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Ebola-Ausbruch in Westafrika

Geheimnisvolles Fieber

Tief in der Waldregion im Südosten Guineas kam es Anfang März diesen Jahres zu einem gehäuften Auftreten eines ­geheimnisvollen Fiebers, an dem viele der Erkrankten verstarben. Muskelschmerzen, hohes ­Fieber, Erbrechen und schwere Durchfälle – Symptome, die Ärzte oft in ­Krankenhäusern Afrikas ­beobachten, diesmal jedoch konnten sie nicht behandelt werden.

Abb.1 Ärzte und Pfleger können die Isolierstation nur mit entsprechender Schutzkleidung betreten. Die Arbeit ist für das medizinische Personal sowohl physisch als auch psychisch extrem belastend: Bei Außentemperaturen von über 30°C lässt es sich im Plastik-Schutzanzug mit Mundschutz, Schutzbrille und Handschuhen nicht länger als ca. eine Stunde konzentriert arbeiten. Besonders Kinder auf der Isolierstation haben Angst vor den vermummten Helfern, die Schutzkleidung erschwert die Kommunikation mit den Erkrankten.

Zunächst glaubte man, es handele sich um eine schwere Malaria, die in dieser Region ganzjährig vorkommt. Die Menschen in der Region hatten folglich keine Bedenken, ihre kranken Angehörigen zu pflegen und Verstorbene zu bestatten. Schnell bemerkten Mediziner von der Organisation Ärzte ohne Grenzen, die in dieser Region seit einigen Jahren ein Malariaprojekt betreuen, dass es sich hier nicht um einen gewöhnlichen Malariaausbruch handelte. Zu rapide breitete sich die Krankheit aus, ganze Familienverbände erkrankten innerhalb kürzester Zeit. Zum Teil bluteten die Erkrankten aus den Körperöffnungen und verstarben bereits wenige Tage nach dem Beginn der Erkrankung. Ärzte ohne Grenzen alarmierte das Gesundheitsministerium in der Hauptstadt Conakry sowie die Weltgesundheitsorganisation WHO. Seuchenexperten wurden in die betroffene Region geschickt. Mitte März kam dann die Gewissheit: Virologen aus Lyon und Hamburg bestätigten, dass zum ersten Mal im westafrikanischen Guinea das Ebola-Fieber ­aufgetreten war. Dies war der offizielle Beginn der bislang größten und komplexesten Ebola-­Epidemie.

Bisher wurden Ebola-Ausbrüche nur in ­Ländern Zentralafrikas beschrieben. So hat es in den letzten 38 Jahren immer wieder Ausbrüche in der Demokratischen Republik Kongo (vormals Zaire), im Südsudan, in Uganda oder in Gabon gegeben. Benannt wurde das Ebolavirus nach einem Flussausläufer des Kongostromes. Entlang des Flusses kam es 1976 zum ersten ­dokumentierten Ebola-Ausbruch: In 55 Dörfern erkrankten 318 Menschen, von denen 280 starben, was einer Sterberate von 88% entspricht. Der erste Fall trat in einem belgischen Missionskrankenhaus auf. Kurz darauf waren fast alle Nonnen und Krankenschwestern sowie die meisten Patienten des Krankenhauses erkrankt. Die Schwestern besaßen nur fünf Injektionsnadeln, die sie, ohne sie zwischendurch zu desinfi­zieren, für Hunderte Patienten verwendet hatten.

Vom Reservoirwirt zum Menschen

Ebolaviren sind zoonotische Viren. Das natür­liche Reservoir von Ebola bilden vermutlich fruchtfressende Flughundearten, die selbst nicht erkranken, das Virus aber über Speichel und Exkremente in großen Mengen ausscheiden. Normalerweise zirkulieren Ebolaviren unbemerkt innerhalb der Flughundpopulation. Bedingt durch deren Fressverhalten können sich jedoch Tiere wie Affen oder Waldantilopen anstecken, indem sie die von Flughunden angefressenen Früchte auflesen und sich dadurch mit Viren infizieren. Interessanterweise sind die Flughunde nicht nur in Gebieten Zentralafrikas zu finden. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich unter anderem bis nach Westafrika. Jedes Jahr fliegen Millionen Flughunde bis zu mehreren Tausend Kilometern der Regenzeit hinterher, da in dieser Zeit das Nahrungsangebot von Früchten besonders groß ist. Noch ist unklar, wie das Ebolavirus nach Westafrika gekommen ist; die Vermutung liegt jedoch nahe, dass Flughunde aus Zentralafrika durch ihre Wanderschaft das Ebolavirus bis nach Westafrika gebracht haben. Zu einer Übertragung von Ebolaviren auf den Menschen kommt es nur relativ selten. Die Infektion erfolgt hierbei über die Zubereitung und den Verzehr von kontaminiertem Buschfleisch beispielsweise von Flughunden oder infizierten Affen. Im aktuellen Ausbruch wird davon ausgegangen, dass der Indexfall ein Kleinkind war, das sich vermutlich über einen Flughund infiziert hat und dann im weiteren Verlauf Familienangehörige ansteckte. Die Ausbreitung und Mensch-zu-Mensch-Übertragung des Ebolavirus erfolgt durch den direkten Kontakt mit infektiösen Körperflüssigkeiten, beispielsweise bei der Krankenpflege oder traditionellen Bestattungsriten.


Abb.2 Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Ebolavirus. Im colorierten EM-Bild eines Guinea-Isolates ist die charakteristische fadenförmige Struktur des Ebolavirus zu erkennen (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Dr. L. Kolesnikova, Universität Marburg).

Reaktion des menschlichen Körpers auf eine Ebola-Infektion

Die Inkubationszeit einer Ebola-Infektion beträgt zwei bis 21 Tage. Die Erkrankung beginnt plötzlich und der Körper reagiert zunächst mit unspezifischen grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, gefolgt von Übelkeit mit Erbrechen und schweren Durchfällen. Nach Viruseintritt werden zunächst Immunzellen wie dendritische Zellen, Makrophagen und Monozyten infiziert, die eine schnelle Ausbreitung der Viren im gesamten Organismus ermöglichen. Betroffen sind insbesondere lebenswichtige Organe wie Leber, Milz, Lunge und Nieren, hier kommt es zur Nekrose und zu Organversagen. Die starke Sekretion von pro-inflammatorischen Zytokinen führt zudem zu einer Permeabilisierung des Endothels und zu Blutgerinnungsstörungen. Aufgrund der in einem Teil der Patienten beobachteten Blutungen bezeichnet man das Ebolavirus auch als hämorrhagisches Fiebervirus. Bei schwerwiegenden Verläufen führt die Infektion meist innerhalb von 14 Tagen nach Auftreten der ersten Symptome zum Tod des Patienten durch Schock und Multiorganversagen.

Derzeit steht keine spezifische Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung. Die symptomorientierten Maßnahmen sind rein unterstützend und bestehen aus der Gabe von Infusionen gegen den Flüssigkeitsverlust, Schmerzmitteln sowie Antibiotika, um mögliche Sekundärinfektionen zu verhindern. Aufgrund der schlechten Adaptation des Menschen an dieses aus dem Tierreich stammende Virus sowie der fehlenden Verfügbarkeit von zugelassenen und erprobten Therapieformen versterben bei dem gegenwärtigen Ausbruch in Westafrika fast 70% der Erkrankten.


Abb.3 Im EMLab in Westafrika werden Blutproben von Patienten auf Ebolaviren getestet. In dem in Guinea stationierten Zeltlabor sind Experten aus ganz Europa im Einsatz.

Problematik der Ausbreitung in Westafrika

Trotz aller internationalen Bemühungen ist es bislang nicht gelungen, den Ausbruch unter Kontrolle zu bringen. Es gibt momentan drei Hauptfaktoren, die die weitere Ausbreitung von Ebola in den betroffenen Ländern begünstigen. Zum einen die Übertragung von Ebola in dicht besiedelten Stadtgebieten in den Hauptstädten Conakry (Guinea), Monrovia (Liberia) und Freetown (Sierra Leone). Viele Erkrankte sind in der Hoffnung auf bessere medizinische Versorgung in die Hauptstädte gezogen und haben dadurch das Ebolavirus eingeschleppt. Die Infektionsketten der Ebola-Epidemie in den urbanen Ballungsgebieten mit mehreren Millionen Einwohnern zu unterbrechen, stellt die örtlichen Gesundheitsbehörden und internationale Hilfsorganisationen vor große Herausforderungen. Viele Patienten können aufgrund fehlender Kapazitäten an Betten und Personal nicht mehr von den Behandlungszentren aufgenommen werden. Der zweite Faktor ist die Übertragung von Ebola in ländlichen Gebieten. Viele Erkrankte werden weiterhin im Kreise ihrer Familie gepflegt, obwohl strikte Isolier- und Quarantänemaßnahmen essenziell sind, um die weitere Übertragung zu stoppen. Darüber hinaus infizieren sich sehr viele Menschen bei Beerdigungen. Entsprechend kultureller Praktiken werden die Leichname gewaschen und bei der Bestattung zum Abschied berührt. Da die Viruslast bei den Verstorbenen extrem hoch ist und das Virus noch einige Zeit auf der Haut der Toten infektiös ist, stecken sich viele Menschen bei den Beerdigungen an. Der dritte Grund für die weite Ausbreitung ist die länderübergreifende Übertragung von Ebola in den Grenzgebieten von Guinea, Liberia und Sierra Leone. Eine Reisebeschränkung, welche die Bevölkerung innerhalb ihrer Landesgrenzen halten soll, um so einer Ausbreitung entgegenzuwirken, ist in diesem Dreiländereck praktisch nicht durchsetzbar. Aufgrund von Handel und sozialen Kontakten kommt es häufig zu unkontrollierbaren Grenzübertritten. Viele Menschen besuchen ihre kranken Verwandten oder nehmen an Beerdigungen jenseits der Grenze teil, was das Auffinden von Erkrankten und deren Kontaktpersonen sehr erschwert.


Abb.4 Alle Geräte, Chemikalien und Verbrauchsmaterialien, die im Labor zur Diagnostik benötigt werden, sind in Kunststoffboxen verpackt. Finanziert wird das EMLab-Projekt (http://www.emlab.eu/) aus Mitteln der Europäischen Union.

Gründe für die Ausmaße dieses Ausbruchs

Wie kam es, dass sich das Virus von wenigen Dutzend Infizierten auf nunmehr 7.157 (Stand 01.10.2014, Quelle WHO) Betroffene ausbrei­tete? Vor allem spezifische kulturelle Gründe haben dazu geführt, dass sich die Krankheit ausbreiten konnte. Viele Menschen stecken sich bei den traditionellen Bestattungen an, wobei die Tradition, Tote vor der Bestattung zu reinigen und zum Abschied zu berühren, besonders problematisch ist. Außerdem besteht in der Bevölkerung nicht überall das Verständnis, dass es sich beim Ebola-Fieber wirklich um eine Infektionskrankheit und nicht um einen Fluch handelt. In der Bevölkerung herrscht großes Misstrauen gegenüber westlichen Ärzten. Gelegentlich kommt es zu Übergriffen auf Fahrzeuge und Personal von nationalen und internationalen Hilfskräften. Gerüchte und Legenden, die sich wie ein Lauffeuer verbreiten, schüren die Ängste der Menschen weiter, sodass viele Erkrankte die medizinische Hilfe ablehnen. Beispielsweise kursierte zu Beginn des Ausbruchs das Gerücht, weiße Mediziner hätten die Krankheit verbreitet, um Menschen in die Behandlungszentren zu ­locken und ihnen Organe zu entnehmen, die in reichen Ländern Verwendung fänden. Die Tat­sache, dass die Angehörigen ihre Toten nur in undurchsichtigen Leichensäcken oder Särgen zurückbekommen, unterstützte diese Annahme und lässt Familien zweifeln, ob sie wirklich ihre Angehörigen zur Bestattung erhalten. Folglich kommt es dazu, dass die Familien ihre Erkrankten, insbesondere kleine Kinder, verstecken, was wiederum zu vielen weiteren Erkrankungen und Todesfällen in den Familien führt.

Ein weiterer begünstigender Grund für die Ausbreitung ist das schwache öffentliche Gesundheitssystem in den betroffenen Gebieten. Es ist der erste Ebola-Ausbruch in Westafrika. Dieser Ausbruch hat die Länder völlig unvorbereitet getroffen und es gibt schlichtweg keine Erfahrung, wie die Gesundheitsbehörden mit dieser Krankheit umgehen müssen. Es existierten keine Vorsorgepläne für Epidemien und die Möglichkeiten, im Labor Krankheiten zu diagnostizieren, sind sehr eingeschränkt. Besonders in der betroffenen Region im Dreiländereck von Guinea, Sierra Leone und Liberia ist eine medizinische Grundversorgung kaum gewährleistet. In diesen noch immer vom Bürgerkrieg gezeichneten Gebieten fehlt es an medizinischer Ausrüstung und geschultem Personal, um die weitere Ausbreitung der Ebola-Epidemie zu stoppen.


Nicht in allen Dörfern werden nationale und internationale Helfer so freudig begrüßt. Ängste, Gerüchte und Unwissen schüren in einigen Gebieten Aggressionen, die teilweise in gewaltsamen Übergriffen gipfeln: Erst vor wenigen Wochen wurden Mitglieder eines Aufklärungsteams von den Bewohnern eines Dorfes in Guinea überfallen, einige von ihnen getötet.

Europäische Experten beteiligen sich am Kampf gegen Ebola

In Deutschland muss die Labordiagnostik eines Ebola-Verdachtsfalles in einem Hochsicherheitslabor der Schutzstufe 4 erfolgen. Es gibt nur zwei Einrichtungen dieser Art in Deutschland. Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg und die Philipps-Universität Marburg verfügen über solche Hochsicherheitslabore. Hier erfolgen die Arbeiten mit hochgefährlichen Viren unter sehr strengen Sicherheitsbedingun­gen. Um sich zu schützen, tragen die Mitarbeiter einen Vollschutzanzug mit eigener Luftzufuhr. Ereignet sich ein Ausbruch in einem Entwicklungsland wie Guinea, ist es jedoch logistisch zu aufwendig, die Proben zur Untersuchung in ­solche Speziallabore nach Europa zu schicken. Zumal eine unmittelbare Diagnostik vor Ort entscheidend ist, um zeitnah die Entscheidung zu ­treffen, ob ein Patient etwa an einer schweren Malaria leidet oder an Ebola erkrankt ist. Dies hat aber wichtige Konsequenzen: Hat der Patient Ebola, muss er in Quarantäne gebracht werden, hat er Malaria, darf er nicht in Quarantäne, weil er sich dort mit Ebola anstecken könnte. Um einen Ausbruch schnell unter Kontrolle zu bringen, ist eine Labordiagnostik im Epizentrum des Ausbruchs entscheidend wichtig. Im Jahr 2011 haben verschiedene Institutionen aus ganz Europa, darunter auch das Marburger Institut für Virologie, das Europäische Mobile Labor (EMLab) Projekt gegründet. Das Ziel des Projektes war der Aufbau schnell verlegbarer Laboreinheiten zur Diagnostik von gefährlichen Krankheitserregern in Afrika. Das mobile Labor wurde konzeptionell so entwickelt, dass ein voll funktionsfähiges Labor in 12 bis 15 transportablen Boxen verpackt werden kann. Darin befinden sich alle notwendigen technischen Geräte und Labormaterialien, die für eine molekulare Diagnostik benötigt werden. Der große Vorteil dieses Konzeptes besteht darin, dass die komplette Ausrüstung im zivilen Luftverkehr transportiert werden kann. Die Wissenschaftler nehmen das Labor quasi im Reisegepäck mit. Am Zielort werden nur kleine Fahrzeuge für den Transport der Ausrüstung benötigt. Vor Ort kann das Labor unabhängig von einer lokalen Stromversorgung mit Autobatterien oder kleinen Generatoren betrieben werden.

Schon früh nach Ausbruchsbeginn hat die WHO das EMLab um Unter­stützung im Kampf geben Ebola gebeten. Ende März, nur wenige Tage nach Bekanntwerden des Ausbruchs, baute das erste EMLab-Team das mobile Labor in der Stadt Guéckédou im Südosten in der Waldregion Guineas auf. Die direkte Zusammenarbeit des EMLabs mit Ärzte ohne Grenzen ermöglicht es, binnen vier Stunden zu wissen, ob ein Patient mit Ebola infiziert ist. Die Diagnostik erfolgt dabei mittels quantitativer real time PCR. Im Zeitraum von sechs Monaten wurden mittlerweile rund 2.500 Proben auf Ebola getestet. Seit März sind europäische Experten ununterbrochen in Guéckédou im Einsatz, um die Diagnostik von Ebola-Verdachtsfällen durchzuführen. Auch fünf Marburger Virologen beteiligten sich durch mehrere vierwöchige Auslandseinsätze an dem von der Europäischen Union geförderten Projektes des Europäischen Mobilen Labors.


Die Arbeit mit infektiösen Patientenproben erfolgt im Feldlabor in einer Glovebox. In dieser Box herrscht Unterdruck, die zu-und abgeführte Luft wird gefiltert, damit keine Viren in die Umgebung gelangen können. Nach der Inaktivierung der Proben in der Glovebox kann die Isolation der ­Virus-RNA sowie die anschließende PCR-basierte Diagnostik ohne besondere Schutzmaßnahmen durchgeführt werden.

Geringes Einschleppungsrisiko für Deutschland

Alle von Ebola betroffenen Länder verfügen über internationale Flughäfen mit Direktflügen in andere Länder Afrikas, den Nahen Osten oder Europa. Anfang Oktober bestätigte die in Atlanta ansässige amerikanische Gesundheitsbehörde CDC den ersten in die USA importierten Fall von Ebola. Der Mann betrat in Liberia symptomlos ein Flugzeug und erkrankte wenige Tage nach Einreise in die USA. Aufgrund seiner Reiseanamnese konnte die Krankheit schnell nachgewiesen werden und Quarantänemaßnahmen und die Ermittlung von möglichen Kontaktpersonen wurden unverzüglich eingeleitet.

Die Wahrscheinlichkeit einer Ausbreitung über den Luftverkehr lässt sich statistisch für jeden internationalen Flughafen der Welt berechnen (http://rocs.hu-berlin.de/D3/ebola/). Demnach besteht aufgrund der ­Direktflüge für den französischen Flughafen Paris-Charles de Gaulle und den Flughafen Brüssel eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Ebola eingeschleppt wird, als für die Flughäfen Frankfurt oder Berlin. Wie der in die USA importierte Fall zeigt, ist es nicht auszuschließen, dass das Virus auch nach Deutschland gelangen kann. Allerdings gibt es genau wie in den USA auch hierzulande vorbereitende Maßnahmen: Es bestehen von Flughäfen und Gesundheitsämtern erprobte Notfallpläne, weiterhin stehen Diagnostikmöglichkeiten, geschultes Personal sowie Isolier- und Behandlungsstationen zur Verfügung. Nicht zuletzt ist in Deutschland das allgemeine Verständnis für die infektiöse Ursache mancher Erkrankungen sowie zu ergreifende Hygiene­maßnahmen deut­lich ausgeprägter. Wichtig ist allerdings, dass bei Reisenden aus Westafrika beim Auftreten von hohem Fieber daran gedacht wird zu fragen, ob sie möglicherweise Kontakt zu erkrankten Personen hatten. In diesem Fall muss sofort eine Ebola-Diagnostik durchgeführt werden. Der Erkrankte muss in eine Sonderisolierstation verlegt werden, damit er die bestmögliche Therapie bekommt, ohne andere Menschen anzu­stecken. Werden diese Maßnahmen eingehalten, ist ein Ausbruch von Ebola in Deutschland sehr unwahrscheinlich.


Die Isolierstation in Guéckédou in der Waldregion Guineas wird seit März von Ärzte ohne Grenzen (Médecins sans Frontières) betrieben. Durch die große Anzahl an Erkrankten sowie die weite Verbreitung dieses Ausbruchs gelangen nationale und internationale Hilfskräfte an ihre Grenzen – weitere Unterstützung wird dringend benötigt.

Weitreichende Folgen des Ausbruchs

Das Ende des derzeitigen Ebola-Ausbruchs ist kaum vorherzusagen. Nach vorsichtigen Schätzungen der WHO geht man davon aus, dass die Epidemie Mitte 2015 unter Kontrolle gebracht sein könnte. Der weitere Verlauf der Epidemie ist von zahlreichen Faktoren abhängig: Es muss nun unmittelbar gehandelt werden. Es müssen medizinisches Personal, Logistiker und weitere Feldkrankenhäuser sowie große Mengen an Schutzkleidung nach Afrika gebracht werden. Das ist nur durch eine konzertierte Aktion vieler Länder möglich. Eine reine Finanzhilfe ist nicht ausreichend. Die internationale Aufmerksamkeit und das Bewusstsein, dass sich derzeit in Westafrika eine humanitäre Katastrophe abspielt, die die gesamte Region destabilisieren könnte, kommen sehr spät. Vor Ort muss verstärkt versucht werden, eine Übersetzungsarbeit zu leisten, um das Konzept von Infektionskrankheiten in den kulturellen Hintergrund der Menschen zu integrieren. Es müssen effektive Infektionsschutzmaßnahmen etabliert werden, die mit der Lebensweise der Menschen kompatibel sind. Die Hilfskräfte vor Ort haben neben der fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung oft mit großen körperlichen und seelischen Herausforderungen zu kämpfen und sind häufig von der Arbeitslast und der dramatischen Situation überfordert. Um diese Situation zu entspannen, wird daher vermehrt geschultes Personal benötigt.

Die Medikamente zur Behandlung von Ebola, wie sie bei ausgeflogenem klinischen Personal zum Einsatz kamen, werden wohl auch in naher Zukunft nicht für die erkrankten Menschen in Westafrika zur Verfügung stehen, da sie derzeit nur in geringem Mengen produziert werden können.

Eine große Hoffnung setzt die Weltgesundheitsorganisation derzeit auf zwei laufende Impfstoffstudien. Mit ihnen soll sowohl die Immunogenität als auch die Unbedenklichkeit eines bislang am Menschen unerprobten Impfstoffs nachgewiesen werden. Im besten Fall könnten im Frühjahr 2015 mehrere Tausend Impfdosen der westafrikanischen Bevölkerung zur Verfügung stehen und eine weitere Ausbreitung von Ebola aufhalten.

Sieben Monate sind seit dem unscheinbaren Ausbruchsbeginn vergangen. Mehr als 7.000 Menschen haben sich seither infiziert und weit über die Hälfte aller Erkrankten überlebte eine Ansteckung mit dem Virus nicht. Der Ausbruch, der fernab der Hauptstadt Conakry zunächst nur vereinzelte Dörfer in der östlichen Waldregion Guineas betraf, hat sich mittlerweile auf die westafrikanischen Länder Liberia, Sierra Leone ausgebreitet, auch wurden Fälle im bevölkerungsreichsten Land Afrikas, in Nigeria sowie im Senegal nachgewiesen. Die WHO rechnet bis zum Jahresende mit etwa 20.000 Infizierten. Ebola ist nicht mehr länger ein auf einzelne Länder beschränktes Gesundheitsproblem. Die Stabilität ganz Westafrikas ist bedroht. Die Weltgemeinschaft muss nun alle verfügbaren Kräfte mobilisieren, um den schlimmsten Ebola-Ausbruch in der Geschichte unter Kontrolle zu bekommen.

Das Autorenteam ist im Rahmen des Europäischen Mobilen Labor-Projektes an der Ebola-Feld­diagnostik in Guinea beteiligt.

Bilder: Thomas Strecker

Stichwörter:
Fieber, Symptome, Seuchenexperten, Epidemie, Missionskrankenhaus, Reservoirwirt, zoonotische Viren, Flughundpopulation, Körperflüssigkeiten, Elektronenmikroskopische Aufnahme, Guinea-Isolates, Inkubationszeit, Schock und Multiorganversagen, Permeabilisierung, Multiorganversagen, Chemikalien und Verbrauchsmaterialien, Diagnostik, Infektionskrankheit, Labordiagnostik, Quarantäne, Infektionsschutzmaßnahmen,

L&M 9 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 9 / 2014.
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