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Bienen, Wespen und Hornissen

Bienen, Wespen und Hornissen

Sommergäste

Zum Kerwe-Sonntag Mitte August hatte meine Großmutter immer Gäste zum Nachmittagskaffee, ihre Geschwister wurden mit köstlichem Zwetschgen- und Apfelkuchen bewirtet. Aber auch ungebetene Gäste versuchten, über die Leckereien herzufallen: Wespen, die sich von solch einer Kaffeetafel unwiderstehlich angezogen fühlen.

Mit „Wespen“ sind meist die schwarz-gelb gebänderten Faltenwespen (Vespidae) gemeint, deren häufigste Vertreter die Gemeine Wespe (Vespula vulgaris) und die Deutsche Wespe (Vespula germanica) sind. Viele sind überzeugt, dass diese Insekten ziemlich aggressiv und stechfreudig sind. Am ehesten wird man aber gestochen, wenn man panisch reagiert. Wespen treten erst ab August vermehrt auf (Abb. 1), weil die im Vorjahr verpaarte Jungkönigin als Einzige den Winter überlebt und erst im April mit der Nestgründung beginnt. Auf dem Höhepunkt der Entwicklung, meist Anfang September, kann sich ein Wespenvolk von bis zu 7000 Tieren entwickeln. Wespen-, Bienen- und Hornissengifte (Hymenopterengifte) werden im Giftapparat der Tiere gebildet. Der Stachel der Biene besitzt im Gegensatz zu dem der Wespen und Hornissen Widerhaken, er bleibt nach einem Stich in der Haut hängen und reißt die Giftblase aus dem Tier, das daran stirbt.

Bienengift

Honigbienen (Apis mellifera) injizieren bei einem Stich zwischen 50 – 100 My-Gramm bittere, gelblich opaleszierende Flüssigkeit (Apotoxin), die eine lokale Entzündung, Schwellung und starke Schmerzen zur Folge hat. Das ist normalerweise ungefährlich, kann aber bei Allergikern zu einem anaphylaktischen Schock führen.
Die komplexe Giftmischung besteht aus biogenen Aminen (Abb. 2), Oligopeptiden, und Enzymen. Wichtigster Wirkstoff ist mit fast 80 % das Melittin, ein Peptid aus 26 Aminosäuren (Abb. 3). Das Molekül mit Tensid- Eigenschaften enthält am N-terminalen Ende unpolare, am C-terminalen Ende polare Aminosäuren. Es lagert sich in die Zellmembran ein und bildet dort als Homotetramer für Ionen durchlässige Kanäle. Melittin wirkt hämolytisch und Schmerz auslösend, senkt den Blutdruck, hemmt die Blutgerinnung und ist antibakteriell wirksam.
Das aus 18 Aminosäuren aufgebaute, stark basische Apamin ist zu etwa 2 % im Bienengift enthalten. Es blockiert die Ca2+-abhängigen K+-Kanäle, die für die Repolarisierung der durch Na+-Eintritt depolarisierten Zellen verantwortlich sind und stimuliert die Ausschüttung von Cortison. MCD-Peptid (Mast Cell Degranulating) besteht aus 22 Aminosäuren und ist wie Apamin aufgrund der beiden Cystin-Brücken kugelig gebaut. Es setzt biogene Amine, vor allem Histamin frei und wirkt Schmerz auslösend. Für die allergische Wirkung von Bienengift sind vor allem die Phospholipase A2 , Hyaluronidase, saure Phosphatase und Histamin verantwortlich. Histamin erweitert außerdem die Blutgefäße.

Wespengift

Die Gewinnung von Wespengift ist aufwändig, denn aus jeder Wespe muss der Giftsack einzeln präpariert werden. Die Mischung von Substanzen – etwa 2–5 My-Gramm –, die man bei einem Wespenstich verabreicht bekommt, enthält die für die Schmerzempfindung verantwortlichen Amine Serotonin und Histamin. Serotonin wirkt außerdem auf das Herz- Kreislaufsystem und kann je nach Blutgefäß zu einer Kontraktion oder Relaxation führen. Die Wespen-Kinine bewirken eine Kontraktion der glatten Muskulatur, Blutdruckabfall und eine erhöhte Gefäßpermeabilität. Die wichtigsten Allergene im Wespengift sind das Antigen 5, die Phospholipasen A1 und A2 sowie die Hyaluronidase. Mastoparan, ein Peptid mit 14 Aminosäuren – INLKALAALAKKIL-NH2 – kommt in einheimischen Wespenarten nicht vor und wurde aus dem Gift der brasilianischen Wespe Polybia paulista isoliert (de Souza et al.; Peptides 2009, 1387–1395) isoliert. Dieses und verwandte Toxine sind für die Freisetzung von Histamin, Serotonin und Catecholaminen verantwortlich. Wespen-Kinin führt zur Kontraktion der glatten Muskulatur, ist Blutdruck senkend und stark Schmerz erzeugend.

Hornissengift

Hornissengift enthält neben Histamin, Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin mit 5 % des Trockengewichts die höchste bei einem Lebewesen nachgewiesene Konzentration an Acetylcholin. Alle Substanzen sind Schmerz erzeugend und sogen für Hautrötung, Quaddelbildung und beeinflussen die glatte Muskulatur. Allerdings werden sie im Körper schnell abgebaut. Das Hornissen-Kinin ähnelt dem der Wespen, seine Wirkung auf den Blutdruck und die glatte Muskulatur ist aber geringer. Die Peptide Mastoparan und Crabrolin setzen aus den Mastzellen Histamin und sind damit mitverantwortlich für die starke Schmerzwirkung. Crabrolin ist ein Peptid aus 13 Aminosäuren – FLPLILRKIVTAL-NH –, das antimikrobiell wirkt und hämolytische Aktivität zeigt. Die Enzyme Phospholipase A und B sowie die Hyaluronidase sind die wichtigsten Allergene im Wespen- und Hornissengift. Ein Hornissenstich wird als deutlich schmerzhafter empfunden als ein Bienen- oder Wespenstich. Grund dafür sind die hohen Konzentrationen an biogenen Aminen und Acetylcholin, aber auch die Tatsache, dass das Tier mit seinem längeren Stachel eine tiefere Stichwunde erzeugt. Die Toxizität ist aber z.B. im Vergleich zum Bienengift erstaunlich gering. So wurde bei Tierversuchen mit Mäusen festgestellt, dass die letale Dosis LD50 dort 2,8 mg/kg Körpergewicht beträgt, während Hornissengift lediglich einen Wert von LD50 = 10 mg/kg liefert.

Foto: © Dr. Gehard Schilling

L&M 6 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2012.
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