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L&M-4-2015 > Abschlussveranstaltung der BMBF-Fördermaßnahme

Abschlussveranstaltung der BMBF-Fördermaßnahme

Neue Schadstoffe im Wasserkreislauf

„Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf (RiSKWa)“ – Bilanz nach drei Jahren transdisziplinärer Forschung

Mit der Abschlussveranstaltung im Februar 2015 endet die BMBF-Fördermaßnahme „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheits­erregern im Wasserkreislauf (RiSKWa)“ offiziell. Auf der zweitägigen ­Veranstaltung haben die zwölf Verbundprojekte der Fördermaßnahme ihre Arbeiten und Ergebnisse unter den Themenschwerpunkten Spurenstoffe und Krankheitserreger im urbanen und ländlichen Raum, Spurenstoffe und Krankheitserreger in Einzugsgebieten und mit Blick auf die Trinkwasserversorgung vorgestellt.

Auch nach drei Jahren transdisziplinärer Forschung hat das Thema neue Schadstoffe und Krankheitserreger im Wasserkreislauf nicht an Aktualität verloren. Zunehmende Belastungen durch den Klimawandel, demografische Veränderungen und mit dem Wachstum von Wirtschaft und Wohlstand verbundene zunehmende Verschmutzung und Übernutzung stellen weiter­hin Herausforderungen für die Wasserwirtschaft dar. Oberflächengewässer und Grundwasser als Quellen unseres Trinkwassers benötigen besonderen Schutz. Mit Blick auf einen vorsorgenden Gesundheits- und Umweltschutz sind sowohl Forschung als auch Politik gefordert, hier zu handeln, mögliche Risiken zu erkennen, neu zu bewerten und geeignete Maßnahmen zu treffen.

Für den Umgang mit neuen Spurenstoffen und Krankheitserregern wurden in RiSKWa verschiedenen Instrumente und Lösungsansätze ent­wickelt. Diese reichen von Verfahren zur Identifizierung neuer Schadstoffe und Krankheitserreger über Untersuchungs- und Bewertungskonzepte für Trinkwasserressourcen, Gewässer und Abwasser bis hin zu Technologien der Abwasser-/Wasserbehandlung. Um ihre Um­setzung in die Praxis zu gewährleisten, werden die unterschiedlichen Managementansätze an ver­schiedenen Untersuchungsstandorten erprobt. Ein zentrales Element in RiSKWa ist die Kommunikation. Sie ist Grundlage für die Einbindung aller Akteure, von der Forschung über die Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Wirtschaft bis hin zur Öffentlichkeit. Im Dialog mit unterschiedlichen Partnern hat sich aus RiSKWa heraus ein umfassendes Netzwerk entwickelt, das mittlerweile weit über die Fördermaßnahme hinaus gewachsen ist.

Moderne Analysegeräte und -methoden ermöglichen Nachweise von organischen Substanzen in geringsten Konzentrationen. So können in einem Analyselauf mehrere 100 Verbindung­en erfasst werden. Um die Identifizierung unbekannter Stoffe zu vereinfachen, wurde in RiSKWa die Datenbank „STOFF-IDENT“ entwickelte, die neben knapp 8.000 Chemikalien auch analy­tische Informationen zu bekannten Metaboliten und Abbauprodukten enthält. Auch nach Projekt­ende wird sie weiter am Bayerischen Landes­amt für Umwelt gepflegt. In der Routineanalytik ist die Identifizierung von Einzelsubstanzen jedoch selten leistbar. Um trotz der immer unübersichtlicheren Vielzahl an messbaren Stoffen Quellen zu identifizieren und technische Prozesse bewerten zu können, wurde für die Auswahl eines sinnvollen Satzes an aussagekräftigen Substanzen ein Kriterienkatalog erarbeitet. Die Ergebnisse wurden in einem kostenfrei verfügbaren Leitfaden zusammengefasst.

Doch welche Auswirkungen haben diese Substanzen wirklich? Die derzeitigen Konzepte in der Risikobewertung aufgrund der in der ­Umwelt auftretenden Niedrig(st)dosen sind nicht mehr tragfähig. Mit der UBA-Empfehlung „Bewertung der Anwesenheit teil- oder nicht bewertbarer Stoffe im Trinkwasser aus gesundheitlicher Sicht“ existiert ein theoretischer Ansatz zur Ableitung des gesundheitlichen Orientierungs­wertes (GOW). Diese Strategie folgt dem internationalen Trend, neue experimentelle Konzepte durch den Einsatz von Screeningverfahren in die regulativen Entscheidungen einzubeziehen.


Oberflächengewässer und Grundwasser als Quellen unseres Trinkwassers sind zunehmenden Belas­tungen ausgesetzt.
Bild: © DECHEMA e.V.

Spurenstoffe und Krankheitserreger im urbanen Raum

In eng besiedelten Regionen kann der Eintrag von anthropogenen Spurenstoffen und Krankheitserregern zu Nutzungskonflikten führen. Daher untersuchen einige Verbundprojekte in RiSKWa, wie natürliche und technische Ansätze zur Wasseraufbereitung bemessen werden müssen, um in urbanen Räumen auch in Zukunft eine gute Wasserqualität garantieren zu können. Anwendungsorientierte Konzepte werden in den Modellregionen Berlin und Dresden erarbeitet und erprobt.

Die Untersuchungen in Berlin haben gezeigt, dass mit Aktivkohle oder Ozon Spurenstoffe an unterschiedlichen Stellen des Wasserkreislaufes wirksam verringert werden können. Die Ergebnisse der Pilotanlagen bilden eine wichtige ­Planungsgrundlage, um künftig großtechnische Barrieren im Berlin einführen zu können. Am Beispiel der Stadt Dresden wurden die Einträge von Antibiotika und die Bildung von Antibio­tikaresistenzen im urbanen Abwasser untersucht. Die Bilanzierung von Arzneimitteleinträgen an mehreren Standorten in Dresden und an der Kläranlage Kaditz zeigen einen sehr guten Abgleich der kalenderwochenweise verfügbaren Verschreibungsdaten von Krankenkassen. Gleich­zeitig wurden unterschiedliche Resistenzgene kulturunabhängig und quantitativ erfasst. Im Vergleich zu kommunalen Abwässern konnten keine höheren Einträge von Arzneimittelrückständen in den untersuchten Einrichtungen des Gesundheitswesens wie z.B. Krankhäuser oder Pflegeeinrichtungen festgestellt werden.


Projekt Sichere Ruhr – der Baldeneysee ist der größte der sechs Ruhrstauseen. Er liegt im Süden der Stadt Essen und ist heute ein Wassersportparadies und Naherholungsgebiet.
Bild: © Ruhrverband

Aber nicht nur durch technische Lösungen kann der Eintrag von Arzneimittel(-rückständen) verringert werden. Umfragen bestätigen, dass etwa die Hälfte der Verbraucher Altmedikamente unsachgemäß entsorgt. Dies ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass in Deutschland keine einheitliche Empfehlung ausgesprochen wird. Eine Initiative aus dem Querschnittsthema „Risikokommunikation und Öffentlichkeitsarbeit“ hat sich dieser Thematik angenommen und die Empfehlungen der 403 Stadt- und Landkreise auf dem Internetportal www.arzneimittelentsorgung.de zusammengefasst und visuell in einer Deutschlandkarte aufbereitet.

Spurenstoffe und Krankheitserreger im landwirtschaftlichen Raum
In landwirtschaftlich geprägten Gebieten gelangen anthropogene Spurenstoffe und Krankheits­erreger häufig diffus über den Ausbreitungspfad Boden-Grundwasser in die Umwelt. Ihr Eintrag kann im Wesentlichen auf die Intensivtierhaltung und den Anbau von Nutzpflanzen zurückgeführt werden. Technische Maßnahmen sind hier nur bedingt möglich. Untersuchungen haben ge­zeigt, dass Biogasanlagen einen vielversprechen­den Ansatz für die Abwasserbehandlung im landwirtschaftlichen Bereich mit Blick auf Veterinärpharmaka und potentiell pathogene Bakterien darstellen. Problematisch sind jedoch Kupfer und Zink als Futtermittelzusatzstoffe. Ihre Gehalte übersteigen auch nach der Passage von Biogasanlagen in den meisten Fällen die entsprechen­den Vorsorgewerte.

Wo Rückstände aus der intensiven Tier­haltung direkt ausgebracht werden, kommt dem Boden als natürlicher Barriere eine besondere Schutzfunktion zu, die es auch künftig zu erhalten gilt. Mit anwendungsorientierten Untersuchun­gen im Einzugsgebiet einer Karstquelle auf der Schwäbischen Alb konnte der Einfluss landwirtschaftlicher Nutzung, des Abwassersystems und punktueller Einträge im Einzugsgebietsmaßstab auf die Belastung des Rohwassers an der Quelle abgebildet werden. Die enge Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort ermöglichte die Verbesserung des technischen Standards des Regen­überlaufbeckens im Untersuchungsgebiet. Dies führte zu einer signifikanten Verminderung der Belastung des Rohwassers an der Quelle mit Spurenstoffen und Krankheitserregern.

Spurenstoffe und Krankheitserreger in Einzugsgebieten

Um den Eintrag von Spurenstoffen und Krankheitserregern aus der kommunalen Abwasser­be­handlung weiter zu verringern, werden Abwasserreinigungsverfahren optimiert, Technologien weiterentwickelt und neue Verfahrenskombinationen erprobt. Sie werden direkt auf verschiedenen Kläranlagen getestet, u.a. in den Modellregionen Donauried-Hürbe sowie entlang der Flüsse Ruhr und Schussen. Im Einzugsgebiet der Schussen, einem bedeutenden Zufluss des Boden­sees, wurden u.a. die Auswirkungen des Ausbaus der Kläranlage Langwiese mit einem Pulveraktivkohlefilter auf das Ökosystem untersucht. Durch eine Aufrüstung aller Kläranlagen im Einzugsgebiet mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe könnte die Gewässerbelastung erheblich reduziert werden. Berechnungen zufolge könnte durch entsprechende Maßnahmen der Eintrag von Benzotriazol (Komplexbildner) um ca. 100kg, von Iomeprol (Röntgenkontrastmittel) um ca. 140kg und von Carbamazepin (Antiepileptikum) um ca. 23kg pro Jahr eingespart werden. Mit dem besonderen Augenmerk auf die Identifizierung von Transformationsprodukten (TP), die in der biologischen Abwasserreinigung oder bei der Ozonung gebildet werden, werden verschiedene Verfahren und Verfahrenskombinationen – u.a. Ozonung, granulierte Aktivkohle, Biofilter und Eisenbakterien – im Untersuchungs­gebiet Donauried-Hürbe getestet. Die Ergebnisse zeigen, dass die alleinige Ozonung ohne Nachbehandlung aufgrund erhöhter ökotoxikologischer Effekte und der Bildung oxidativer TPs nicht ausreichend ist.

Flüsse und Seen werden nicht nur als Trinkwasserressource, sondern in den letzten Jahren vermehrt zum Baden genutzt. Auch die Ruhr ist ein beliebtes Naherholungsgebiet. Um die Ruhr künftig als Badegewässer nutzen zu können, wurde ein Umsetzungskonzept entwickelt, das nach Projektende von der Interessensgemeinschaft „Baden in der Ruhr“ fortgeführt wird. Für das Jahr 2015 ist ein Probebetrieb an drei Ruhr-Badestellen unter Einhaltung der rechtlichen Anforderungen geplant.

Spurenstoffe und Krankheitserreger mit Blick auf die Trinkwasserver­sorgung
Für die Erfassung, Beurteilung und Minimierung von potenziellen Risiken, die mit dem Auftreten von Spurenstoffen und Krankheitserregern in der Trinkwasserversorgung verbunden sind, wird in RiSKWa eine Reihe von Werkzeugen entwickelt. Konkrete Beispiele sind ein datenbankbasiertes Bewertungssystem zur Gefährdungsanalyse in Wassereinzugsgebieten, molekularbiologische Methoden zum Nachweis von Krankheitserregern sowie Labortestsysteme zur Beurteilung des Verhaltens von Spurenstoffen, Nanopartikeln und Krankheitserregern bei der Trinkwasseraufbereitung.
Die Qualität des Trinkwassers muss nach der Trinkwasserverordnung bis zur Entnahme am Wasserhahn gewährleistet werden. Von hygienischer Seite kommt daher den Trinkwasserinstallationen am Ende des Versorgungsnetzes eine entscheidende Rolle zu. Um pathogene Legionellen quantitativ erfassen zu können, werden innovative Methoden für die Vor-Ort-Analyse entwickelt. Hierfür werden eine DNA-Vervielfältigungstechnik und eine Mikroarray-Technik auf einer Plattform kombiniert, um molekularbio­logischer Pathogene zu detektieren. Aktuelle Ver­suche zeigen, dass diese Technik das Potenzial für die gewünschte Diskriminierung bietet.

Bild: © istockphoto.com|?Xavier Arnau

L&M 4 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 4 / 2015.
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