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Haut Ex-vivo Penetrations- bzw. Permeationsmodelle ersetzen Tierstudien

Pro Tierschutz

Transdermale oder dermale Applikationen von Arzneistoffen haben eine zunehmende Bedeutung in der Human- als auch Veterinärmedizin. Um hierfür geeignete Substanzen zu finden oder entsprechende Zubereitungen
zu überprüfen, ist es daher notwendig, mehr über das Permeations- bzw. Penetrationsverhalten von Arzneistoffen zu wissen. In-vivo Experimente wären sicherlich das beste Modell, um die entsprechende Information zu gewinnen, allerdings sind diesen ethische und praktische Grenzen gesetzt. So können ohne Verwendung invasiver Techniken keine Aussagen über die Verteilung einer Substanz in tieferen Hautschichten gemacht werden. Um diese Probleme zu umgehen, stehen verschiedene ex-vivo Techniken zur Verfügung. Solche Methoden können aufwendige klinische Untersuchungen teilweise ersetzen oder helfen, dieselben effizient zu planen. Um Versuchsergebnisse, die an Häuten verschiedener Spezies gewonnen wurden oder innerhalb einer Spezies aber mit Häuten verschiedener Donoren, ist es notwendig, die Häute zu charakterisieren. Hierfür wird die Permeation von Koffein an Häuten untersucht. Der analytische Nachweis im Spurenbereich erfolgt über HPLC-UV.

Ex-vivo Hautmodelle

Zunächst stellt sich die Frage nach der Verwendung von tierischer oder menschlicher Versuchshaut. Die Permeabilität tierischer Versuchshaut ist von Spezies zu Spezies verschieden und im allgemeinen höher als die Permeabilität menschlicher Haut. Ursachen hierfür sind zum einen strukturelle Unterschiede, wie zum Beispiel eine geringere Stratum corneum-Dicke oder die höhere Haarfollikeldichte, zum anderen Unterschiede in der quantitativen Zusammensetzung menschlicher und tierischer Hornschichtlipide. Somit ist es fraglich, inwieweit Ergebnisse, die an der Haut einer Spezies gewonnen wurde, auf eine Andere übertragbar ist.
Neben der Herkunft der Hautproben hat auch deren Vorbehandlung einen großen Einfluss auf die experimentellen Ergebnisse. Es kann zunächst zwischen Ganzhaut-, Epidermis- und Stratum corneum- Präparaten unterschieden werden. Unter Ganzhaut-Präparaten versteht man die komplette Haut, die nur vom darunterliegenden Fettgewebe befreit wurde. Durch enzymatische Behandlung kann das Stratum corneum, das für viele Substanzen die Hauptbarriere darstellt, entfernt und für Diffusionsversuche eingesetzt werden. Ebenso ist es möglich, die isolierte Epidermis für Versuche zu verwenden. Die Hautproben können frisch exzidiert oder nach Lagerung eingesetzt werden. Zur Untersuchung von Substanzen, die in der Haut metabolisiert werden, stehen Methoden zur Verfügung, die die metabolischen Systeme der Haut durch entsprechende Kulturmedien über den Versuchszeitraum vital halten.

Permeation versus Penetration

Grundsätzlich kann zwischen zwei Arten der Untersuchung unterschieden werde: a) der Permeation (Durchtritt durch die Haut) b) der Penetration (Eintritt in die Haut)

Franz-Zelle

Eine einfache und sehr häufig verwendete in-vitro Methode zur Untersuchung der Haut permeation stellt die Franz-Zelle dar. Die Franz-Zelle selbst besteht aus Glas. Im Donor-Kompartiment befindet sich die Substanz bzw. Formulierung (z.B. Gele, Salben, Lösungen, Pflaster). Das Akzeptor Kompartiment ist mit Puffer oder anderen Lösungen gefüllt. Die komplette Franz-Zelle wird während der Versuchszeit auf die physiologische Hauttemperatur von 32 °C temperiert. Durch regelmäßige Probennahme aus dem Akzeptor-Kompartiment kann die Permeation einer Substanz über den gewählten Zeitraum durch die Haut hindurch verfolgt werden. Dabei ist es möglich, die experimentelle Anordnung so zu wählen, daß „infinite-dose“- oder „finitedose“- Bedingungen bestehen. Ebenso kann der Einfluß von Penetrationsverbessereren auf die Permeation einer Substanz anhand dieses Systems getestet werden.
Die Verwendung der Franz-Zelle als Diffusionsmodell ist vor allem geeignet den Transport von Arzneistoffen durch humane Haut (= Permeation) vorherzusagen, was der systemischen Verfügbarkeit entspricht.

Saarbrücker Penetrationsmodell

Von Prof. Loth und Mitarbeitern wurde in Saarbrücken ein alternatives in-vivo Modell entwickelt, mit dem insbesondere der Transport von Arzneistoffen in die Haut untersucht werden kann (= Penetration). Dieses besteht ausschließlich aus einem Donor-Kompartiment, die Haut selbst ist der Akzeptor.
Im Saarbrücker Penetrationsmodell liegt die Haut in einem Teflonblock auf einem mit Puffer befeuchteten Filterpapier. Die halbfeste Zubereitung, wäßrige Lösungen oder andere Zubereitungen des Arzneistoffes, können direkt auf die Haut aufgebracht werden. Die Apparatur wird mit einem Teflondeckel verschlossen und über bestimmte Zeiträume ebenfalls in einem temperierten Wasserbad inkubiert. Da ebenfalls halbfeste Zubereitungen oder Pflaster aufgebracht werden können, ist es geeignet, den Einfluß der Formulierung auf die Diffusion des Arzneistoffes in die Haut zu bestimmen und die mögliche Bildung von intracutanen Depots festzustellen.
Zur Bestimmung der Penetration des Arzneistoffs in die Haut werden zuerst Stratum corneum-Schichten entfernt, aus denen zur weiteren Analyse der Arzneistoff extrahiert wird. Anschließend kann die verbleibende Haut in oberflächenparallele Segmente mittels eines Gefriermikrotoms aufgeteilt werden. Diese werden dann ebenfalls weiter untersucht.

Klebebestreifen-Abrißtechnik (Strippen) zur Bestimmung der Arzneistoffpenetration ins Stratum corneum

Das am häufigsten verwendete Verfahren zur Isolierung verschiedener Schichten des Stratum corneum besteht darin, die Hornhaut durch Anpressen von Klebestreifen und nachfolgendes Abreißen (strippen) sukzessive abzutragen. Am Klebestreifen bleibt ein mehr oder minder dichter Flor isolierter Hornzellen haften. Um das Strippen unter konstanten Bedingungen zu ermöglichen wird eine Strippapparatur verwendet, die eine rutschfeste Fixierung der Haut ermöglicht. Es wird dann ein definierter, konstanter Druck zum Anpressen des Klebestreifens angewendet, um nach einer bestimmten Andruckzeit mit konstanter Abrißgeschwindigkeit den Klebestreifen zu entfernen.

Bestimmung der Arzneistoffpenetration in tieferen Hautschichten

Nachdem das Stratum corneum durch Strippen entfernt wurde, werden die verbleibenden tieferen Hautschichten eingefroren. Mit Hilfe eines Gefriermikrotoms wird die Haut in oberflächenparalelle Segmente geteilt. Normalerweise sind die erhaltenen Segmente 25 ?m dick. Nach der Extraktion kann der Arzneistoff in den tieferen Hautschichten nachgewiesen werden, um ein Arzneistoff-Konzentrations-Tiefen-Profil zu erstellen.
Aus diesen Profilen ist es möglich, Aussagen über die Arzneistoffverteilung in der Haut zu machen. Ebenso kann das Eindringprofil in Abhängigkeit von der Zeit ermittelt werden und die Beeinflussung der Penetration des Arzneistoffs durch die Formulierung.

Qualifizierung der Haut zum Vergleich von Ergebnissen

Sollen in-vitro Hautversuche als zuverlässiges Instrument der galenischen Entwicklung und der Qualitätskontrolle eingesetzt werden, so erfordert dies ein hohes Maß an Standardisierung der Versuchsbedingungen und der verwendeten Hautproben. Zu einer möglichst umfassenden Charakterisierung der Versuchshäute gehört neben der Messung der Dicke der Haut auch die Bestimmung der Stärke des Stratum corneums und der gesamten Durchlässigkeit der Haut.
Hierfür wird als Markersubstanz Koffein eingesetzt, das durch die Haut permeieren kann; allerdings mit einer sehr geringen Geschwindigkeit. Die Klassifizierung der Haut wird in der Franz-Zelle durchgeführt. Die gewählte Versuchsdauer kann zwischen 24 Stunden und 72 Stunden variiert werden.
Da die Permeation gering ist, bedarf es einer sehr empfindlichen, präzisen analytischen Methode zur Bestimmung des Koffeingehalts im Rezeptor. Da bei derartigen ex-vivo- Experimenten eine relativ große Anzahl von Proben anfallen, ist eine weitere Forderung an die analytische Methode eine relativ kurze Analysenzeit. Zu diesen Zwecken wurde eine Methode adaptiert und validiert. Die Vaildierung erfolgte in Anlehnung an die Bionalytik Guideline der FDA.

Chromatogramm beim LLOQ

Proben aus den Hautexperimenten zeigen einen starken Matrixeffekt. Durch die Methode können Matrixbestandteile vom Analyten getrennt werden. Die Empfindlichkeit ist ausreichend, um Proben aus Permeationsexperimenten an Haut zu bestimmen. Ebenfalls ist die Präzision der Methode mit einer relativen Standardabweichung hinreichend. Durch die Bestimmung der Koffein-Permeation können verschiedene Häute charakterisiert und verglichen werden.

Zusammenfassung

Um durch in-vitro Untersuchungen Daten zur perkutanen Absorption von praktischem Wert für die Arzneistoffaufnahme durch die Haut in-vitro zu erhalten, sollte das gewählte Modell Vorhersagen zur Geschwindigkeit und zum Ausmaß der Absorption eines Arzneistoffes ermöglichen. Eine weitere wichtige Frage ist, ob der Arzneistoff möglicherweise in der Haut ein Depot bildet. Bei bestimmten topischen oder epicutanen Anwendungen soll der Wirkstoff möglichst wenig in tiefe Hautschichten penetrieren (z.B. Antimykotika), während in anderen Fällen genau das Gegenteil erwünscht sein kann (z.B. Lokalanästhetika). Es besteht also Bedarf an aussagekräftigen Untersuchungssystemen, mit denen Qualitätsunterschiede zwischen unterschiedlichen Zubereitungen desselben Arzneistoffes festgestellt werden können. Da es sich um ex-vivo-Material handelt, ist es darüber hinaus besonders wichtig, eine gute Charakterisierung vorzunehmen, um Ergebnisse aus unterschiedlichen Serien miteinander vergleichbar zu machen. Die Bestimmung der Koffein-Permeation ist dafür besonders geeignet. Dazu ist es aber unerlässlich eine robuste, sensitive analytische Methode zur Quantifizierung aus biologischen Matrices zur Verfügung zu haben.

Literatur
Guidance for Industry, „Bioanalytical Method Validation“, U.S Departement of Health and Human Services; Food and Drug Administration, Center for Drug Evaluation and Research (CDER) Center for Veterinary Medicine (CVM), May 2001 BP; 5600 Fishers Lane, Rockville MD 20857.

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Hauck, G., Hornschichtlipide: Methoden zu ihrer Bestimmung sowie ihr Einfluß auf die Penetration von Flufenaminsäure in das Stratum corneum, Diss. Saarbrücken 1994

Borchert, D., Methoden zur Untersuchung der simultanen Penetration von Arzneistoffen und Vehikelbestandteilen aus Salben in exzidierte Humanhaut, Diss. Saarbrücken 1994

Schäfer, U., Theobald, F., Bioäquivalenz topischer Zubereitungen, Dtsch. Apoth. Ztg. 136 (1996) 4268-4269

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Hofland, H.E.J., Vesicles as transdermal drug delivery systems, Diss. 1991 Div. of Pharmaceutical Technology, Center for Biopharmaceutical Sciences, University Leiden, Netherlands

L&M 6 / 2010

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2010.
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