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Eine reale Störung: Der Einfluss von dynamischen Störfaktoren auf den Personenschutz

Bewegungen im Labor

Sicherheitswerkbänke (SWB) sind in vielen biotechnologischen und pharmazeutischen Laboratorien eine wichtige Schutzeinrichtung für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen resp. gefährlichen biologischen Arbeitsstoffen [1-4]. Die Schutzfunktionen in Form des Personen-, Produkt- und Verschleppungsschutzes sind die elementaren Eigenschaften einer jeden Sicherheitswerkbank. Diese werden durch veränderte Luftströmungsverhältnisse [5] ebenso beeinflusst, wie durch dynamische Störfaktoren in Form des bewegten Menschen. In einem zweijährigen Forschungsprojekt konnte gezeigt werden, dass der bewegte Mensch vor einer Sicherheitswerkbank und Armbewegungen in der Arbeitsöffnung die größten Störungen verursachen.

Das Grundsätzliche

Der Personenschutz an der Arbeitsöffnung ist aus Sicht des Arbeitsschutzes die wichtigste Aufgabe einer SWB:

- Der Personenschutz bzw. das Rückhaltevermögen an der Arbeitsöffnung ist die Eigenschaft einer SWB, den Benutzer und die Umwelt vor Gefahrstoffen und/oder biologischen Arbeitsstoffen aus dem Arbeitsraum der SWB zu schützen.

Zur Gewährleistung adäquater Herstell- und Experimentierbedingungen ist der Produktschutz unerlässlich:

- Der Produktschutz ist die Eigenschaft einer SWB, das im Arbeitsraum verwendete Produkt vor Kontaminationen aus der Umwelt zu schützen.

Die Definition der jeweiligen Schutzfunktion basiert auf dem Bestehen der mikrobiologischen Prüfung gem. Stand der Technik bei spezifischen Strömungsverhältnissen einer SWB. Diese mikrobiologische Prüfung ist das normative Verfahren in Europa, den USA und Asien zur Bestimmung der Schutzfunktionen von SWB [6-9].

Die Realität

Bei der Prüfung des Personenschutzes an der Arbeitsöffnung einer SWB gem. DIN EN 12469 ist der Mensch während der Prüfung nicht anwesend (Abb. 1). Einschlägige Regularien der Berufsgenossenschaft und Merkblätter von Berufsverbänden fordern vom Personal bestimmte Verhaltensregeln [10-12]. Hierzu zählen z. B. langsame Armbewegungen in SWB sowie den Personenverkehr während der Tätigkeit an SWB vor diesen einzuschränken oder gar vollständig zu vermeiden. Völlig ungeklärt ist wie „langsam“ das Personal sich zu bewegen hat, damit deren Bewegung die sichere Funktion einer SWB nicht negativ beeinflussen kann. Hinreichend geklärt ist, dass Partikel die Luftbarriere in der Arbeitsöffnung einer SWB umso leichter passieren können:

- je schneller und ungünstiger die Bewegungsmuster des an der SWB hantierenden Personals und ggf. des an der SWB vorbeigehenden Personals sind,
- je kleiner die Luftströmungsgeschwindigkeiten in der Arbeitsöffnung (Inflow) und im Arbeitsraum (Downflow) der SWB sind,
- je kleiner die Luftströmungsgeschwindigkeiten in der Arbeitsöffnung (Inflow) und je größer die der im Arbeitsraum (Downflow) einer SWB sind.

Das Vorgehen

Die Strömungsgeschwindigkeiten der SWB wurden zunächst entsprechend den Herstellerangaben auf den spezifischen Betriebspunkt hinsichtlich der Verdrängungs- und Lufteintrittsgeschwindigkeit eingestellt. Um das angestrebte Ziel, den Verlust der Schutzfunktionen, zu erreichen wurde zunächst die Lufteintritts- und Verdrängungsgeschwindigkeit der SWB solange stufenweise gem. NSF 49 [8] reduziert, bis die Schutzfunktionen nicht mehr vorhanden waren. Anschließend wurde die SWB folgenden Störfaktoren ausgesetzt (Abb. 2):
- Person vor der SWB
- Bewegter Arm in der Arbeitsöffnung
- Bewegter Mensch vor der SWB

Ausgehend von Betriebspunkt, wurden hierbei die Luftströmungsgeschwindigkeiten ebenfalls stufenweise reduziert bis die Schutzfunktionen versagten.

Ergebnisse & Konsequenzen

Die Ergebnisse gem. Tab. 1 zeigen, dass sich die Leistungsgrenzen bzgl. der Schutzfunktionen deutlich unterscheiden. So können die Luftströmungen ohne Störung bis zu 74 % reduziert werden, ohne dass dies mit dem Verlust der Schutzfunktionen einhergeht. Als das größte Störpotential konnte der „bewegter Mensch“ vor der SWB identifiziert werden. Hierbei können die Luftströmungen maximal bis zu 29 % reduziert werden, bezogen auf den Betriebspunkt. In der Realität bewegt sich der Mensch vor und in der SWB. Es war festzustellen, dass die dynamische Störfaktoren in Form von „Bewegter Arm in der Arbeitsöffnung“ und „Bewegter Mensch vor der SWB“ das größte Störpotential besitzen. Diesbezüglich gilt es die Anforderung für die Prüfungen der Schutzfunktionen gem. DIN EN 12469 zu überarbeiten.

- Präsentation "Dynamische Störfaktoren": www.berner-international.de/PET

Literatur
1. Hinrichs, T.; Sicherheitswerkbänke in Reinräumen: Eine elementare Schutzeinrichtung; labor&more; Succidia AG; 54-55; Darmstadt; 01.2009
2. Hinrichs, T.; Sicherer Umgang mit biologischen Arbeits- und Gefahrstoffen; contamination control report; bw medien AG; 8-13; CH-Einsiedeln; 01.2007
3. Hinrichs, T.; Sicherheitswerkbänke: Schutz vor biologischen Arbeitsstoffen und Gefahrstoffen; Reinraum Technik; GIT Verlag; 25-27; Darmstadt; 03.2006
4. Deutsche Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP e.V.); QuapoS 4: Qualitätsstandard für den pharmazeutisch-onkologischen Service; onkopress; Oldenburg; 01.2009
5. Christiansen, C., Gragert, S., Hinrichs, T., Karpinska, R.; Leistungsgrenzen von Sicherheitswerkbänken; Onkologische Pharmazie, onkopress; Oldenburg; 12. Jahrgang; 01.2010
6. DIN EN 12469; Biotechnologie - Leistungskriterien für mikrobiologischen Sicherheitswerkbänke; Beuth Verlag GmbH; Berlin; 09.2000
7. DIN 12980; Laboreinrichtungen - Sicherheitswerkbänke für Zytostatika; Beuth Verlag GmbH; Berlin; 06.2005
8. NSF/ANSI 49; Biosafety Cabinetry: Design, Construction, Performance and Field Certification; Ann Arbor, Michigan, USA; 06.2009
9. JIS K3800; Class II biological safety cabinets; Japan; 04.2009
10. Predel, B. at all; Zytostatika – Pharmazeutische Grundlagen; Deutscher Apotheker Verlag; Stuttgart; 2003
11. Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege; Zytostatika im Gesundheitsdienst, M620; Hamburg; 07.2009
12. Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie (BG Chemie); B 011 bzw. BGI 863: Merkblatt „Sicheres Arbeiten an mikrobiologischen Sicherheitswerkbänken“; Jedermann Verlag; Heidelberg; 09.2004

Um die Abbildungen und Tabellen zu sehen, laden Sie bitte Das PDF (oben rechts) runter.

Foto: © Dipl.-Ing. Thomas Hinrichs

L&M 5 / 2011

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 5 / 2011.
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