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LC-MS/MS in der Dopinganalytik

Nachweis von GW1516

Prof. Dr. Mario Thevis, Prof. Dr. Wilhelm Schänzer , Dr. Andreas Thomas, Simon Beuck, Ines Möller,
Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Biochemie / Zentrum für Präventive Dopingforschung

Dopingprävention stellt ein umfangreiches und komplexes Unterfangen dar, das viele verschiedene Ansatzpunkte erfordert, um den Missbrauch von Substanzen zur illegalen Leistungssteigerung zu -minimieren. Ein Aspekt ist dabei die zeitnahe Entwicklung von Nachweisverfahren zur Bestimmung neuer, (noch) nicht zugelassener Präparate in frühen oder fortgeschrittenen klinischen Testphasen, die aufgrund ihres Wirkungsprofils Missbrauchspotenzial besitzen.

Eine solchen Verbindung stellt GW1516 dar (Abb. 1), ein vollsynthetisches Molekül, welches als peroxisome proliferator-activated receptor (PPAR)-δ Agonist bezeichnet wird und therapeutisch zum Einsatz gegen Fettleibigkeit und damit assoziierte Krankheitsbilder entwickelt und getestet wird. Die Reduktion der Körperfettmasse bzw. die erhöhte Verwertung zugeführter Energieträger wird durch eine durch GW1516 erzielte Steigerung der Produktion von Enzymen erreicht, welche eine zentrale Rolle in der Fettverwertung einnehmen. Zudem wird der Anteil der Muskelfasern, die für die Ausdauerleistungsfähigkeit (Typ-I-Muskelfasern) nötig sind, erhöht und somit der „Abnehmer“ der zur Verfügung stehenden Energien bereitgestellt. In Tierversuchen wurde eine signifikante Ausdauerleistungssteigerung nach Behandlung mit GW1516 ohne besondere Trainingsmaßnahmen verzeichnet und gleichzeitig eine Genexpression ähnlich der nach körperlicher Aktivität festgestellt, wodurch GW1516 und analoge Substanzen als „Trainingsmimetika“ beschrieben und als -solche dopingrelevant wurden. Daher verbietet die Welt Anti-Doping Agentur (WADA) diese PPAR-δ Agonisten seit Januar 2009, auch wenn noch keines dieser Produkte zugelassen und erhältlich ist. Dennoch sind frühzeitige Implementierungen solcher Verbindungen in die Routine-Dopinganalytik zwingend erforderlich, um betrügerischen Sportlern kaum Möglichkeiten zum Missbrauch zu geben. Dazu wurde im Dopingkontroll-Labor der Deutschen Sporthochschule in Köln ein Testverfahren entwickelt, welches die Bestimmung von GW1516 in Blutplasma mittels Flüssigkeitschromatographie und Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) erlaubt.

Probengut

Um GW1516 effizient und eindeutig nachzuweisen, sind derzeit Blutproben unumgänglich, da der Stoffwechsel, Abbau und somit die Ausscheidung in den Urin bisher nicht publiziert wurden. Bis der Metabolismus geklärt ist und somit Zielanalyten für Urinanalysen vorliegen, werden Blutproben, die zu Dopingkontrollzwecken entnommen werden, für die Bestimmung von GW1516 herangezogen. Dazu werden 100 µL Plasma verwendet, die ausreichen, um die nach Applikation einer therapeutischen Dosis GW1516 resultierenden Plasmakonzentrationen von ca. 40–200 ng/mL sicher aufzufinden.

Probenvorbereitung

Die Probenvorbereitung basiert auf der Zugabe eines stabil isotopenmarkierten, internen Standards (hier ein Benzothiazepin mit einer Plasmakonzentration von 5 ng/mL) zu 100 µL Blutplasma in einem 1.5 mL Eppendorf-Gefäß, und anschließender Proteinfällung durch Zugabe von 200 µL Acetonitril. Nach Schütteln und Zentrifugieren wird die überstehende Phase zur LC-MS/MS Analyse in entsprechende Probengefäße abgefüllt und 10 µL dieser Lösung werden vermessen.

Analytik – Flüssigkeitschromatographie – Massenspektrometrie

Die genaue und justiziable Bestimmung GW1516 erfolgt nach der Probenvorbereitung mithilfe der Flüssigkeitschromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS). Hier werden die Zielanalyten aus der Protein-gefällten und mit Acetonitril verdünnten Plasmaprobe mittels Umkehrphasen-Chromatographie (reversed-phase liquid chromatography) getrennt und via Elektrospray-Ionisation (ESI) in das Massenspektrometer eingeführt, wobei eine Protonierung des GW1516 wahrscheinlich am Thiazol-Nukleus des Moleküls erfolgt. Durch kollisionsinduzierte Dissoziation dieses Vorläufer-Ions zerfällt der Analyt in charakteristische Bruchstücke, die in Summe das zur Identifikation des GW1516 heranzuziehende Produkt-Ionenspektrum ergeben (Abb. 2).


Abb. 2: Produkt-Ionenspektrum des protonierten Moleküls
von GW1516 [M+H] + m/z 454. Eindeutig sind charakteristische
Fragmente z.B. bei m/z 257, 256, und 188 zu verzeichnen.

Detaillierte Studien zur Fragmentierung des geladenen Moleküls haben gezeigt, dass wenige, aber umso charakteristischere Zerfallswege zu beobachten sind, die im Wesentlichen die Struktur des Trifluoromethylphenyl-Thiazol-Kerns beschreiben (Abb. 3) und somit eine sichere Identifizierung dieser verbotenen Substanz in Plasma erlauben.


Abb. 3: Schematischer Zerfallsweg des GW1516 nach positiver
Ionisation und kollisionsinduzierter Dissoziation. Diagnostische
Bruchstücke erlauben den sicheren und sensitiven Nachweis
der Substanz in Dopingkontrollproben.

Typische Chromatogramme einer mit GW1516 angereicherten Probe (1 ng/mL) sowie einer Probe ohne Zugabe der dopingrelevanten Verbindung sind in Abb. 4 dargestellt, welche die Aussagekraft der Analytik unterstreichen.


Abb. 4: Chromatogramme einer Blank-Plasmaprobe (a) und einer
Probe, die mit 1 ng/mL GW1516 angereichert wurde (b). In
beiden Fällen ist der interne Standard bei 5.1 min vorzufinden,
während nur in der angereicherten Probe GW1516 bei 7.1 min
auftritt.

Anwendung in der Dopinganalytik

Das Missbrauchspotential und die angenommenen leistungssteigernden Effekte von PPAR-δ Agonisten wie GW1516 haben zu einem Verbot dieser Verbindungen, die bislang keine Marktzulassungen erlangt haben, seit Januar 2009 geführt. Daher obliegt es Dopingkontroll-Laboratorien zeitnah Analyseverfahren zu erstellen, die einen sicheren Nachweis in pharmakologisch relevanten Konzentrationsbereichen erlauben. GW1516 kann in Blutplasma mit einer Nachweisgrenze von 0.4 ng/mL detektiert werden, was in etwa 100-fach unter zu erwartenden therapeutischen Konzentrationen liegt. Dennoch besteht das -mittelfristige Ziel darin, Abbauprodukte und urinäre Metabolite des GW1516 zu charakterisieren, um die deutlich höheren Zahlen an Urinproben, die regelmäßig zu Dopingkontrollzwecken von Athleten verlangt werden, ebenfalls hinsichtlich dieser neuen, in der klinischen Testphase IV befindlichen Substanz, zu testen.

Weiterführende Literatur
Thevis, M et al. Rapid Commun Mass Spectrom 2009, 23, 1139-1146.
Thevis, M et al. J Mass Spectrom 2009, 44, 442-460.

Stichwörter:
Analytik, Chromatograohie, Dopinganalyse, Dopingnachweis, Dopingprävention, Dopingkontrolle, Dopinglabor

L&M 4 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 4 / 2009.
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