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chemie&more - Klimaerwärmung

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Die vertrackte Temperatur der Erde

Der Winter 2009–2010 hat eigentlich alles verdorben: Erst scheiterte im vergangenen Dezember die Klimakonferenz in Kopenhagen, die eigentlich die ständige Erwärmung des Planeten begrenzen helfen sollte. Bis zum Jahre 2050 oder später sollte es nicht mehr als 2 Grad (also von etwa 15 °C bis 17 °C im Jahresmittel über die gesamte Erde) wärmer werden. Und nun spielten Anfang 2010 die Temperaturen über fast der gesamten Nordhalbkugel verrückt. Es wurde fast überall wesentlich kälter als in den Vorjahren, und warmer Regen wurde durch kalten Schnee und mancherorts auch durch Eis ersetzt. „Schlägt nun die Natur zurück“? Offenbar nur im Norden, denn über vielen Teilen der sommerlichen Südhalbkugel und der Tropen beherrschten zu dieser Zeit sehr hohe Temperaturen die Rekordlisten.

Foto: © istockphoto.de | Selahattin BAYRAM

All diejenigen, die schlichtweg einen Einfluss des Menschen auf das Klima nicht glauben können oder wollen, warten aber vergebens auf die „Rückkehr zur Normalität“. Denn der Antrieb in Richtung einer weltweiten Erwärmung der unteren Atmosphäre ist nicht einfach verschwunden. Die meisten in dieser Sache kundigen Wissenschaftler sind aufgrund ihrer intensiven und sehr vielfältigen Forschungen voll überzeugt, dass der seit ca. 120 Jahren beobachtbare Anstieg der Temperatur in Bodennähe (im Mittel über die gesamte Erde) fast allein durch die Zunahme der Treibhausgase CO2, Methan (u.a. aus den Mägen von Rindern) und anderer, wie vielleicht auch durch die gravierende Änderung der Landnutzung, verursacht wird. In diesem Zeitraum hat diese um etwa 1 K (=1 °C) zugenommen. Die signifikante Zunahme dieser hauptsächlichen menschgemachten Antriebe kann bereits ca. 50 Jahre früher in den Messungen nachgewiesen werden. Dieser Befund steht allerdings ganz im Gegensatz zu früheren Klimaschwankungen während etwa der vergangenen 800.000 Jahre, die doch weitgehend unbeeinflusst durch menschliche Aktivitäten und bei etwa den gleichen anderen Randbedingungen im Klimasystem (Meeresströmungen, Lage und Gestalt der Kontinente, etc.) abgelaufen sind. Hier trat der Temperaturanstieg etwa 50 Jahre vor dem in Bohrkernen nachweisbaren Anstieg der Treibhausgase ein. Die Deutung ist hier auch klar: Höhere Temperaturen erlauben höhere Mengen von Wasserdampf in der Atmosphäre, die ihrerseits die Vegetation verstärken helfen. Und die Vegetation (und Tierwelt!) ist auch eine Quelle der Treibhausgase. Das Auf und Ab der Temperaturen in dem genannten Zeitraum ist weitgehend an die Einstrahlung der Sonne gekoppelt, die einmal durch die Geometrie der Um laufbahn der Erde um die Sonne und die Neigung der Erdachse bestimmt wird (Milankovic- Zyklen von etwa 100.000 Jahren Länge; siehe Wikipedia) und zum anderen auch durch dynamische Vorgänge in den oberflächennahen Schichten der Sonne selbst. Diese Zusammenhänge sind bereits mehrfach auch in dieser Zeitschrift erklärt worden. Leider findet man zu selten Hinweise in den Medien, dass die derzeitige Temperaturzunahme auch überlagert werden kann durch noch weitgehend unerklärte natürliche Schwankungen im Klimasystem, die den Zuwachs an Wärme auch wieder kurzfristig zeitweilig rückgängig machen können. Damit ist aber keineswegs der durch den Zuwachs der Treibhausgase erzwungene Zuwachs der Temperaturen mit allen Nebenfolgen im Klima verschwunden. Um einen solchen „Ausreißer“ kann es sich in diesem Nordwinter handeln; es werden sicher auch solche in anderer Richtung auftauchen. Damit sei die von Klimaänderungen ausgehende Gefahr für das Leben in einigen Regionen der Erde sicher nicht gebannt. Da man nun die Ursache der derzeitigen zu kennen glaubt, schließt man auf mögliche Vermeidungsstrategien. Diese sind leider alle an das Verhalten der Menschen auf der Erde geknüpft, denn die zusätz lichen Emissionen von Treibhausgasen werden bei der Erzeugung von Energie, Nahrung und vielen Industriegütern verursacht. Die Kontinente und die Ozeane speichern davon wesentliche Anteile und geben sie auch wieder ab, insbesondere bei Temperaturzunahme. Derzeit „versauern“ die Ozeane, worunter viele Mikroorganismen leiden. Da zusätzlich die Zahl der Menschen derzeit noch zunimmt (etwa 90 Millionen pro Jahr) und schließlich auch deren Ansprüche an den verfügbaren Komfort, ergibt sich ein vermutlich unlösbares Problem. Wie kann man den Zuwachs an Treibhausgasen stoppen oder gar rückgängig machen, ohne den als zwingend angesehenen Zuwachs der Produktion von Gütern zu stoppen? Es müssten hier vermutlich auch Eingriffe in die Entwicklung der Erdbevölkerung erfolgen, die keiner aufgrund der enormen politischen Brisanz erwähnen möchte. Verschiedene Methoden werden auch unter dem Stichwort „geoengineering“ diskutiert, deren Anwendung die derzeitige Erwärmung vielleicht sogar stoppen könnte. Dazu gehört u.a. die Verringerung der Sonneneinstrahlung durch zusätzliche Wolken und Aerosole bzw. durch Spiegel im Weltraum. Nur kennt niemand die Kosten und Folgen solcher drastischen Eingriffe. Die vermehrte Ausbeutung regenerativer Energiequellen kann nur dann helfen, wenn man nicht nur die gesamte Energieversorgung damit absichert, sondern auch die Herstellung der dafür notwendigen Wandler ermöglicht. Und selbst wenn eine „emissionsfreie“ Energieversorgung in näherer Zukunft verwirklicht wäre, dann bleiben uns Menschen trotzdem noch andere Probleme: Woher bekommen wir in der Zukunft genügend Wasser, Lebensmittel und schließlich auch Lebensraum? Abschätzungen des sehr anschaulichen Maßes des „Fußabdrucks des Menschen“ bei der Nutzung aller Ressourcen dieser Erde ergeben bereits für die heutige Zeit, dass wir unseren Planeten längst übernutzen. Kann auch der Bevölkerungsanstieg mit all seinen unwägbaren Folgen gebremst werden? Wie sieht daher ein Meteorologe, der Autor dieser Zeilen, unsere Zukunftsperspektiven beim Klima? Noch recht düster, denn eine signifikante und dauernd wirkende Reduktion der Emission von Treibhausgasen ist noch nicht in Sicht. Und selbst wenn man sich in Kopenhagen geeinigt

L&M 1 / 2010

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 1 / 2010.
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