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Die Biobank der Blutspender ist eine einzigartige Ressource für die Biomarkerforschung

Die Biobank der Blutspender ist eine einzigartige Ressource für die Biomarkerforschung

Spenden für die Zukunft

Die 2006 gegründete „Biobank der Blutspender“ des Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes gemeinnützige GmbH hat sich mit über 4 Mio. Blutproben zu einer der größten Biobanken der Welt entwickelt. Ziel der Biobank ist es, zur Entwicklung neuer diagnostischer und prognostischer Tests im Bereich der Biomarkerforschung beizutragen. Um die oftmals fehlende Ressource an bio­logischem Vergleichsmaterial gesunder Individuen zu decken, hat die Biobank der Blutspender zudem vor Kurzem ein neues Produkt entwickelt, die standardisierten PlasmaRef Panels, Referenzproben gesunder Spender.

Zahlreiche Fortschritte im Bereich der Präven­tion, Diagnose und Therapie, die auf zielführende Resultate aus akademischer und industrieller Laborforschung in Verbindung mit epidemiologischen und klinischen Studien zurückzuführen sind, sind auch ein Grund für die seit vielen Jahren rückläufige Mortalität der führenden Volks­krankheiten. Dies kann unter Berücksichtigung demografischer Entwicklungen, also trotz einer steigenden Anzahl von Neuerkrankungen, beobachtet werden. So erwarten Wissenschaftler z.B. für das Jahr 2014 rund eine halbe Million Krebsneuerkrankungen in Deutschland (Quelle: Zentrum für Krebsregisterdaten am Robert-Koch-Institut und Gesellschaft für epidemiologische Krebsregister in Deutschland e.V.). Nach den Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems, die mit 40% an der Spitze der krankheitsbedingten Todes­ursachen stehen, sind Krebserkrankungen für ca. ein Viertel dieser Todesfälle verantwortlich (Quelle: Statistisches Bundesamt).

Der Fachbereich der Epidemiologie befasst sich unter anderem mit der Frage nach dem Einfluss von internen, molekularen sowie externen Faktoren wie zum Beispiel Umwelt und Lebensstil auf die Entstehung, die Verbreitung, den Verlauf und die Folgen von Erkrankungen. Das Ziel besteht darin, Risikofaktoren zu identifizieren, Krankheiten früher zu erkennen und gezielter zu behandeln. Das heißt, verbesserte diagnostische Testverfahren und Therapien zu entwickeln, um den Ausbruch von Erkrankungen zu verzögern oder gar zu verhindern. Basierend auf wissenschaftlichen Resultaten können auch wirksame gesundheitliche Präventionsmaßnahmen für die Allgemeinbevölkerung ergriffen werden.

Eine grundlegende Basis für die Durchführung epidemiologischer Studien bilden die Biobanken. Biobanken, ihrer Definition nach Sammlungen von biologischem Probenmaterial und Speicherung der zugehörigen sozio-demografischen und medizinischen Daten, stellen nicht nur deutschland-, sondern auch weltweit eine wichtige Ressource für Forschung und Entwicklung dar.

Ein aktuelles Beispiel für eine epidemiologische Studie unter Einsatz einer Biobank ist die Nationale Kohorte, eine groß angelegte deutsche Langzeitstudie, in deren Rahmen ab dem Jahr 2015 200.000 Männer und Frauen zwischen 20 und 69 Jahren zweimal im Zeitraum von fünf Jahren medizinisch sowie auf ihre Lebensgewohnheiten hin untersucht und über zehn bis 20 Jahre nachbeobachtet werden sollen. Darüber hinaus soll allen Teilnehmern Biomaterial entnommen und für zukünftige Forschungszwecke zentral eingelagert werden (www.nationale-­kohorte.de). Mit der Untersuchung dieses Probenmaterials und der Auswertung der damit verbundenen Daten hofft man, Erkenntnisse über den Entstehungsverlauf einer Erkrankung zu gewinnen und Rückschlüsse auf krankheitsspezifische Biomarker zu erhalten.



Molekulare Biomarker korrelieren mit bestimmten Erkrankungen

Die Entwicklung innovativer Therapieformen konzentriert sich immer mehr auf neue therapeutische Angriffspunkte in Subgruppen oder sogar individuell erkrankten Patienten – Stichwort personalisierte Medizin. Jede Therapie erfordert aber auch eine sensitive und spezifische Diagnostik. Die Erforschung von diagnostischen Markern, die mit bestimmten Erkrankungen korrelieren, steht deshalb im Fokus der Forschung. Diese Biomarker können Aufschluss über Krankheitsursachen und folglich auch die Möglichkeiten einer besseren Früherkennung geben. In den letzten Jahren wurden große Fortschritte in der Identifizierung und Validierung neuer molekularer Biomarker gemacht. Beispielsweise werden Änderungen im Muster bestimmter Moleküle wie Proteinen und Metaboliten im Blut untersucht, die oftmals in komplexen, dynamischen Wechselwirkungen mit der betreffenden Erkrankung einhergehen.

Die Einbeziehung der Biomarkerforschung in epidemiologische Studien hat in den letzten Jahren ein Vielfaches an Bedeutung gewonnen. Solche interdisziplinären Kooperationen sind Basis für die wissenschaftliche Aussagekraft jeder groß angelegten Studie. Dabei ist die rasche Weiterentwicklung jedes Bereichs für sich zugleich Chance und Herausforderung. Im Bereich der Datenverarbeitung und Statistik wird an neuen bioinformatischen Ansätzen gearbeitet, um der Fülle an entstehenden Daten auch in Hinblick auf das Thema Datenschutz gerecht zu werden. Auf der anderen Seite stehen der Laborforschung immer innovativere Verfahren zu Hochdurchsatzanalysen zur Verfügung.

Aber auch die Verfügbarkeit des biologischen Probenmaterials und entsprechender Kontrollen muss gewährleistet sein. Dabei sind sowohl die Proben- als auch die damit verknüpften Datenmengen entscheidend, um statistisch relevante Aussagen treffen zu können. Aber auch eine gleichbleibend hohe Qualität durch möglichst standardisierte Abläufe bezüglich der Gewinnung und Lagerung der Proben und Daten ist für relevante wissenschaftliche Hypothesen wichtig. Die Entstehung neuer Biobanken sowie die Vernetzung von Biobankstrukturen untereinander, ausgerichtet auf den koordinierten Austausch von Proben und Daten, hat in der letzten Zeit beträchtlich an Fahrt gewonnen. Biobanken können zum einen Bio­materialien unterschiedlichen Ursprungs (z.B. Plasma, Gewebe, DNA) enthalten. Zum anderen kann zwischen krankheits- und bevölkerungsbezogenen Biobanken unterschieden werden. Im ersten Fall wird krankheitsbezogenes Material von Patienten gelagert, das während oder nach der medizinischen Behandlung entnommen wird. In bevölkerungsbezogenen Biobanken werden prospektiv Proben und Daten von gesunden Menschen gesammelt, um zu einem späteren Zeitpunkt zu prüfen, wer von den damals gesunden Spendern im Laufe der Zeit erkrankt ist.



Traditionsunternehmen des Bayerischen Roten Kreuzes ­verfügt über Biobank

Der Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes (BSD) verfügt bereits seit 2006 über ­eine eigene Biobank aus Plasmaproben von ­bayerischen Blutspendern. Das Traditionsunternehmen ist der Hauptversorger bayerischer ­Patienten mit Blutprodukten, aber auch innovatives Forschungsunternehmen und leistet über Kooperationen mit Akademie und Industrie einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung und Verbesserung diagnostischer Testverfahren.

Blutspendedienste sind im Allgemeinen verpflichtet, von jeder Spende eine sogenannte Nachuntersuchungsprobe für mehrere Jahre aufzubewahren. Die Idee des BSD: Wieso diese gesetzlichen Anforderungen nicht für die Forschung nutzen und diese Nachuntersuchungsproben über den vorgeschriebenen Zeitraum hinaus lagern? Zudem konnte die im Blutspende­dienst vorhandene Infrastruktur in Hinblick auf Datenbanken und moderne Hochdurchsatz­labore sowie jahrelange Erfahrung bezüglich hochstandardisierter Prozessierung und Lagerung ideal und kostensparend für den Aufbau einer Biobank genutzt werden.

Die bayerischen Blutspender zeigen sich dem Thema Biobank aufgeschlossen, von den aktiven Blutspendern haben sich seit der Gründung bereits mehr als 70.000 anhand einer schriftlichen Einverständniserklärung bereit erklärt, ihre Plasmaproben für die medizinische Forschung freizugeben. Ausschlaggebend für das Vertrauen der Spender sind sicherlich höchste Standards in ethischen und datenschutzrechtlichen Aspekten. Die Spender willigen mit einem von der Ethikkommission geprüften Informed Consent der pseudonymisierten Lagerung ihrer Proben und Daten und deren wissenschaftlicher Nutzung zu. Aber auch die im Gegenzug vom BSD für die Spender angebotenen Gesundheitsleistungen, finanziert aus erzielten Überschüssen, stellen sicherlich einen wichtigen Anreiz dar. Ein Konzept, das die Brücke von Bevölkerung zur Forschung schlägt: Dem Spender kommt die verantwortliche Rolle zu, das Gesundheitssystem nach seinen Möglichkeiten zu unterstützen und einen persönlichen Beitrag an der Erforschung von diagnostischen Tests und Therapieansätzen zu leisten.

Mit über 4 Mio. eingelagerten Plasmaproben verfügt der Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes über eine der größten Probensammlungen weltweit. Täglich kommen mehr als 2000 Proben dazu. Die Proben werden codiert bei minus 42°C in einem vollautomatisierten ­Probenlager in Wiesentheid aufbewahrt.

Diese Ressource wurde bereits von Biomarkerforschern und Entwicklern aus unterschiedlichsten Forschungsbereichen genutzt. Es gilt, zwei grundsätzliche Fragestellungen zu bearbeiten: Gibt es bereits in der Zeit vor der Diagnose einer Erkrankung Hinweise im Blut des späteren Patient­en? Und: Kommen krankheitsbezogene Biomarker auch in gesunden Spendern vor, wenn ja, in welchem Phänotyp und in welcher Konzentration?

Die Biobank der Blutspender gewährleistet eine gleichbleibend hohe Qualität für ihre Kunden: Die Selektion der Spender und die Prozessierung der Proben erfolgen nach streng kontrollierten nationalen und internationalen Standards gemäß GMP. Die Biobank selbst ist ISO 9001 zertifiziert. Interne Studien haben gezeigt, dass die eingelagerten Plasmaproben bezüglich ihres medizinischen Status repräsentativ für die bayerische Allgemeinbevölkerung sind.

Da die Proben im Zuge einer regulären Blutspende entnommen werden, zu der nur gesunde Spender zugelassen werden, eignen sie sich besonders als Referenzproben für die klinische Entwicklung und Grundlagenforschung. Forscher in Akademie und Industrie haben meist Zugang zu Patientenproben aus dem klinischen Alltag, häufig fehlen jedoch passende Kontrollen aus der gesunden Bevölkerung.

Referenzproben gesunder Spender und prädiagnostische Proben für die Biomarkerforschung

Die Biobank der Blutspender bietet seit Kurzem die Plasma Reference Panels an, mit denen genau diese Versorgungslücke geschlossen werden kann. Es werden ein Bevölkerungsdurchschnitt, aber auch alters- und geschlechtsspezifische Zusammenstellungen angeboten. Für spezielle Forschungsanfragen können die Referenzproben auch maßgeschneidert zusammengestellt oder relevante Daten wie z.B. BMI oder Raucherstatus nachträglich erhoben werden.

Erkrankte Spender werden von der weiteren Blutspende ausgeschlossen, aber auch ihre vor der Diagnose gesammelten Proben sind für die Biobank wertvoll und bieten eine innovative Möglichkeit für die Forschung. Erstmals können mehrere sequenzielle Blutproben einer Person untersucht werden, die bereits vor der Diagnose einer schwerwiegenden Erkrankung entnommen (über mehrere Jahre, bis fünf Jahre zuvor) und gelagert wurden. Die Indikationen umfassen nahezu jede schwerwiegende Erkrankung, die in der bayerischen Bevölkerung auftritt. Somit können die Hauptforschungsfelder der Onkologie, Diabetes, Herz-Kreislauf- erkrankungen mit den Proben der Biobank der Blutspender abgedeckt werden.

Bereits eines der ersten Biobankprojekte startete mit einer Koopera­tion mit dem Max-Planck-Institut für Biochemie (MPI) in München. Das Institut forschte zu jener Zeit an Methoden zur Früherkennung von Dickdarmkrebs. Die Forscher fanden in ihrer Suche nach Blutproben von Dickdarmkrebs-Patienten aus der Zeit vor der Diagnose Unterstützung bei der Biobank der Blutspender.

Die Biobank der Blutspender ist offen für Kooperationen und strategische Allianzen und hat sich das Ziel gesetzt, gemeinsam mit ihren Partnern die medizinische Zukunft zu gestalten.

Bild: © istockphoto.com| Yuri_Arcurs, cloud3200

Stichwörter:
Spenden, Präven­tion, Diagnose und Therapie, Epidemiologie, epidemiologischer Studien, Forschungszwecke, Risikofaktoren, Molekulare Biomarker, Biomarkerforschung, Datenverarbeitung, bioinformatischen Ansätze, Bio­materialien, Blutspendedienste, Nachuntersuchungsproben, Therapieansätzen, Plasmaproben, Referenzproben, Herz-Kreislauf- erkrankungen,

L&M 9 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 9 / 2014.
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