglicht den Einsatz selektiver chromogener Medien wie CTSMAC Agar und CHROMagar STEC (Abb. 3). Auf chromogenen Medien werden charakteristische phänotypische Eigenschaften der EHEC angezeigt, wodurch diese schnell erkannt und isoliert werden können. Die bei dem aEHEC O104:H4-Stamm beobachtete Multiresistenz (ESBL) ermöglicht außerdem eine gezielte Selektion dieser Keime auf chromogenen ESBL Medien und Cephalosporin-haltigen CHROMagar O104 Medium (Abb. 3+4). Wie im Fall O104:H4 gezeigt, hilft eine schnelle Charakterisierung neuartiger Erreger, geeignete Instrumentarien zu deren Identifizierung zu entwickeln und einzusetzen.
Literatur |
L&M 4 / 2011Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download Der Autor:Weitere Artikel online lesenNewsSchnell und einfach die passende Trennsäule findenMit dem HPLC-Säulenkonfigurator unter www.analytics-shop.com können Sie stets die passende Säule für jedes Trennproblem finden. Dank innovativer Filtermöglichkeiten können Sie in Sekundenschnelle nach gewünschtem Durchmesser, Länge, Porengröße, Säulenbezeichnung u.v.m. selektieren. So erhalten Sie aus über 70.000 verschiedenen HPLC-Säulen das passende Ergebnis für Ihre Anwendung und können zwischen allen gängigen Herstellern wie Agilent, Waters, ThermoScientific, Merck, Sigma-Aldrich, Chiral, Macherey-Nagel u.v.a. wählen. Ergänzend stehen Ihnen die HPLC-Experten von Altmann Analytik beratend zur Seite – testen Sie jetzt den kostenlosen HPLC-Säulenkonfigurator!© Text und Bild: Altmann Analytik ZEISS stellt neue Stereomikroskope vorAufnahme, Dokumentation und Teilen von Ergebnissen mit ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508ZEISS stellt zwei neue kompakte Greenough-Stereomikroskope für Ausbildung, Laborroutine und industrielle Inspektion vor: ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508. Anwender sehen ihre Proben farbig, dreidimensional, kontrastreich sowie frei von Verzerrungen oder Farbsäumen. © Text und Bild: Carl Zeiss Microscopy GmbH |