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Prof. Dr. Klaus Müller
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NMR Entwicklungen in der Festkörper-Kernresonanz-Spektroskopie
NMR Entwicklungen in der Festkörper-Kernresonanz-SpektroskopieDer magische WinkelSeit der Entdeckung der kernmagnetischen Resonanz (NMR) vor ca. 60 Jahren hat dieses Spektroskopie-Verfahren eine rasante Entwicklung erfahren und spielt heute bei der Strukturaufklärung neuer chemischer Verbindungen eine zentrale Rolle. Wesentliche Voraussetzungen für diese Entwicklung waren die methodische Grundlagenforschung, die ständige Verbesserung der Gerätetechnik und die deutliche Empfindlichkeitssteigerung durch den Einsatz immer stärkerer Magnetfelder.
In der NMR-Spektroskopie bestimmt man in Gegenwart eines starken Magnetfelds die Eigenschaften von Kernspins, die letztlich atomare Stabmagneten darstellen und die durch interne Magnetfelder – von magnetischen Wechselwirkungen mit der lokalen Umgebung – beeinflusst werden. Die klassische Hochauflösungs -NMR Spektroskopie, die für gelöste Probe anwendbar ist, stößt in der Materialforschung an ihre Grenzen, weil dort meist kein geeignetes Lösungsmittel existiert. Hier setzt die Festkörper -NMR -Spektroskopie an, was allerdings spezielleexperimentelle Techniken erfordert [1–3]. Ein Hauptproblemstellen dabei die starken, internen magnetischen Wechselwirkungen dar, die in der Regel zu breiten, strukturlosen und wenig aussagekräftigen NMR-Spektren führen. In den letzten Jahren wurden jedoch große Fortschritte erzielt, sodass einem routinemäßigen Einsatznichts mehr im Wege steht. Als wichtigste Technik sei das MAS („magic angle spinning“)-Verfahren genannt, beidem die sich in einem Zylinder befindende Probe mit Umdrehungszahlen von einigen kHz um eine Achse rotiert, die um den „magischen Winkel“ von 54,7° relativ zum äußeren Magnetfeld gekippt ist (Abb. 1). Dadurch lässt sich ein Teil der an isotropen Wechselwirkungsbeiträge eliminieren, was zusammen mit der meist gleichzeitig verwendeten Spinentkopplung zu einer signifikanten Linienverschmälerung führt. Ebenfalls hervorzuheben ist die Kreuzpolarisation, womit sich eine deutliche Empfindlichkeitssteigerung erzielen lässt. Prekursorkeramiken Binäre, ternäre und quaternäre Prekursorkeramiken weisen gegenüber den auf traditionellem Weg hergestellten Keramiken eine Reihe von Vorteilen auf und lassen sich durch thermolytische Umwandlung geeigneter Prekursorverbindungen bei relativ niedrigen Temperaturen herstellen[4–6]. Im Rahmen einer Kooperation mit dem MPI für Metallforschung (AK Prof. F. Aldinger) beschäftigen wir uns seit mehreren Jahren u. a. mit der strukturellen Charakterisierung quaternärer Si-B-C-N-Keramiken, dieaus Polysilazanen und Polysilylcarbodiimiden hergestellt werden und die sich durch eine außergewöhnliche Hochtemperaturstabilität auszeichnen. Es wurden umfangreiche29Si, 13C, 1H, 11B und 15N NMR –Untersuchungen vorgenommen, mit deren Hilfe sich die strukturellen Veränderungen bei der Keramikherstellung im Detail verfolgen ließen [7–9]. Letztlich konnten mithilfe der gewonnenen Strukturdaten „Keramisierungsmechanismen“, die bei diesem Herstellungsverfahren eine Rolle spielen, postuliertwerden. Für die amorphe Keramik konnte gezeigt werden, dass sie sich aus einer „Si-C-N“-Matrix, amorphem Kohlenstoff und Bornitrid -Domänen zusammensetzt. Bei weiterer Temperaturerhöhung kommt es zu einer Entmischung der „Si-C-N“-Matrix unter Ausbildung von SiC- und Si3N4-Domänen (Abb. 4).Die außergewöhnlichen Hochtemperaturstabilität der Si-B-C-N-Systeme wird sehr häufig auf die Ausbildungeiner „B-C-N“-Matrix - bestehend aus den genannten Bornitrid-Einheiten und dem amorphen Kohlenstoff - zurückgeführt,deren tatsächlicher Aufbau jedoch nicht geklärt ist. Aktuell laufende 11B NMR-Experimente sowie11B-15N- und 11B-14N-Doppelresonanz-Experimente zeigenfür die Si-B-C-N-Systeme deutlich größere B-N- und B-B Abstände als bei reinem hexagonalem Bornitrid, was aufeine strukturelle Unordnung zurückführbar ist [10]. Eine endgültige Festlegung der strukturellen Zusammensetzung der „B-C-N“-Matrix bedarf jedoch noch weitergehender Untersuchungen. Festelektrolyte Nicht-stöchiometrische Oxide, wie Yttrium- stabilisiertes Zirkonoxid (YSZ), sind für ihre Sauerstofftransport- Eigenschaften bekannt und werden z. B. als Festelektrolyt ein SOFC-(„solid oxide fuel cell“) Brennstoffzellen eingesetzt[11,12]. Für diese Materialien werden u. a. verschiedene Beiträge zur Sauerstoffionenleitfähigkeit vom Kornvolumen und von den Korngrenzen diskutiert. Um die Sauerstoffionenbeweglichkeit auf atomarer Ebene zu erfassen, haben wir erstmalig temperaturabhängige 17O Festkörper -NMR-Messungen an mehreren 17O-angereicherten YSZ-Proben zwischen Raumtemperatur und 975 K durchgeführt [13]. Dabei ließen sich über die erhaltenen Spin –Gitter -Relaxationsdaten extremschnelle Sauerstoffionenbewegungen mit Platzwechseländerungen im nm-Bereich nachweisen, die durch die Probenbeschaffenheit unbeeinflusst blieben. Einen deutlichen Einfluss durch die Probenkonstitution wurde beiden NMR-Linienbreiten und den Spin –Spin –Relaxationsdaten beobachtet, die beide auf Bewegungen im mittleren Zeitbereich und auf einer größeren Längenskalaempfindlich sind. Derzeit werden die erzielten Resultate durch zusätzliche Experimente auf eine breitere Basis gestellt. Es wird erwartet, dass es vor allem die länger reichweitigen Bewegungen sind, die für den Vergleich der NMR-Daten mit den Diffusions- und Ionenleitfähigkeitsdaten dieser Proben herangezogen werden können. Hervorzuheben ist, dass die NMR-Spektroskopie eine atomare „Sondentechnik“ darstellt, die die molekulare Umgebung direkt abtastet, während andere Messverfahren zur Ionenbeweglichkeit „Bulkmethoden“ sind.
Literatur Foto: © Prof. Dr. Klaus Müller |
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