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L&M-6-2010 > Nachweis von Spurenstoffen und Transformationsprodukten mittels Massenspektrometrie

Nachweis von Spurenstoffen und Transformationsprodukten mittels Massenspektrometrie

Welche Rolle spielt die Chromatografie?

Die Analytik von Spurenstoffen und Transformationsprodukten stellt an die Massenspektrometrie immer höhere Anforderungen an Auflösung und Nachweisstärke. Die Rolle der Chromatografie wird oft nur unzureichend oder einseitig betrachtet. Am Beispiel der Detektion von polaren Transformationsprodukten, wie sie z. B. bei der oxidativen Abwasserbehandlung oder Trinkwasseraufbereitung entstehen, soll die Rolle der Chromatografie erläutert werden. Im zweiten Teil dieses Beitrags wird anhand aktueller Entwicklungen im Bereich der Chromatografie das enorme Potenzial aufgezeigt, das aus der Kopplung mit der Massenspektrometrie resultiert.

Rolle der Chromatografie bei der Analytik von polaren Verbindungen

Eine besondere Herausforderung stellt die Elimination von biologisch nicht abbaubaren Spurenstoffen, wie z. B. Arzneimitteln oder Industriechemikalien, aus dem Wasserkreislauf dar. Die weitergehende Eliminierung dieser Mikroverunreinigungen ist jedoch angezeigt, um die aus der Wasserrahmenrichtlinie ableitbaren Qualitätsziele zu erreichen.
Die Einführung der in der Trinkwasseraufbereitung bereits etablierten Ozonung gilt derzeit als eine der effektivsten Möglichkeiten, den Eintrag solcher unerwünschter Stoffe in die aquatische Umwelt zu minimieren [1]. Unter ökonomisch vertretbaren Bedingungen erfolgt bei der Ozonung jedoch keine vollständige Mineralisierung, sondern die Bildung von i. d. R. geringer wirksamen, sehr polaren Transformationsprodukten. Die Aufklärung dieser unbekannten Substanzen erfolgt mit Hilfe der hochauflösenden Massenspektrometrie. Häufig wird jedoch beobachtet, dass die Detektion insbesondere der polaren Stoffe problematisch ist, weil diese bei der chromatografischen Trennung auf einer Umkehrphase nur unzureichend zurückgehalten werden und somit mit oder nahe der Totzeit eluieren. Koeluierende Matrixbestandteile verursachen in vielen Fällen eine Ionensuppression. Die Aufgabe der Chromatografie besteht dann darin, die polaren Stoffe von den übrigen Matrixbestandteilen soweit abzutrennen, dass eine Detektion mit hoher Sensitivität möglich ist.
Für die Chromatografie polarer Stoffe, die auf einer „konventionellen“ Silika-C-18 Phase nicht retardiert werden, bieten sich z. B. stationäre Phasen auf Basis von Kohlenstoff an. Zu nennen sind hier Phasen aus grafitisiertem Kohlenstoff oder auf Basis von Zirkoniumdioxid, die mit Kohlenstoff beschichtet sind. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass gereinigtes Abwasser immer noch eine komplexe Matrix darstellt und neben den polaren Targetanalyten eine Vielzahl weiterer Verbindungen vorliegen, die weitaus unpolarer sind. Deshalb muss auch sichergestellt werden, dass die übrigen in der Probe enthaltenen Verbindungen eluiert werden können und keine Anreicherung unpolarer Komponenten auf der
Säule erfolgt. Vor diesem Hintergrund kann es sinnvoll sein, eine Mischphase einzusetzen, die sowohl Eigenschaften einer stark hydrophoben als auch weniger stark hydrophoben Phase aufweist.

POPLC

Ein solches Konzept wurde vor einigen Jahren unter dem Namen Phase-Optimized-Liquid Chromatography umgesetzt [2]. Hierbei können verschiedene Segmente unterschiedlicher stationärer Phasen totvolumenfrei gekoppelt werden, um die Selektivität der stationären Phase zu erhöhen und die Polarität der stationären Phase einzustellen.
Erste eigene Untersuchungen zur Anwendung der POPLC konnten am Beispiel der LC-MS/MS Analyse von polaren Degradationsprodukten, wie sie während des Betriebs der Brennstoffzelle durch oxidative Prozesse entstehen, erfolgreich abgeschlossen werden [3].
Für den Betrieb einer solchen Mischphase im Lösungsmittelgradientenmodus ist mit Hilfe eines neuen Softwaretools auch die gezielte Vorhersage der Retention möglich [4]. Obwohl die Verwendung von kommerziell verfügbaren Softwarelösungen wie z. B. die Software für die POPLC, DryLab [5] oder ChromSword [6] bei der Methodenentwicklung viele Vorteile bietet, erfolgt in den meisten Laboratorien immer noch der „trial and error“-Ansatz. Der Vorteil der computergestützten HPLC-Methodenentwicklung ist, dass anhand weniger Basismessungen eine Auflösungskarte oder Resolution-Map generiert werden kann, in der die Auflösung für das kritische Peak-Paar berechnet wird. Methoden können nach Durchführung der Basismessungen am Computer optimiert und dann zeitnah experimentell überprüft werden, so dass der Messaufwand im Rahmen der Methodenentwicklung auf ein Minimum reduziert wird.

Zweidimensionale HPLC

Eine weitere Möglichkeit, eine Abtrennung der polaren Komponenten von der Matrix zu erreichen, ist die so genannte umfassende zweidimensionale Chromatografie (comprehensive two-dimensional liquid chromatography, 2D-HPLC). Bei diesem Verfahren, das sich gegenwärtig noch im Forschungsstadium befindet, werden zwei möglichst orthogonale, d. h. sich in ihrer Selektivität stark unterscheidende stationäre Phasen genutzt. Im Gegensatz zur POPLC, bei der die Trennsäulen direkt hintereinander gekoppelt werden, sind diese bei der umfassenden 2D-HPLC über eine Ventilschaltung miteinander verbunden. In definierten Zeitintervallen wird das Eluat aus der ersten Trennsäule in zwei Schlaufen gesammelt, die alternierend befüllt werden, und danach über die zweite Trennsäule chromatografiert. Dabei entspricht die Analysenzeit für die zweite Dimension exakt der Sammelzeit für das Eluat aus der ersten Trennsäule. Das am IUTA entwickelte und in Abbildung 1 schematisch dargestellte Verfahren basiert auf einem 2DNano-und Kapillar-HPLC-System der Firma Eksigent, das von der Firma Axel Semrau vertrieben wird.

Durch die Miniaturisierung der beiden

Trennsäulen mit einem Innendurchmesser zwischen 75 und 300 ?m kann die Flussrate der zweiten Trenndimension so eingestellt werden, dass eine Kopplung mit einer Low-Flow oder Nano-Quelle eines Massenspektrometers möglich wird. Das System wird zurzeit mit einem Flugzeitmassenspektrometer der Firma GSG gekoppelt, das sich durch eine sehr hohe Datenaufnahmerate von 100 Hz auszeichnet. Gegenwärtig werden Hausstaubextrakte und komplexe (Ab-)Wasserproben analysiert.

Fazit

Bei allen Kopplungstechniken zwischen Chromatografie und Massenspektrometrie muss immer im Auge behalten werden, ob und wenn ja in welchem Maße eine chromatografische Trennung tatsächlich notwendig ist. Bei komplexen Proben, die z. B. über 100 Komponenten enthalten, ist eine Basislinientrennung aller in der Probe enthaltenen Stoffe i. d. R. nicht möglich aber auch nicht notwendig. Das bedeutet, dass ein kompliziertes bzw. stufenförmiges Gradientenprofil nicht angewendet werden muss, wie dies z. B. bei der HPLC-UV-Kopplung der Fall ist. Beispielsweise die mittels Softwareoptimierung im IUTA entwickelte Methode der Trennung von derivatisierten Aldehyen und Ketonen mit Aceton als organischem Modifier und einer kritischen Auflösung von 1,6 [7]. Eine solch hohe kritische chromatografische Auflösung ist erforderlich, weil sonst keine Quantifizierung möglich ist, wenn sich die UV-Spektren koeluierender Verbindungen nicht signifikant voneinander unterscheiden. Im Gegensatz dazu bietet das Massenspektrometer die Möglichkeit, eine Auftrennung nach dem Masse-zu-Ladungs-Verhältnis vorzunehmen, so dass bei ausreichenden Datenpunkten je Peak auch koeluierende Analyten mit unterschiedlicher Masse quantifiziert werden können. Eine vollständige Auftrennung aller Komponenten ist somit nur für isobare Stoffe wie z. B. Strukturisomere notwendig. Bei Matrixproblemen durch Ionensuppression kann die softwaregestützte Methodenoptimierung auch zur zielgerichteten Matrixabtrennung genutzt werden. Es bleibt also festzustellen, dass die Chromatografie auch in Verbindung mit der Massenspektrometrie immer noch eine wichtige Rolle spielt. Jedoch gilt der Grundsatz: so viel Chromatografie wie notwendig, so wenig wie möglich.

tuerk@iuta.de
teutenberg@iuta.de

Literatur
[1] J. Tuerk, B. Sayder, A. Boergers, H. Vitz, T. K. Kiffmeyer, S. Kabasci. WST (2010) 61: 985-993.
[2] http://www.poplc.de
[3] M. Zedda, J. Tuerk, T. Teutenberg, S. Peil, T.C. Schmidt. J. Chromatogr. A (2009) 1216: 8910-8917.
[4] http://www.poplc.de/lgpoplcoptimizer.html
[5] http://www.molnar-institut.com/HP/index.php
[6] http://www.chromsword.de
[7] S. Wiese, T. Teutenberg, E. Naegele, B.-W. Hoffmann, A. Gratzfeld-Huesgen. Agilent Application Note 5990-5793EN (2010).

L&M 6 / 2010

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2010.
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