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Synthetische Membranen

Stofftrennung und selektiver Transport

Prof. Dr. Volker Abetz, GKSS Forschungszentrum

Im Bereich polymerbasierter Membranmaterialien, die zur Stofftrennung und Katalyse eingesetzt werden, stellen sich eine Vielzahl interessanter wissenschaftlicher und technologischer Herausforderungen, von denen diejenigen mit einer besonders hohen gesellschaftlichen Relevanz im Institut für Polymerforschung des GKSS Forschungszentrum bearbeitet werden.

Nach wie vor stellen die Stabilität und Aktivität von eingelagerten katalytischen Partikeln in bestimmten Polymermatrizes ein Problem dar. Ebenfalls ist die Stabilisierung der Struktur von Polymeren mit intrinsischer Mikroporosität, die für Anwendungen im Bereich der Gas- und Dampftrennung eine große Rolle spielen könnte (z. B. Stickstoff-Sauerstoff-Trennung), aber auch sehr interessante Eigenschaften bei der Separation von flüssigen Stoffgemischen zeigt, eine Herausforderung. Die Balance zwischen Durchlässigkeit und Selektivität eines Membranmaterials gegenüber bestimmten Zusammensetzungen der zu trennenden Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten in gewissen Anwendungen mit erheblichem Marktpotenzial, wie z. B. der Erdgasreinigung oder dem CO2-Management, bedarf einer sehr weitgehenden Optimierung, die mit den traditionellen Homopolymeren oft nicht erreicht werden kann. Deshalb werden auch mehrkomponentige Polymere entwickelt, über deren Topologie-Eigenschaftsrelationen bisher noch wenig bekannt ist. Die Entwicklung neuer Materialien wird durch verfahrenstechnische Entwicklungen begleitet, deren Ziel das optimale Design von Trennprozessen ist. Die Aktivitäten in diesem Bereich lassen sich in vier Gruppen unterteilen: polymere Mehrkomponentensysteme, organisch-anorganische Hybridmaterialien, Polymere mit großem freiem Volumen und Prozessdesign. Im Einzelnen gestalten sich diese Arbeitsbereiche wie folgt:

Polymere Mehrkomponentensysteme

Eine ausgesprochen faszinierende Strategie zur Bildung nanostrukturierter Membranmaterialien ist die molekulare Selbstorganisation von Blockcopolymeren unterschiedlicher Topologie. Bei der molekularen Selbstorganisation handelt es sich um die spontane Anordnung von Molekülen zu hochgeordneten Strukturen, die von intermolekularen Bindungen zusammengehalten werden. Wenn synthetische Membranen auch viel einfacher strukturiert sind und eine viel geringere Funktionalität im Vergleich zu biologischen Membranen aufweisen, so sind die Strukturbildungsmechanismen doch recht ähnlich. Zu diesem Zweck werden mittels kontrollierter Polymerisationsverfahren maßgeschneiderte Blockcopolymere unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung synthetisiert und morphologisch charakterisiert. Hierbei kann eine weitere Funktionalisierung durch den Einbau von stimulisensitiven Blöcken erfolgen, welche zu schaltbaren Membranen führen. Ebenfalls spielt der Strukturbildungsprozess während der Membranherstellung eine große Rolle. Neben reinen Blockcopolymeren werden auch Gemische aus verschiedenen Polymeren untersucht, welche in der Regel kommerziell verfügbar sind. In all diesen Systemen sollte mindestens eine Komponente semipermeabel sein, während andere nicht lösliche und nicht quellfähige Komponenten dazu dienen, die Membran zu stabilisieren.

Organisch-anorganische Hybridmaterialien

Verbundwerkstoffe, insbesondere organisch-anorganische Hybridmaterialien, werden für Membranreaktoren, Brennstoffzellen sowie zur Trennung von Gasen und Flüssigkeiten entwickelt. Hinter dem Begriff Membranreaktor verbirgt sich eine innovative Technologie für eine Vielzahl chemischer Verfahren und Trennungsprozesse. Im Vergleich zu konventionellen Reaktortechnologien verbessern hier Membranen mit immobilisierten Katalysatoren die Selektivität und/oder die Umwandlung in chemischen Reaktionen. Von besonderem Interesse ist hierbei die Einlagerung metallischer Komponenten, können diese doch einer Matrix auf Polymerbasis katalytische Aktivität verleihen. Für die Trennung von Gasen werden sogenannte Membranen mit gemischter Matrix entwickelt. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Synthese und Einlagerung von metallorganischen Gerüststrukturen (MOF, metal-organic framework) in Polymermatrizes. Ein weiteres Beispiel ist die Entwicklung von Polymerfilmen mit gleichmäßig ausgerichteten Kohlenstofflamellen als Molekularsieb, bzw. von Polymerfilmen mit eingelagerten formanisotropen Kohlenstoffnanopartikeln, um die Selektivität, Permeabilität und Stabilität von Polymermembranen zu verbessern.

Polymere mit großem freiem Volumen

Für Anwendungen im Bereich der Gastrennung sind glasartige Polymere mit großem freiem Volumen ausgesprochen vielversprechend. Zwei Klassen von Polymeren mit großem freiem Volumen werden untersucht: funktionalisierte Polyacetylene und sogenannte PIMs (Polymere mit intrinsischer Mikroporosität, siehe Abb.). Polyacetylene werden am Topchiev-Institut in Moskau synthetisiert, das in diesem Bereich zu den weltweit führenden Forschungsgruppen gehört. Bei GKSS werden diese Polymere z. B. unter Verwendung anorganischer Nanopartikel modifiziert und ihre Eigenschaften in Bezug auf die Durchlässigkeit für Gase untersucht. Zu den Zielen gehört die Herstellung von Membranen mit sehr guter Gasselektivität, die zur Abtrennung kondensierbarer Kohlenwasserstoffe von Erdgas eingesetzt werden können. PIMs sind eine neue Klasse von Polymeren, die ursprünglich an der Universität Manchester (UK) entwickelt wurden. Die intrinsische Mikroporosität dieser Polymere ist auf ihre äußerst feste und verzerrte Molekülstruktur zurückzuführen, die eine hohe Dichte der Makromoleküle im festen Zustand verhindert. Die extrem hohe Durchlässigkeit dieser Polymere für Gase wurde bei GKSS entdeckt. In Zusammenarbeit mit den Erfindern dieser Klasse von Polymeren werden neue Polymere synthetisiert und Dünnfilm-Verbundmembranen entwickelt. Zu den größten Herausforderungen gehört dabei die Optimierung der langfristigen Stabilität von PIMs. Voraussichtlich wird diese Entwicklung zu neuen industriellen Anwendungen im Bereich der Gastrennung führen. Ein Beispiel ist die Anreicherung von Sauerstoff aus der Luft zur Optimierung von Verbrennungsprozessen, aber auch der Einsatz in der chemischen Prozesstechnik bei der Herstellung von Feinchemikalien ( organophile Nanofiltration) ist ein mögliches Anwendungsgebiet.

Prozessdesign

Die neuartigen Membranmaterialien dienen der Verbesserung bestehender Membranprozesse und der Erschließung neuer Anwendungen. Je nach Anwendung kann eine sogenannte Flachmembran oder eine Hohlfasermembran zum Einsatz kommen. Die Membran muss dabei zunächst in ein sogenanntes Modul integriert werden, welches dann ein zentraler Baustein der gesamten Trennanlage ist. Wir entwickeln Module in Pilotanlagen im technischen Maßstab auf der Basis von Prozesssimulationen. Unser Ziel besteht darin, diese Prozesse in enger Zusammenarbeit mit den Lizenznehmern von GKSS in industriellen Anwendungen zu etablieren. Ein wichtiger Aspekt ist die Entwicklung neuer Modelle, anhand derer sich der Massentransfer von Multikomponenten durch polymerbasierte Membranen als Funktion aus den Eigenschaften des Polymers und der permeablen Komponenten sowie aus Temperatur und Druck beschreiben lässt. Bei den untersuchten Membranprozessen handelt es sich um nicht-wässrige Nanofiltration sowie Gas- und Dampfpermeation auf Basis von Membranen, die bei GKSS entwickelt wurden. Unser Ziel sind Simulationswerkzeuge, mit denen sich das Betriebsverhalten von Prozessen vorhersagen lässt, die sich aus Membranstufen und konventionellen Grundoperationen zusammensetzen.

> http://polymerforschung.gkss.de

Stichwörter:
Stofftrennung, Katalsye, Polymermembran, Polyacetylen, PIM, Mikroporösität

L&M 5 / 2008

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 5 / 2008.
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