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Ionenchromatografische Bestimmung von Kohlenhydraten in Lebensmitteln

Transparenz

Die Bestimmung von Kohlenhydraten spielt aufgrund ihrer Bedeutung als Hauptnährstoffe in der Lebensmittelanalytik eine große Rolle. Dieser Artikel beschreibt eine einfache ionenchromatografische Methode, welche mittels isokratischer Elution und gepulster amperometrischer Detektion (PAD) die Bestimmung sowohl von wasserlöslichen Polyolen und Zuckeralkoholen wie auch von Mono-, Di- und Oligosacchariden in Lebensmitteln ermöglicht. Während die Analyse der meisten Lebensmittel nur eine minimale Probenvorbereitung wie Verdünnung und Filtration erfordert, müssen komplexe Probenmatrices, wie zum Beispiel proteinhaltige Milchprodukte, vor der Probeninjektion dialysiert werden.

Kohlenhydrate oder Saccharide sind die in der Biosphäre am weitest verbreiteten organischen Moleküle. Sie umfassen Monosaccharide (z.B. Glucose, Fructose, Xylose oder Mannose), Disaccharide (z.B. Sucrose, Lactose oder Maltose), Trisaccharide, Oligosaccharide und Polysaccharide. Sie sind physiologische Energieträger und versorgen den Körper mit biochemischer Energie. Damit der Mensch die durch Photosynthese gespeicherte Energie nutzen kann, müssen die Kohlenhydrate metabolisiert werden. Komplexe Polysaccharide sind auch Strukturelemente in Zellwänden von Bakterien und Pflanzen und dienen diesen als Energiereserven. Zudem sind die Zucker Ribose und Deoxyribose Teil des strukturellen Gerüsts der RNA und DNA.
Aufgrund der weiten Verbreitung und der Bedeutung der Kohlenhydrate ist ihre Bestimmung in der biologischen, ökologischen, klinischen und medizinischen Forschung von Interesse. Des Weiteren erfordert die Qualitätskontrolle von Lebensmitteln eine zuverlässige und schnelle Analyse.
Die am häufigsten eingesetzten Analysenverfahren zur Kohlenhydratbestimmung sind die Magnetische Kernresonanzspektroskopie (1H-NMR), Fourier-Transfom-IRSpektroskopie (FT-IR), Polyacrylamidgel- Elektrophorese (PAGE) sowie Gas- und Flüssigkeitschromatografie mit anschließender massenspektrometrischer Detektion. Während spektroskopische Methoden mit hohen Betriebskosten verbunden sind und hochqualifiziertes Personal voraussetzen, erfordern gaschromatografische Verfahren zeitaufwändige Derivatisierungen.
Aufgrund dieser Nachteile wird für Kohlenhydratbestimmungen zunehmend die Hochleistungs- Anionenaustauschchromatografie eingesetzt. In stark alkalischen mobilen Phasen werden Zuckeranionen mittels eines positiv geladenen, starken Anionenaustauscherharzes getrennt. Geringfügige Unterschiede in den pKa-Werten der Kohlenhydrat-Hydroxylgruppen ermöglichen die Trennung der Saccharide. Der empfindliche und direkte Nachweis der getrennten Kohlenhydrate war lange Zeit eine Herausforderung. Während fehlende Chromophore und Fluorophore den Einsatz von UV- und Fluoreszenzdetektoren verhindern, sind Brechungsindexdetektoren wenig empfindlich und für Gradientenanwendungen nicht geeignet. Nachsäulenderivatisierungen ermöglichen zwar die empfindliche spektrophotometrische Detektion, sind allerdings mit arbeitsintensiven und fehleranfälligen Derivatisierungen verbunden. Da Kohlenhydrate elektrochemisch aktiv sind, lassen sich die geschilderten Schwierigkeiten mittels elektrochemischer Detektion an einer Goldelektrode umgehen. Hierzu verwendet man ein Verfahren, das als gepulste amperometrische Detektion (Pulsed Amperometric Detection, PAD) bezeichnet wird. Die Detektion der Analyten erfolgt durch Anlegen einer positiven Spannung E1. Darauf folgt ein stärkerer Impuls E2 zur oxidativen Desorption von adsorbierten Spezies und schließlich ein dritte, negative Spannung E3 zur Reaktivierung der Elektrodenoberfläche.
Der gesamte dreistufige Prozess dauert in der Regel eine Sekunde und wiederholt sich im Sekundentakt, um eine Beeinträchtigung der Elektrode zu verhindern. Neben der Bestimmung von Kohlenhydraten eignet sich die amperometrische Detektion auch zum empfindlichen Nachweis von Aminozuckern, Aminosäuren, biogenen Aminen, schwefelhaltigen Spezies, Alkoholen und diversen Antibiotika. Im Folgenden werden verschiedene Lebensmittelmatrices mittels ionenchromatografischer Trennung und amperometrischer Detektion auf ihren Kohlenhydratgehalt untersucht.

Materialien und Methoden

a) Geräte

871 Advanced Bioscan
838 Advanced IC Sample Processor
833 Advanced IC Liquid Handling Pump Unit
833 Advanced IC Liquid Handling Dialysis Unit
818 Advanced IC Pump.

Die Geratesteuerung, Datenerfassung und -verarbeitung wurde mit der Software Metrodata IC Net (Metrohm AG) durchgefuhrt.

b) Reagenzien und Eluent

Kohlenhydratstandards (reagent grade) stammen von Fluka (Sigma Aldrich, Buchs, Schweiz). Alle Standards und der Eluent wurden mit Reinstwasser mit einem spezifischen Widerstand von mehr als 18 M??cm hergestellt.

Beispiel 1: Kohlenhydratbestimmung in einem Malzextrakt

Die aus gekeimter Gerste isolierten viskosen oder getrockneten Malzextrakte enthalten natürlich vorkommende Enzyme, insbesondere Amylase, welche Stärke in wasserextrahierbare Zucker umwandeln. Malzextrakte zeichnen sich durch ihre hohen Nährwert aus und dienen als Nahrungszusatz für Kleinkinder und ältere Personen. Sie sind zudem ein sehr wichtiger Zusatz in Kinder- und Haustiernahrung, Broten, Instant-Kaffee, Getränken, Eis und Arzneimitteln.

Versuchsdurchführung

Die Probenvorbereitung von Malzextrakten ist einfach und erfordert einzig eine 1:100 Verdünnung. Anschließend kann die Probe direkt injiziert werden.

Ergebnisse

Glucose, Fructose und Sucrose sind in erster Linie für den Süßegrad verantwortlich. Da letztere nicht in nachweisbaren Konzentrationen vorhanden sind, werden Malzextrakte von Verbrauchern „nur halb so süß“ wie die vorwiegend sucrosehaltigen Produkte wahrgenommen. Neben Glucose und Maltose enthält der untersuchte Malzextrakt mehrere Maltooligosaccharide. Das Saccharidprofil der untersuchten Probe entspricht der allgemeinen Zusammensetzung von Malzextrakten.

Beispiel 2: Kohlenhydratbestimmung in Milchprodukten

Im Gegensatz zur einfachen Probenvorbereitung von Malzextrakten ist die Analyse der Kohlenhydrate in proteinhaltigen Milchprodukten etwas anspruchsvoller. Bei Direktinjektion auf die Säule fallen die in Milchprodukten vorhandenen Proteine in der stationären Säulenphase aus und beeinträchtigen Trennleistung und Lebensdauer der Säule. Durch vorgeschaltete Fällungsverfahren wie die Carrez-Fällung kann dies zwar vermieden werden, jedoch ist das Verfahren sehr arbeitsaufwändig, führt zu Mitfällungen, Einschlüssen und einem erhöhten Zuckerabbau. Dagegen kann eine störungsfreie Bestimmung der Kohlenhydrate durch Inline-Eliminierung der unerwünschten Matrixkomponenten mittels Stopped-Flow-Dialyse erzielt werden. Die Technik beruht auf der selektiven Diffusion von Molekülen oder Ionen von einer Lösung (Donator- oder Probenlösung) durch eine Membran in eine andere Lösung (Akzeptor- oder Transferlösung). Die Triebkraft des Transfers ist das Konzentrationsgefälle über die Membran; deren Dicke und Porosität bestimmen die Qualität der Matrixabtrennung. Im Unterschied zu dynamischen Dialysen, bei welchen die beiden Lösungen fortlaufend durch das Dialysemodul strömen, wird bei der Stopped-Flow-Dialyse die Akzeptorlösung gestoppt, bis die Konzentration auf beiden Seiten der Membran gleich ist. Das patentierte Verfahren dauert maximal 14 Minuten und lässt sich direkt an ein IC-System koppeln (Abb. 1). Da die chromatografische Trennung parallel zur Dialyse der nachfolgenden Probe abläuft, verlängert sich die gesamte Analysendauer nur unwesentlich.

Versuchsdurchführung

Zur Herstellung des Dialysats werden 10 g Joghurt in einem Liter Reinstwasser gelöst und anschließend 1:10 (v/v) verdünnt. Die im 838 Advanced IC Sample Processor integrierte Peristaltikpumpe fördert 10 mL dieser Lösung entlang der Dialysemembran, während die Akzeptorlösung in der Dialysezelle verweilt. Dialysierbare Kohlenhydrate migrieren vom Probenstrom in die Akzeptorlösung, wohingegen hochmolekulare Proteinbestandteile auf der Probenseite der Membran verbleiben. Nach beendeter Dialyse wird die Akzeptorlösung zur Probenschleife des Ionenchromatografen geleitet.

Ergebnisse

Abbildung 2 zeigt das Chromatogramm eines Fruchtjoghurt-Dialysats mit den Peaks des Polyols Inositol, des Zuckeralkohols Sorbitol und der Mono- und Disaccharide Glucose, Galactose, Fructose, Lactose und Sucrose. Mehrfachinjektionen ergeben konstante Peakflächen, Peakhöhen und Retentionszeiten und belegen die quantitative Abtrennung der Proteinmoleküle. Die durch den Vergleich von Direktinjektion und Dialyse-IC-Kopplung bestimmten Kohlenhydrat-Wiederfindungsraten zwischen 95 und 105% unterstreichen die quantitative Permeabilität der Membran für die untersuchten Kohlenhydrate.

Beispiel 3: Überblick über Kohlenhydratbestimmungen in verschiedenen Lebensmitteln und Getränken

Das vorgestellte IC-System bietet sehr weitreichende Anwendungsmöglichkeiten für die Bestimmung von Kohlenhydraten in Getränken, Lebens- und Genussmitteln sowie Süßigkeiten. Anders als die oben erwähnte Proteinmatrix in Milchprodukten erfordern die meisten Lebensmittelproben nur Probenvorbereitungstechniken wie Zerkleinern, Verdünnen, Extrahieren, Filtrieren und die Behandlung mit Ultraschall. Darüber hinaus ermöglicht die Stopped-Flow-Dialyse den Nachweis von Kohlenhydraten in Pflanzenextrakten, Blut, Urin, pharmazeutischen Produkten, Sprengstoffen oder Biokraftstoffen.

Schlussfolgerung

Die Hochleistungs-Anionenaustauschchromatografie mit anschließender gepulster amperometrischer Detektion erlaubt die empfindliche Bestimmung zahlreicher Kohlenhydrate in verschiedenen Lebensmitteln. Je nach Matrix stehen unterschiedliche automatisierbare Inline-Probenvorbereitungstechniken zur Verfügung. Während die meisten Lebensmittelproben vor der ionenchromatografischen Trennung lediglich verdünnt, filtriert oder extrahiert werden müssen, bietet sich für komplexere Proben die patentierte Stopped-Flow-Dialyse an.

ast@metrohm.com

Literatur

[1] Cataldi T.R.I., Angelotti M. and Bianco G., Determination of mono- and disaccharides in milk products by highperformance anion-exchange chromatography with pulsed amperometric detection, Anal. Chem., 485 43–49 (2003).

[2] Meyer A., Raba C. and Fischer K., Ion-pair RP-HPLC determination of sugars, aminosugars and uronic acids after derivatization with -aminobenzoic acid, Anal. Chem., 73 2377–2382 (2001).

[3] P. Deepak, Carbohydrate analysis in food products and beverages, Food&Pack, 40 (2002).

[4] Takematsu M.M., Carreira W., Batista F.F., Zanuni L. and Sertek P.A., Quantification of carbohydrates and uronic acids in EUCALYPTUS wood species by ion chromatography with PAD using a gold electrode, Pittcon
2008, http://products.metrohm.com (search for 8.000.6018EN).

L&M 6 / 2010

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2010.
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