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LC-MS/MS – neue Referenzmethode in der Mykotoxinanalytik

Pilzgifte im Futter

Die Analyse von Mykotoxinen ist in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend ins weltweite Interesse gerückt, nicht zuletzt aufgrund des Aflatoxin-Skandals in deutschem Tierfutter, der auf kontaminierten Mais aus Südeuropa zurückzuführen war. Aktuell bezeichnet die Wissenschaft etwa 400 Substanzen als Mykotoxine, darunter eine Vielzahl chemischer Strukturen, die in vielen landwirtschaftlichen Produkten sowie Lebensmitteln und Tierfutter von unterschiedlichen Schimmelpilzarten produziert werden.

Anforderungen an die moderne Mykotoxinanalytik

Zu den wichtigsten Zielanalyten zählen Aflatoxine, Trichothecene, Zearalenon und dessen Derivate, Fumonisine, Ochratoxin, Ergotalkaloide und Patulin. Unterschiedliche Mykotoxine können je nach Umweltverhältnissen und Substrat gleichzeitig auftreten. Unter Berücksichtigung eines solchen zufälligen Auftretens ist es sehr wahrscheinlich, dass Menschen und Tiere eher Toxinkombinationen als einzelnen Toxinen ausgesetzt sind. Bis heute setzen sich die meisten Analyseverfahren mit einzelnen Mykotoxinen oder Mykotoxinklassen auseinander, womit nur eine begrenzte Anzahl von chemisch verwandten Zielanalyten umfasst wird. Aufgrund der additiven und synergistischen Effekte, die beobachtet werden konnten, wurden speziell im Hinblick auf Gesundheitsrisiken, die Mykotoxine darstellen, die Anstrengungen vervielfacht, Multi-Toxin­analyseverfahren zu entwickeln. Hochleistungsflüssigkeitschromatografie (HPLC) und Gaschromatografie (GC) waren seither die bevorzugten Analyseverfahren. Der große Nachteil bei der Verwendung von GC bei der Analyse von Mykotoxinen ist jedoch die nötige Derivatisierung, ein oftmals zeitaufwändiger und fehleranfälliger Prozess, was dazu führte, dass diese Methode heute weit weniger häufig eingesetzt wird. HPLC kann in Kombination mit verschiedenen Detektoren verwendet werden wie etwa spektrofotometrische Detektoren (UV-Vis, Diodenarray), Refraktometer (RI), Fluoreszenzdetektoren (FLD), elektrochemische Detektoren, Detektoren zur Messung von Radioaktivität sowie Massenspektrometer. Vor allem der gemeinsame Einsatz von Flüssigkeitschromatografie (LC) und Massenspektrometrie (MS) bietet großes Potenzial für die Analyse von Mykotoxinen, da sie eine Vor- bzw. Nachsäulenderivatisierung der Proben überflüssig macht.

HPLC-MS/MS

Die Technologie der Flüssigkeitschromatografie-Massenspektrometrie (LC/MS) eröffnet neue Perspektiven für effiziente spektroskopische Verfahren unter normalen Laborbedingungen mit hohem Probendurchlauf. Diese Technik, die in vielen Fällen die Kopplung zweier oder mehrerer Massenspektrometer verwendet, kann für die Messung einer großen Bandbreite von potenziellen Analyten eingesetzt werden – und das ohne Einschränkung der molekularen Masse, einfacher Probenvorbereitung, ohne chemische Derivatisierung sowie geringe Instandhaltung aufgrund der stabilen Instrumente. Somit wird heute die LC/MS und vor allem LC in Kombination mit Tandem-Massenspektrometrie (LC/MS/MS) sehr häufig in der Analytik von Mykotoxinen angewendet. Die Entwicklung von LC/MS-Verfahren zum Nachweis von Mykotoxinen wird u.?a. von der chemischen Vielfalt der Analyten sowie den Kompromissen eingeschränkt, die aufgrund der Probenvorbereitung eingegangen werden müssen. In Anbetracht des riesigen Spektrums an Polaritäten bei den Analyten könnte die scheinbar hochselektive MS/MS-Erkennung fälschlicherweise den Eindruck erwecken, dass Interferenzen in der Matrix komplett eliminiert werden können und quantitative Ergebnisse ohne Aufreinigung und minimale chromatografische Trennung möglich seien. Tatsächlich wird die Ionisationseffizienz des Analyts durch die gemeinsame Elution einzelner Matrixkomponenten positiv oder negativ beeinflusst, was die Wiederholbarkeit und Genauigkeit dieses Analyseverfahrens beeinträchtigt. Die Konsequenz daraus ist, dass nur wenige Methoden die erfolgreiche Injektion von Rohextrakten beschreiben und die Mehrheit der Publikationen eine Probenaufreinigung mithilfe von Festphasenextraktion (Solid Phase Extraction – SPE) vor der Flüssigchromatografie als effektivste Methode beschreibt. Dabei scheint speziell der Gebrauch von MycoSep®-Säulen oder MycoSpin™-Kartuschen der Firma Romer Labs Diagnostic GmbH am unkompliziertesten und effektivsten zu sein. [4], [5], [6], [7], [8], [9]

Stabilisotopenverdünnungsanalyse

Um die Matrixeffekte und ähnliche Quantifizierungsprobleme zu umgehen, wurde bislang eine Matrixkalibrierung für jede einzelne getestete Produktmatrix empfohlen – eine äußerst zeitaufwändige Arbeit, die sich in der Praxis als äußerst unpraktikabel erwiesen hat. Als alternative Herangehensweise wurde die Verwendung stabiler, isotopenmarkierter interner Standards eingeführt. Diese Substanzen kommen nicht natürlich vor, besitzen aber identische Eigenschaften wie der Analyt. Interne Standards sind Substanzen, die fast identisch mit den Zielsubstanzen der Analysenproben sind, d. h., deren molekulare Struktur der des Zielanalyts so ähnlich wie möglich ist, das Molekulargewicht sich jedoch für eine Bestimmung im Massenspektrometer unterscheiden muss. Während der Analyse werden interne Standards sowohl bei der Kalibrierung als auch der Analyseprobe beigefügt. Durch den Vergleich der Peak­flächenverhältnisse des internen Standards und der des Analyts kann ein exakter Rückschluss auf die Konzentration des Analyts getroffen werden. Die idealen internen Standards sind isotopenmarkierte Moleküle des jeweiligen Analyts, die üblicherweise mithilfe organischer Synthese hergestellt werden, indem einige Wasserstoffatome durch Deuteriumatome oder [12C] Kohlenstoff­atome durch stabile [13C] Isotopen ersetzt werden. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften solcher Substanzen und vor allem ihr Ionisationspotenzial sind denen natürlich vorkommender Zielanalyten extrem ähnlich bzw. fast gleich, doch kann aufgrund des höheren Molekulargewichts (wegen der eingesetzten Isotope) zwischen internen Standards und Zielanalyten in der massenspektrometrischen Detektion unterschieden werden. Im Idealfall sollte der Massenunterschied der isotopenmarkierten Substanz ausreichend groß sein, um den Effekt starker natürlicher Isotopenhäufigkeit im Analyt auszugleichen. Der Massenunterschied hängt prinzipiell vom Molekular­gewicht des Analyts selbst ab; im Falle von Molekülen mit einem Molekulargewicht von 200 bis 500 werden jedoch mindestens drei zusätzliche Masseneinheiten benötigt. Isotopenmarkierte Standards der Marke Biopure™ (Romer Labs Diagnostic GmbH) sind durchgehend [13C] markiert und bieten somit den ­optimalen Masseneinheitsunterschied zwischen markiertem Standard und Zielanalyt. Der [13C15]-Deoxynivalelnol (DON)- Standard, der als Flüssigstandard (25mgL-1) erhältlich ist, wurde im Hinblick auf Reinheit und Isotopenverteilung bzw. -austausch von Häubl et al. (2005) beschrieben, wobei der Isotopenaustausch zu 99 % bestätigt wurde. Die Verwendung von [13C15]-DON als internem Standard bei der Analytik von DON in Mais ergab einen Korrelationskoeffizienten (R2) von 0,9977 sowie eine Wiederfindung von 101 % +/- 2,4 %. Die gleichen Untersuchungen ohne Berücksichtigung des internen Standards ergaben eine Korrelation von R2=0,9974 und eine Wiederfindung von 76 % +/- 1,9 %, was die erfolgreiche Kompensation von im Zuge der Probenvorbereitung und Ionenunterdrückung entstandenen Verlusten bei isotopenmarkierten internen Standards unterstreicht. [10], [11]

Fazit

Die direkte Kopplung von Flüssigkeitsphasentrennung – wie etwa Flüssigkeitschromatografie – und Massenspektrometrie ist ein wichtiges Instrument zur Analyse hochkomplexer Substanzgemische. Vorteilhaft dabei sind vor allem die niedrigen Nachweisgrenzen, die Möglichkeit, strukturelle Informationen zu erhalten, minimale Probenaufbereitung sowie die Gelegenheit, ein weites Spektrum an Analyten mit unterschiedlichen Polaritäten abzudecken. Trotz der hohen Empfindlichkeit und Selektivität unterliegen LC-/MS-/MS- Instrumente aber gewissen Einschränkungen aufgrund matrixinduzierter Unterschiede bei Ionisationseffi­ zienzen und Signalstärken zwischen den Analyten. Ionenunterdrückung bzw. -verstärkung aufgrund von Matrixbestandteilen, die zusammen mit den Analyten in das Massenspektrometer gelangen, schränken die Robustheit und Exaktheit ein und stellen eine mögliche, systematische Fehlerquelle dar. Isotopenmarkierte interne Standards sind eine bewährte Methode, dieses Problem zu umgehen und auch die Abweichungen, die sich aus der Probenvorbereitung (z. B. Extraktion und Aufreinigung) ergeben, auszugleichen. Während der letzten Jahre wurden unzählige LC-MS-/MS-Verfahren zum Nachweis von Mykotoxinen entwickelt und auf den Markt gebracht, doch nur einige wenige beruhen auf dem Einsatz von stabilen, isotopen-markierten Analyten – meist aufgrund begrenzter Verfügbarkeit und Menge. Erst kürzlich wurde die Palette an [13C]-markierten Mykotoxinkalibranten der Fa. Romer Labs komplettiert. Diese [13C]-Standards basieren auf einer patentierten Technologie und sind weltweit einzigartig. Die Verfügbarkeit von derzeit 24 isotopenmarkierten internen Mykotoxinstandards eröffnet ein weites Feld an Anwendungen und Verbesserungen in der Analytik. So stellt nun vor allem die Entwicklung von einheitlichen Multitoxinanalysemethoden, die sich zum Nachweis mehrerer Typen von Analyt/Matrix-Kombinationen eignen, eine große Herausforderung für die Zukunft dar.

Literatur
[1] Sulyok, M., Berthiller, F., Krska., R., Schuhmacher, R. 2006. Development and validation of a liquid chromatography/tandem mass spectrometric method for the determination of 39 mycotoxins in wheat and maize. Rapid Commun. Mass Spectrom. 20, 2649-2659.
[2] Berthiller, F., Dall‘Asta, C., Schuhmacher, R., Lemmens, M., Adam, G., Krska, A.R. 2005. Masked mycotoxins: Determination of a deoxynivalenol glucoside in artificially and naturally contaminated wheat by liquid chromatography-tandem mass spectrometry. J. Agr. Food Chem. 53, 9, pp. 3421-3425.
[3] Schneweis, I., Meyer, K., Engelhardt, G., Bauer, J. 2002. Occurrence of zearalenone-4-?-D-glucopyranoside in wheat. J. Agric. Food Chem. 50 (6), pp. 1736-1738.
[4] Biancardi, A., Gasparini, M., Dall‘Asta, C., Marchelli, R. 2005. A rapid multiresidual determination of type A and type B trichothecenes in wheat flour by HPLC-ESI-MS. Food Additives and Contaminants, 22 (3), pp. 251-258
[5] Berthiller, F., Schuhmacher, R., Buttinger, G., Krska, R. 2005b. Rapid simultaneous determination of major type A- and B-trichothecenes as well as zearalenone in maize by high performance liquid chromatography-tandem mass spectrometry. J. Chromatog. A, 1062, 2, pp. 209-216.
[6] Biselli, S., Hummert, C. 2005. Development of a multicomponent method for Fusarium toxins using LC-MS/MS and its application during a survey for the content of T-2 toxin and deoxynivalenol in various feed and food samples. Food Add. Contam. 22 (8), pp. 752-760.
[7] Tanaka, H., Takino, M., Sugita-Konishi, Y., Tanaka, T. 2006. Development of a liquid chromatography/time-of-flight mass spectrometric method for the simultaneous determination of trichothecenes, zearalenone and aflatoxins in foodstuffs. Rapid Commun. Mass Spectrom. 20 (9), pp. 1422-1428.
[8] Milanez, T.V., Valente-Soares, L.M. 2006. Gas chromatography - Mass spectrometry determination of trichothecene mycotoxins in commercial corn harvested in the State of Sa?o Paulo, Brazil. Journal of the Brazilian Chemical Society, 17 (2), pp. 412-416.
[9] Klötzel, M., Gutsche, B., Lauber, U., Humpf, H.-U. 2005. Determination of 12 Type A and B Trichothecenes in Cereals by Liquid Chromatography- Electrospray Ionization Tandem Mass Spectrometry. J. Chromatog. 53, 8904-8910.
[10] Häubl, G., Berthiller, F., Krska, R., Schuhmacher, R. 2005. Sitability of a 13C isotope labeled internal standard for the determination of the mycotoxin Deoxynivalenol by LC-MS/MS without clean-up. Anal. Bioanal. Chem. 384 (3), pp. 692-696.
[11] Häubl, G., Berthiller, F., Rechthaler, J., Jaunecker, G., Binder, E.M., Krska, R., Schuhmacher, R. 2006. Characterisation and application of isotope-substituted (13C15)-deoxynivalenol (DON) as an internal standard for the determination of DON. Food Add. Contam. In print.
[12] Sakairi, M., Kato, Y. 1998. Multi-atmospheric pressure ionization interface for liquid chromatography-mass spectrometry. J. Chromatography A, 794, 391-406.
[14] Vishwanath, V., Sulyok, M., Labuda, R., Bicker, W., Krska, R. (2009) Anal. Bioanal. Chem. 395:1355–1372.

Foto: © fotolia.com | Elena Okhremenko

L&M 3 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 3 / 2013.
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