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L&M-8-2012 > Titration im Wasser- und Umweltbereich

Titration im Wasser- und Umweltbereich

Präzise Antworten

Die Titration ist eine der ältesten analytischen Methoden der Welt. Sie hat einen festen Platz im Labor erworben und spielt auch heute noch eine wichtige Rolle. Im Bereich der Wasser- und Umweltanalytik sind eine Reihe von Titrationsanwendungen sogar unverzichtbar.

Die Titration hat ihre große Bedeutung bei Gehaltsbestimmungen von Hauptkomponenten, weil sie sowohl eine Absolutmethode darstellt als auch eine außerordentliche Genauigkeit bietet. Absolutmethode bedeutet, die erhaltenen Verbräuche in Milliliter als Maßzahl sind direkt ohne weiteres Referenzieren auf die chemische Umsetzung zurückzuführen. Die Summe von systematischen und zufälligen Fehlern liegt meist deutlich unter 1 %, in der Praxis sind oft noch genauere Ergebnisse üblich.
In den letzten 200 Jahren ist der CO2- Gehalt der Luft von etwa 280 ppm auf über 380 ppm angestiegen. Der Anstieg des CO2 wird dabei als eine Ursache der „globalen Erwärmung“ diskutiert. Während sich in der Atmosphäre etwa 800 Gt CO2, berechnet als Kohlenstoff befinden, beträgt die in Meerwasser gelöste Menge 38000 Gt, also sehr viel mehr. Es besteht ein auf der Zeitskala kurzzeitiges Gleichgewicht zwischen dem CO2 in der Luft und im Meerwasser. Die Zunahme von CO2 in der Atmosphäre führt also zu einer Erhöhung des gesamten gelösten Kohlenstoffs und im Speziellen des CO2 im Meer. Dies führt wiederum zu einer Absenkung des pH-Wertes und einer Beeinflussung des Aragonit- und Calcit- Gleichgewichtes. Zahlreiche Meereslebewesen werden dadurch in ihrem Wachstum behindert. Die Quantifizierung von CO2 im Meer ist also von besonderem Interesse. Die Methode der Wahl ist die Titration der Gesamtalkalität [1].
Das CO2 in der Atmosphäre steht mit dem gasförmigen CO2 im Wasser im Gleichgewicht. Ein weiteres Gleichgewicht besteht zwischen dem CO2 im Wasser und der Kohlensäure H2CO3, die in Hydroniumkationen, Hydrogencarbonat und Carbonat dissoziiert. Bei der Titration mit Salzsäure entsteht aus dem Carbonat zunächst bei einem ersten Endpunkt das Hydrogencarbonat (meist pH 8,2), beim zweiten Endpunkt (meist pH 4,3) undissoziierte Kohlensäure. Da diese mit dem Wasser in einem Gleichgewicht von CO2 und H2O steht, entweicht bei der Titration CO2. Befinden sich noch andere Säuren in größerem Maße im Wasser, ist die einfache Endpunkt- Titration nicht mehr möglich. In diesem Fall wird mit der Salzsäure übertitriert und der Überschuss der Salzsäure mittels einer „Granauswertung“ zurückgerechnet.
Die Bestimmung des CO2 ist ein sehr wichtiger Parameter nicht nur im Meerwasser. Er wird in jedem Wasser wie Trinkwasser, Oberflächenwasser in Seen und Flüssen und im Abwasser bestimmt. Bei Oberflächengewässern in waldreichen Gegenden können oft Huminsäuren, die beim Abbau von Holz und Blättern entstehen, die Zuordnung der Kohlensäure erschweren. In solchen Fällen wird auch der Anteil aller Säuresalze als Summe mit der Gesamtalkalitätsmethode bestimmt. Für die Bestimmung wird ein Titrator wie der TL 7000 eingesetzt (Abb. 1), der auch die Auswertung alleine oder bei der Granauswertung mit einer externen PC-Software einschließlich der Dokumentation übernimmt. Abbildung 2 zeigt die Auswertung einer Gesamtalkalinität in Meerwasser nach Gran.
Im Haushalt gehen die Hausfrau oder der Hausmann pragmatisch mit diesem Parameterum: Sie oder er entfernt die temporäre Härte einfach mit Kochen. Die Folgen sind als Ablagerungen im Wasserkessel oder Nudeltopf deutlich sichtbar. Da ist jetzt aber nicht die Schuld des Hausmanns oder der Hausfrau, sondern ist in der Tatsache begründet, dass zu jedem Anion auch ein Kation im Wasser vorhanden sein muss. Im Oberflächenwasser und Trinkwasser sind dies fast ausschließlich Calcium- und Magnesiumionen, im Meerwasser natürlich durch den hohen Salzgehalt von ca. 3 % hauptsächlich Natriumionen. Dies führt zu einer Unterscheidung von temporärer Härte und permanenter Härte. Die temporäre Härte aus Calcium- und Magnesiumcarbonat kann beim Kochen entfernt werden, weil CO2 aus den Hydrogencarbonatsalzen durch die Wärme entfernt wird und das schwer lösliche Calciumcarbonat als Kesselstein übrig bleibt. Wie die Reinigung leicht erfolgt, ist nach dem hier Gesagten offensichtlich: Es wird einfach eine Säure zugegeben. Weil Salzsäure im Haushalt kaum verfügbar ist, wird in der Praxis Citronensäure oder Essigsäure eingesetzt.
Sowohl die permanente Härte als auch die temporäre Härte lassen sich durch Ionenaustauscher aus dem Trinkwasser entfernen.

Die Bestimmung der Kohlensäure im Wasser, als Säurekapazität oder Gesamtalkalität definiert, ist daher untrennbar mit den Bestimmungen aller Kationen verknüpft. Da sich im Trinkwasser hauptsächlich Calcium- und Magnesiumkationen befinden, wird diese Bestimmung mit einer calciumsensitiven Elektrode mit einem Komplexbildner (EDTA) als Titration durchgeführt. In einer Titration bei definiertem pHWert von pH 8 bis pH 11 je nach Gewässer wird zunächst das Calcium erfasst, danach das Magnesium. Abbildung 3 zeigt die typischeTitrationskurve mit einer Markierung des Calcium- und Magnesiumgehaltes. Die Summe wird auch oft als Gesamthärte definiert. Mithilfe einer kupfersensitiven Elektrode lassen sich unter geeigneten Bedingungen auch alle Kationen direkt als Gesamthärte bestimmen. Der Titrator TL 7000 ist auch für diese Bestimmungen das richtige Gerät. Auch weitere An- und Kationen lassen sich mittels Titration quantifizieren, jedoch werden diese oft mittels IC erfasst.
Die Wasserhärte basiert auf der Konzentration der Calcium- und Magnesiumsalze. Die Wasserhärte hat nicht nur Einfluss auf die Menge des Waschmittels, auf die Bildung des Kalks an Wasserhähnen oder Ablagerungen von Kalkseifen im Waschbecken, sondern auch physiologische Konsequenzen. Ein mittelhartes Trinkwasser mit hohem Hydrogencarbonatgehalt schmeckt frisch und ist wahrscheinlich auch besonders gesund [2]. Dabei spielt Wasser mit höherem Magnesiumgehalt oder Gehalt an weiteren Anionen auch bei einigen Therapien (z. B. Blasensteine) eine besondere Rolle. Generell gilt ein härteres Wasser als gesünder gegenüber zu weichem Wasser.
Weitere Konsequenzen hat die Wasserhärte auf die Korrosion von Wasserleitungen, Betonwerken oder auch auf Kesselwasser. Eine große Wasserhärte führt zu verkalkten und zugesetzten Leitungen, behindert den Wärmeaustausch, eine zu geringe Härte fördert die Korrosion.
Ist das Trinkwasser zu Abwasser geworden, bleiben die Härte und der Carbonatgehalt wichtige Parameter, dennoch können zahlreiche weitere Parameter bestimmt werden. Der Anteil an allen organischen Komponenten wird bestimmt, indem mit einem Oxidationsmittel alle organischen Bestandteile oxidiert werden und mittels Rücktitration der Überschuss des Oxidationsmittels bestimmt wird. Diese CSB-Methode (CSB – chemischer Sauerstoffbedarf) ist eine der klassischen Referenzmethoden für die organische Belastung des Wassers.
Die erwähnten Methoden sind Beispiele im weiten Feld der zahlreichen Titrationsmethoden. Im Wasser- und Umweltbereich ist die Titration, obwohl schon über 200 Jahre alt, immer noch eine bewährte Analysenmethode. Einige Parameter sind nur so in dieser Form zu erhalten. Die Titration deckt dabei einen weiten Bereich von der manuellen Titration mit Farbumschlag und einer einfachen Glasbürette über den leistungsfähigen Einzeltitrator bis hin zum vollständig automatisierten System mit Probenwechsler und Software ab.

Literatur

[1] Langer G., Peters J. Bestimmung der Alkalität im Meerwasser durch Gran-Titration (2011) Whitepaper http://www.laborpraxis.vogel.de/fachwissen/whitepaper/downloads/17429/
[2] L. Hütter, Wasser und Wasseruntersuchung, 2. Aufl. 1984, Diesterweg Salle Sauerländer.

Foto: © Dr. Jürgen Peters

L&M 8 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 8 / 2012.
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