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Rolle und Bedeutung von Biobanken für die Gesundheitsforschung

Gold des 21. Jahrhunderts

Obwohl die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung mit dem Begriff ­„Biobank“ keine konkreten Vorstellungen verbindet, hat in den letzten Jahren ein wahrer Biobanken-Boom eingesetzt. Getrieben von der Erkenntnis, dass zahlreiche Fragen der biomedizinischen Forschung ohne ausreichend viele und qualitativ hochwertige Bioproben nicht beantwortet werden können, haben nahezu alle Univer­sitätsklinika damit begonnen, zentrale Biobankstrukturen aufzubauen.

Insbesondere die Förderungen von BMBF und Krebshilfe haben hierfür wichtige Impulse gesetzt, die die Entwicklung der Biobanklandschaft in Deutschland entscheidend voran­getrieben haben. Darüber hinaus haben sich Strukturen entwickelt, die die verschiedenen Biobankaktivitäten untereinander koordinieren. Diese Infrastruktur hat durch die jüngste BMBF-Förderung einer Deutschen Kontakt- und Vermittlungsstelle für Biomaterialbanken als „Nationaler Knoten“ für BBMRI auch die Verbindung mit dem europäischen Ausland hergestellt.

Zentralisierte Biomaterialbanken (cBMBs)

Unter dem Begriff „Nationale Biomaterialbanken-Initiative“ erging 2010 eine BMBF-Ausschreibung mit dem Ziel, die bisher fragmentierten Biobanken an einem Standort in einer zentralen Struktur zusammenzuführen. Dies hat den Vorteil, dass Proben unter gleichen Qualitätsstandards gesammelt und gelagert werden, dass eine einheitliche Patienteneinwilligung und -aufklärung erfolgen kann und dass Proben auch nach Projektende der Forschung zur Verfügung stehen. Als ein angenehmer „Nebeneffekt“ kann die insgesamt deutlich kostengünstigere Arbeitsweise einer zentralen Biobank hervorge­hoben werden. Von den zahlreichen Anträgen auf Förderung wurden schließlich fünf Standorte ausgewählt: Aachen, Berlin, Heidelberg, Kiel und Würzburg. Auch München hat eine zentrale Biobankstruktur, die im Rahmen einer anderen Förderlinie finanziert wird. Die geförderten Standorte arbeiten seit Beginn der Förderung sehr intensiv zusammen, um in enger Abstimmung homogene Vorgehensweisen sowohl für flüssige Bioproben als auch Gewebeproben zu ent­wickeln und anzuwenden. Dies gilt auch für die IT-Strukturen, die so aus­gelegt werden, dass eine einfache Kommunikation und ein entsprechender Informationsaustausch zwischen den Biobanken erfolgen können. Nicht zuletzt beschäftigen sich die cBMBs auch mit Kostenmodellen für die ­Finanzierung von Biobanken. Auch hier besteht das Ziel darin, vergleichbare Aufwandsentschädigungen für die verschiedenen Leistungen der Biobanken zu entwickeln.



Kleiner Ausschnitt aus dem Archiv der Zentralen Biobank der Charité (ZeBanC). Insgesamt befinden sich mehr 2 Millionen von diesen in ­Paraffin einbetteten Gewebeproben in diesem Archiv.

Biobanken-Infrastruktur

Die Fragen und Probleme, mit denen sich Biobanken auseinandersetzen müssen, sind unabhängig vom Standort oder der Größe der Biobank in weiten Teilen übereinstimmend. Deshalb haben sich schon im Jahre 2003 Betreiber von Biobanken, Juristen, IT-Fachleute und Ethiker unter dem Dach der TMF in der AG Biomaterial­banken zusammengeschlossen. Diese hat in den letzten zehn Jahren zahlreiche Dokumente (Mustertexte, Empfehlungen, Gutachten) erstellt und durch den Besuch verschiedener in- und ausländischer Biobanken einen großen Erfahrungsschatz generiert, der wiederum in die Arbeit der AG Biomaterialbanken einfließt. Alle Dokumente stehen über die TMF den deutschen Biobanken kostenfrei zur Verfügung. Um die Kommunikation zwischen den deutschen Biobanken nachhaltig zu verbessern, wurde aus der AG Biomaterialbanken heraus das Deutsche Biobankenregister mit angeschlossenem User-­Portal entwickelt. Dieses Register bildet eine hervorragende Übersicht über die deutschen Biobankaktivitäten und ermöglicht über diesen Weg biobankübergreifende Zusammenarbeit. Da es jedoch immer mehr Biobankaktivitäten in Deutschland gibt und da auf europäischer Ebene die Vernetzung von Biobanken unter BBMRI-ERIC erheblich an Fahrt aufnimmt, kann die AG Biomaterialbanken der TMF, die auf freiwilliger Mitarbeit der Teilnehmer beruht, diese immer größere werdende koordinative Aufgabe nicht mehr alleine bewältigen. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, hat das BMBF Ende 2012 eine Ausschreibung für eine Nationale ­Koordinierungsstelle für Biomaterialbanken ver­öffentlicht, die auch als nationaler Knoten für BBMRI fungieren soll. Nach umfangreicher Begutachtung hat die Charité – Universitätsmedizin Berlin mit dem Autor dieses Artikels als nationalem Koordinator diese Förderung erhalten. Das Projekt hat seine Arbeit zum 01.11.2013 aufgenommen. Es umfasst neben dem Aufbau der Kontakt- und Koordinierungsstelle an der Charité auch ein Arbeitspaket zur Harmoni­sierung des „Biobankings“ von flüssigen und Gewebeproben sowie zur IT-Verknüpfung deutscher Biobanken. Ein weiteres Arbeitspaket wird sich schwerpunktmäßig mit der Öffentlichkeitsarbeit beschäftigen. Der nationale Koordinator wird als Vertreter die deutschen Interessen in BBMRI vertreten.



Fluoreszenz-in-situ–Hybridisierung (FISH) zum Nachweis eines chromosomalen Bruchs im ALK Gen.

Biobanken und Gesundheitsforschung

Das Spektrum der Biobanken reicht von populationsbezogen Biobanken über projekt- bzw. studienspezifische Biobanken bis hin zu Biobanken im Kontext der Krankenversorgung. Alle leisten ihren Beitrag für die Gesundheitsforschung. Während populationsbezogene Bio­banken die Zusammenhänge zwischen genetischer Prädisposition und Umwelteinflüssen durch die Untersuchung von zahlreichen gesunden Spendern erforschen, haben projekt- bzw. studienspezifische Biobanken die Aufklärung einer bestimmten Krankheit zum Ziel. Hierzu werden entsprechend gezielt Patientenproben gesammelt, die diesen Merkmalen entsprechen. Darüber hinaus werden zahlreiche Daten im Rahmen der Studie oder Projekts von Patienten erhoben. In krankheitsbezogenen Biobanken wie den cBMBs wird hingegen ein breites Spektrum von Proben erfasst, die in der Regel zahlreiche onkologische und nichtonkologische Krankheiten umfassen. Ein wesentlicher Aspekt der cBMBs ist das Sammeln von Proben und Daten für die Identifikation und Validierung von Biomarkern. Dies soll am nachfolgenden Beispiel veranschaulicht werden. Das nichtkleinzellige Lungenkarzinom (non-small cell lung cancer; NSCLC) galt lange Zeit als homogene Krankheit mit schlechter Prognose. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass sich das NSCLC molekular in immer mehr Untergruppen aufspalten lässt, die auch einer gezielten Therapie zugänglich sind. Dies ist nicht nur aus wissenschaftlichem Gründen interessant, sondern bietet auch neue therapeutische Angriffspunkte. Allerdings werden durch die immer weitergehende molekulare Untergruppierung die diagnostischen/therapeutischen Subgruppen des NSCLC zunehmend kleiner. Dadurch werden für die Validierung von Biomarkern immer größere Patientenkollektive benötigt, um ausreichend viele Fälle in den jeweiligen molekularen Subgruppen zu finden. Für das Auffinden von NSCLC-Fällen mit einer genomischen Inversion des Gens für die anaplastische Lymphom-Kinase (ALK) haben wir mehr 1.000 Fälle im Rahmen der Zentralen Biomate­rialbank der Charité (ZeBanC) zusammenge­tragen und mittels FISH und Immunhistologie untersucht. Dabei konnten 20 Fälle identifiziert werden, die diese Veränderung tragen. Dies zeigt, dass nur mit großen Fallkollektiven zukünftig molekulare Patientensubgruppen iden­tifiziert und validiert werden können.

Fazit

Biobanken haben sich zu einem unverzichtbaren Werkzeug der biomedizinischen Forschung entwickelt. Um effizient und kostengünstig arbeiten zu können, ist eine Zusammenfassung verschiedener Biobanken in einer gemeinsamen Struktur von Vorteil. Dies gewährleistet darüber hinaus eine Nachhaltigkeit, die die Verwendung von Proben über lange Zeiträume zulässt.

Foto © panthermedia.net| James Steidl

Stichwörter:
Biobanken, Gesundheiitsforschung, Biobanken-Infrastruktur

L&M 2 / 2014

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 2 / 2014.
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