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Biopolymere

Kunststoffe aus Holz und Stroh

Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe (NaWaRo) in der chemischen und pharmazeutischen Industrie hat eine lange Tradition. Sie geriet allerdings durch den Einsatz von Kohle, Erdöl und Erdgas teilweise in Vergessenheit. Nun aber erleben die NaWaRos ein Revival, denn inzwischen wird nach neuen Wegen geforscht, um die nachwachsenden Rohstoffe zu nutzen. Dabei ist wichtig, dass bei der Entwicklung die gesamte Prozesskette vom Rohstoff bis zum Produkt berücksichtigt wird.

Neue Perspektiven für biobasierte Bausteine und Polymere

Derzeit wird Biomasse vor allem zur Energieerzeugung eingesetzt (Holzpellets, Biodiesel, Bioethanol). Doch inzwischen nutzt man sie auch immer mehr als Quelle zur Herstellung von Feinchemikalien, chemischen Vorprodukten oder speziellen Werkstoffen. In Zukunft wird Biomasse der einzige Kohlenstofflieferant für die Erzeugung von Chemikalien sein. Zur nachhaltigen Energiegewinnung können auch andere Alternativen wie Wasserkraft, Sonnen- oder Windenergie genutzt werden.

Derzeit sind ca. 13 % aller Rohstoffe (rund 2,5 Mio. Tonnen) in der chemischen Industrie NaWaRos [Quelle: VCI]. Dabei handelt es sich überwiegend um Fette/Öle, Stärke, Cellulose und Zucker. Aus diesen werden z.B. Tenside, Klebstoffe oder Faserstoffe produziert. Diese Entwicklung wird durch steigende Rohölpreise, Ressourcenverknappung und eine strengere Umweltgesetzgebung gefördert. Der Einsatz von NaWaRos in Massenmärk-ten, wie der Kunststoffindustrie ist dennoch schwierig.

Er kann nur funktionieren, wenn alle Rahmenbedingungen, z.B. ausreichende Verfügbarkeit, kons-tante Qualität, und wettbewerbsfähige Preise, erfüllt werden. Zwei Beispiele sind hier zu nennen: Polymilchsäure und „Bio-Ethylen“ in Brasilien. Eine weitere Besonderheit bei der stofflichen Nutzung dieser Ressourcen ist die elementare Zusammensetzung von NaWaRos. Lignocellulose (Holz) besitzt im Gegensatz zu Erdöl einen Anteil von 43?% Sauerstoff und zahlreiche Sauerstoff-Funktionalitäten.

Für die gezielte Herstellung von Chemikalien wird diese hohe Funktionalität in der Regel nicht benötigt und muss vermindert werden. Im Gegensatz dazu wird in der klassischen Petrochemie die Funktionalität der Moleküle (Kohlenwasserstoffe) erhöht, die dort verwendeten Verfahren können deshalb nicht übernommen werden. Daher müssen neue, effiziente Verfahren entwickelt werden.

Heute strebt man an, immer weniger Nahrungsmittel (Öle oder Getreide) zur Umwandlung in Chemikalien einzusetzen. Lignocellulosehaltige Materialien, wie Holz und Stroh, werden daher immer mehr zum Schwerpunkt der Forschung. Dreh- und Angelpunkt ist hierbei die Steigerung der Rohstoffeffizienz, damit alle Inhaltsstoffe ökonomisch genutzt werden können. Zur Zeit wird aus dieser Stoffgruppe nur die Cellulose zur Herstellung von Zellstoff verwertet. Der überwiegende Anteil (Hemicellulosen und Lignin) bleibt ungenutzt. Hier müssen, ähnlich wie bei den fossilen Rohstoffen, Stoffkreisläufe geschlossen und eine ganzheitliche Nutzung in einem Verbund etabliert werden.

Eine wichtige Vorraussetzung dafür ist -eine wirkungsvolle Methode zum Aufschluss und zur Fraktionierung der Lignocellulosen. Im nationalen Verbund-vorhaben „Lig-nocellulose Bioraffinerie“ arbeitet das Fraunhofer ICT mit 14 weiteren Partnern auch an dieser Fragestellung.

Zum Einsatz kommt ein Druckaufschluss mit einer Alkohol/Wasser-Mischung. Durch diese Behandlung wird ein Großteil der Hemicellulosen und des Lignins gelöst und anschließend abgetrennt. Aus der Lösung wird das Lignin ausgefällt und damit von den größtenteils zu C5-Zuckern hydrolysierten Hemicellulosen getrennt. Nach dieser Behandlung kann die Cellulose auch einfacher durch enzymatische Hydrolyse in C6-Zucker (Glucose) überführt werden. Die durch dieses Aufschlussverfahren erhaltenen Einzelfraktionen können nun biotechnologisch oder chemisch weiterverarbeitet werden.

Während das Lignin derzeit vor allem als Material für Kunststoffcompounds oder als Zuschlagstoff für die Bauindustrie genutzt wird, können aus der C6-Zuckerfraktion gezielt Monomerbausteine in hoher Ausbeute und Selektivität hergestellt werden. Ein Beispiel ist das 5-Hydroxymethylfurfural, ein aromatischer Baustein, der sich zu einer Vielzahl verschiedener Chemikalien weiterverarbeiten lässt.

Endprodukte sind z.B. Polyester, die mit dem Poly-ethylenterephthalat (PET) und Polytrimethylenterephthalat (PTT) verwandt sind und aus der Furan-2,5-dicarbonsäure (ein Folgeprodukt des HMF) hergestellt werden können. Kunststoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, gewinnen als Produkte eine immer größere Bedeutung. Aufgrund der einfachen Bearbeitung sind vor allem Thermoplaste von besonderem Interesse.

Derzeit sind allerdings nur thermoplastische Kunststoffe mit aromatischen Bausteinen wie z.B. Terephthalsäure verfügbar, die aus petrochemischen Rohstoffen hergestellt werden. Die direkte Gewinnung von aromatischen Bausteinen wie Toluol oder Terephthalsäure aus Biomasse ist bisher nur sehr eingeschränkt möglich.
Die Furan-2,5-dicarbonsäure wird durch Dehydratisierung und anschließender Oxidation aus Fructose in Wasser gewonnen:

Die entsprechenden Polyester werden wie PET und PTT durch katalytische Polykondensation mit Ethandiol oder Propandiol hergestellt:

Erste Untersuchungen haben gezeigt, dass die Kunststoffe auf Basis von Furan-2,5-dicarbonsäure (Polyethylenfuranoat (PEF) und Polytrimethylenfuranoat (PTF)) andere Eigenschaften als die „verwandten“ PET und PTT haben. Sie besitzen eine geringere thermische Beständigkeit, schmelzen bei niedrigeren Temperaturen auf und sind spröder.
Die Polyester haben in Vergleich zu PET und PTT in der Schmelze eine niedrigere Viskosität. Deshalb können sie bei der thermoplastischen Verarbeitung durch kleine Spalten in der Spritzgussform austreten. Dies ist für die thermoplastische Verarbeitung eine Herausforderung, macht diese Stoffe aber für andere Anwendungen interessant. So dringen z.B. beim Kleben derartig geschmolzene und dünnflüssige Polymere leicht auch in kleine Öffnungen ein, der Klebevorgang wird dadurch schneller. Die Polyester sind neue, interessante Thermoplaste, die Entwicklung möglicher Anwendungen dieser Polyester sind Gegenstand von weiteren Untersuchungen.

Stichwörter:
Umweltengineering, Biopolymere, Kunstoff, Holz, nachwachsende Rohstoffe

L&M 4 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 4 / 2009.
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